Naturschutzgebiete retten Tier- und Pflanzenarten
Ohne sie wären seltene Amphibien wie die Gelbbauchunke oder Vögel wie der Ziegenmelker bei uns längst ausgestorben. Naturschutzgebiete wie die Drover Heide im Kreis Düren dienten einst als Truppenübungsplätze oder andere militärische Sperrgebiete.
Wenige Kilometer hinter der östlichen Stadtgrenze Kölns kommt auf der Autobahn 4 die Abfahrt Untereschbach. Dann sind es nur noch ein paar hundert Meter über eine verkehrsreiche Bundesstraße, bis hinter einem Baumarkt eine kleine Sackgasse in ein Wohngebiet führt. Die letzten Meter geht es dann zu Fuß etwas mühsam den Hang aufwärts in den Wald, bis links eine Barke den Weg versperrt: "Naturschutzgebiet" – das grünweiße Schild mit dem fliegenden Seeadler weist daraufhin, dass hier der normale Wald endet und ein Gebiet beginnt, das unter besonderem Schutz steht.
Doch jeder, der zu Fuß oder mit einem Zweirad unterwegs ist, kommt problemlos an der Barke vorbei. Der Weg gibt links den Blick frei auf den dichtbesiedelten Rheinisch-Bergischen Kreis: Verkehrswege, Siedlungsgebiete, große Hallen von Verbrauchermärkten, Tankstellen, das Übliche. Beständig dringt der Zivilisationslärm aus dem Tal hoch auf den Hang. Nichts ist hier mit beschaulicher Waldesruhe. Nichts was man sich gemeinhin unter einer Naturidylle vorstellen mag. Aber hier geht es auch weniger um das Gemüt und um den Wald, hier geht in erster Linie um die sogenannte Gelbbauchunke. - Biologe Hubert Sumser erklärt, was es mit dem Lurch auf sich hat.
"Die ist ja nahezu ausgestorben in Deutschland und ist europaweit hochgradig ge-schützt. Und alle Gebiete, wo sie vorkommt, müssen nach EU-Verordnung als FFH-Gebiet, also europäische Naturschutzgebiete, ausgewiesen werden. Das ist rechtlich so festgelegt."
Biotop für die Gelbbauchunke
Eine Amphibie, also ein Tier, das zum Überleben immer auch Wasser braucht, in einem Wald? Die Antwort gibt Hubert Sumser an einem Bergsporn, von dem aus man besonders weit ins Tal blicken kann. Wer hier den Mut aufbringt, bis an den Rand des Abgrunds zu gehen, der kann unten eine alte Tongrube sehen, in der früher einmal Ton für eine nahe gelegene Ziegelei abgebaut wurde. Die Grube wurde vor Jahren aufgegeben, das Gelände ist verwildert. Geblieben ist der verdichtete Boden, durch den einst schwere Fahrzeuge ihre Radspuren gezogen haben. Diese füllen sich bei Regen immer wieder mit Wasser und werden so zu kleinen Tümpeln. Ideale Biotope für die Gelbbauchunke, die solche guten Lebensbedingungen in der freien Natur schon lange nicht mehr findet.
"Sie hat sich der menschlichen Besiedlung angeschlossen, ist in die Lehmgruben ge-wandert, in die Radspuren der vielen Karrenwege, die es früher gab, eingezogen, und in den Steinbrüchen, Bergwerken, überall da, wo solche Aktivitäten waren, wo ständig neue temporäre Gewässer geschaffen wurden, hat sie sich angesiedelt."
Da aber auch die Ton- und Lehmgruben, die Steinbrüche und Mergelgruben und die anderen Bergwerke, aus denen die Menschen früher ihre Baustoffe gewonnen haben, nicht mehr existieren, ist es nun Sache der Naturschützer, so zu tun als gäbe es sie noch. Und damit sind eigentlich auch Sinn und Zweck von Naturschutzgebieten umrissen.
"Bei fast allen Naturschutzgebieten erhalten wir einen bestimmten Zustand künstlich, durch Eingriffe, durch Pflegemaßnahmen. Viele Arten haben erst durch den Menschen einen Lebensraum gefunden, durch den Ackerbau, durch die Viehzucht. Und dadurch dass der Mensch die Landschaft genutzt hat, sind Lebensräume für viele Arten entstanden. Die sind heute sehr bedroht, das heißt, die Nutzung hat aufgehört, die diese Biotope geschaffen hat. Und meistens müssen wir, wenn wir die Arten noch erhalten wollen, seien es nun Pflanzen oder Tiere oder sonst was, müssen wir die ursprüngliche Nutzung in gewisser Weise nachahmen als Pflegemaßnahmen und diesen Zustand erhalten, damit das nicht alles zu Wald wird, weil sonst der Lebensraum auch verschwindet."
Sicherung eines schützenswerten Lebensraums
Naturschutzgebiet heißt also nicht: Mensch raus, Zaun drum herum, und nun, Natur, mach mal! Das Ergebnis wäre auf lange Sicht immer eine Verwaldung der Gebiete, Sukzession genannt, und damit die Zerstörung der Lebensräume vieler Pflanzen- und Tierarten. Zwar gibt es das auch, dass man die Natur ganz sich selbst überlässt, zum Beispiel in den Kernzonen der großen Naturparks. Das Ergebnis dort ist das erwartete: Ein urwaldähnlicher Zustand, der auch ein wichtiger Lebensraum für selten gewordene Lebewesen darstellen kann, der aber nicht das flächendeckende Ziel des Naturschutzes ist.
Naturschutz unterhalb der Ebene von Nationalparks heißt, die Sicherung eines einmal als schützenswert festgestellten Lebensraums, auch wenn der eine von Menschenhand geschaffene Kulturlandschaft ist. Begehrte Gebiete für den Naturschutz sind paradoxer Weise solche Gelände, wo der Mensch einmal richtig gewütet hat: ehemalige Truppenübungsplätze und andere militärische Sperrgebiete. Heidrun Düssel-Siebert von der Biologischen Station im Kreis Düren steht am Eingang des Naturschutzgebiets "Drover Heide".
"Also durch den Betrieb dieses Platzes ehemals mit Panzern - die Panzer sind hier gefahren, es war also Panzerübungsgelände – ist der Oberboden verdichtet worden. Und durch die Verdichtung des Oberbodens sind ganz viele kleine Gewässer, die oberflächenwassergespeist sind, entstanden. Man sieht also hier ein Netz von kleinen Gewässern, kleinen Tümpeln. Das sind im gesamten Gebiet 750 ungefähr. Es ist also ein Eldorado für die Amphibien, kann man sagen. Also wir haben alle vier Molcharten hier, Bergmolch, Kammmolch, Fadenmolch, Teichmolch. Und natürlich nicht nur die Molche, sondern auch bestimmte Frösche und Kröten kommen hier vor wie zum Beispiel auch die Kreuzkröte, eine Art, die hier in Nordrhein-Westfalen nicht sehr häufig ist."
Vom Truppenübungsplatz zum Naturparadies
Auch dieses Gelände konnte, nachdem man liegengebliebene Munition und andere Gefahrenstoffe beseitigt hatte, nahtlos vom Truppenübungsplatz in ein Naturparadies überführt werden. Und auch hier wieder die Maxime: je wilder der Umgang mit der Natur, desto besser fürs Biotop.
"Die Panzer sind ja nicht nur immer auf ganz bestimmten Trassen gefahren, sondern auch querbeet, querfeldein und haben dort auch immer wieder den Boden angeritzt und den Boden verletzt. Was aber wieder auch positiv war, weil dann ganz kleine lichtliebende Pflanzen, zum Beispiel hier so ein Fadenenzian eine Chance hatte, überhaupt zu wachsen und nicht durch Konkurrenz stärkerer hochwüchsiger anderer Pflanzenarten verdrängt worden ist. Ach da kommt übrigens einer der Bewirtschafter, der hier in dem Gebiet die Schottischen Hochlandrinder hat, die hier weiden."
Wie bei den meisten Naturschutzgebieten geht es auch in der Drover Heide darum, einen einmal als schützenswert definierten Zustand zu erhalten. Auch die Drover Heide ist eine von Menschenhand geschaffene Kulturlandschaft. Würde man sie sich selbst überlassen, würde sie kurzerhand zuwachsen.
"Also Heidelandschaften beispielsweise, wenn wir die nicht bewirtschaften, und dann die Birke, die zum Beispiel hier automatisch eindringt, zurücknehmen, dann haben Sie über kurz oder einen geschlossenen Birkenwald. Und das, was vorher da war, eben eine offene Heidelandschaft, eine Heide, wäre gar nicht mehr vorhanden. Und wenn die Heide nicht mehr da ist und die offene Landschaft nicht mehr da ist, dann wird es zum Beispiel so einen Vogel wie den Ziegenmelker, den es nur noch selten gibt in Nordrhein-Westfalen, dem wird es dann schlecht gehen, weil er braucht die offene Landschaft."
Einsatz schottischer Hochlandrinder
Und damit sich der Ziegenmelker hier weiter zu Hause fühlen kann und die Heide immer Heide bleibt, kommen hier schottische Hochlandrinder zum Einsatz. Die Naturschützer mit den langen Hörnern und dem zotteligen Fell haben in der Drover Heide sozusagen die Arbeit der Panzer übernommen. Sie sind zwar nicht so schwer und arbeiten nicht so gründlich wie die Kettenfahrzeuge, sind aber durchaus in der Lage, weil sie auch kleine Büsche und junge Baumtriebe verzehren, die Vegetation auf dem gewünschten Kurzmaß zu halten.
"Das sind die tierischen Kollegen, die wunderbare Arbeit leisten. Als das Gebiet hier damals aufgegeben worden ist vom Militär, war die große Frage, wie schafft man es, diese offene Landschaft zu erhalten. Und dann kam die Idee auf zu sagen, wir versuchen das mit diesen Schottischen Hochlandrindern. Und zum Glück hat ein Landwirt sich auch bereit erklärt, sich auf dieses Experiment einzulassen. Und dann wurden mehrere sehr große Koppeln installiert.
Also: Sie können sich ungefähr vorstellen, das geht jetzt da noch zig Meter weiter in die eine und die andere Richtung. Wir haben hier Koppeln, die sind 70 Hektar groß. Und dort sind jetzt diese tierischen Helfer untergebracht. Und die sorgen dafür, dass die Verbuschung nicht zu stark ist, dass die Gehölze zurückgehalten werden und sich die Heide auch wieder verjüngt."
Landwirt Gottfried Busch aus Kreuzau-Stockheim hat in seinem Frontlader eine Ladung Heu für seine Schotten mitgebracht, nicht die übliche Kost, wie er betont, sondern nur mal ein kleines Leckerli zwischendurch.
"Die werden also hier nicht zugefüttert, weil die sollen ja im Winter auch Heidekraut fressen und die Verbuschung begrenzen, also auch hier diese Birken kurz halten. Und da muss man sie ab und an mal ein bisschen bei Laune halten mit einem Ballen Heu. Aber vom Prinzip her ernähren die sich von dem, was hier auf der Heide wächst."
Gewinneinbußen für die Landwirtschaft
Bei ihrer harten Arbeit in der Heidelandschaft bekommen die Hochlandrinder nicht so viel Fleisch an die Rippen wie das auf einer normalen Weide der Fall wäre. Und auch mit der Milchproduktion ist es bei der eiweißarmen Kost im Gelände nicht weit her. Hier muss der Landwirt Gewinneinbußen in Kauf nehmen, die ihm aber über ein Kulturlandschaftspro-gramm ausgeglichen werden.
"Wenn die ihre Arbeit in der Landschaftspflege gut machen sollen, ist nachher wenig Fleisch dran. Also wenn man Fleisch haben wollte von der Rasse, dann müsste man sie intensiver halten. Und so wachsen die sehr langsam, haben sehr wenig Fleischansatz und sind auch für die Metzger nicht so wirklich interessant. Daher eben auch diese Vergütung durch das Kulturlandschaftsprogramm, was ansonsten gar nicht wirtschaftlich zu machen ist hier."
Naturschutzgebiete gibt es in unseren Breiten schon recht lange. 1920 wurden sie zum ersten Mal in einem preußischen Gesetz verankert. Damals stellte man noch bevorzugt Einzelobjekte der Natur, sogenannte Naturdenkmäler unter Schutz. Das waren etwa besonders alte und imposante Bäume oder kleine Ansammlungen seltener Pflanzenarten. In den 30er Jahren ist dann auch der Naturschutz denaturiert, plötzlich waren es die Jagdgebiete der Nazi-Schergen, denen der besondere Schutz galt. Nach dem Krieg hat es erst mal eine Zeit gedauert, bis der Naturschutz wieder in den Blick rückte. Vor 50 Jahren, im Sommer 1966, die Nachkriegsnot war behoben, wurde im Wesertal im Kreis Lemgo mal wieder ein Naturschutzgebiet eingeweiht. Die Festansprache hielt der Naturschutzbeauftragte im Regierungsbezirk Detmold.
"Es kann nicht nur der Mensch eingeplant werden, sondern es ist erforderlich, die in unserer Landschaft verschwindenden Tierarten in irgendeiner Weise zu erhalten, das heißt, ihnen Heimstätten zu besorgen. Ich denke insbesondere daran, dass das heimische Flugwild, die Wasservögel sich hier ihre Nistgelegenheiten bauen können. Aber insbesondere sind in unserem Raum Amphibien gefährdet, die Frösche, die Kröten, die Molche."
Nordrhein-Westfalen hat rund acht Prozent Schutzzonen
Das hörte sich schon recht modern an, so, wie Naturschutzgebiete auch heute verstanden werden. Nur, was die weitere Ausdehnung der Schutzzonen angeht, war man damals noch sehr pessimistisch, wie hier wenig später auf dem Westfälischen Naturschutztag in Recklinghausen:
"Selbst wenn man noch einige im Laufe der Zeit, das wird angestrebt, einige weitere Naturschutzgebiete hinzubekommt, sie werden niemals einen Prozentsatz von mehr als ein Prozent der Gesamtfläche erreichen können."
Niemals mehr als ein Prozent – heute ist man in Nordrhein-Westfalen bei acht Prozent angekommen. Und die Zielvorgaben zeigen weiter nach oben. Die NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege ist einer der größten Gebietseigentümer im Lande. Der Biologe Professor Wolfgang Schumacher ist Vorstandsmitglied der Stiftung.
"Wir haben ja ein Stiftungskapital. Das ist gar nicht so groß. Von den jetzigen Zinsen könnte man da nicht viel machen. Aber wir waren von Anfang an in der glücklichen Lage, dass es die Rubbellos-Lotterie gab. Und damit haben wir doch ganz beträchtliche Summen eingenommen, vor allen Dingen in den ersten fünf bis zehn Jahren als es noch keine oder nur wenig Konkurrenz gab. Und das hat uns in die Lage versetzt, ich würde mal sagen, rund 5000 Hektar käuflich zu erwerben.
Und wir haben dafür sicher eine Größenordnung von, na, ich will jetzt grob schätzen, von deutlich über 100.000.000 Euro eingesetzt. Und das muss man auch tun. Wenn das etwas wert sein soll, dann muss man auch bereit sein, dafür etwas zu zahlen. Ich sage immer den Vergleich, was wir für Kultur ausgeben – zu Recht – für kulturelles Erbe, ist ohnehin das Zehnfache dessen, was wir für unser Naturerbe ausgeben."
Die größten Feinde der Artenvielfalt
Umweltverschmutzung, Flächenversiegelung, aber auch die industriell betriebene Landwirtschaft sind die größten Feinde der Artenvielfalt. Ohne Schutzgebiete für die Pflanzen- und Tierwelt wird das Miteinander von Menschheit und Natur nicht mehr funktionieren, befindet der Biologe Wolfgang Schumacher.
"Denn als der Mensch als Faktor in der Welt war, selbst bei den Kelten und dann später im Neolithikum, da begann das mit dem Ackerbau und als die Römer hier waren, Mittelalter, das waren alles harmlose Zeiten, weil es nur wenige Menschen auf der Welt gab und weil die Landnutzung generell so extensiv war, dass die meisten Arten problemlos überleben konnten.
Aber spätestens seit dem 20. Jahrhundert, und im 19. ging das ja auch schon los, mit Beginn der Industrialisierung, dass die Zahl der Menschen zunahm, und ja heute in einer Größenordnung weltweit ist, wo man sagt, wenn man da nicht gegensteuert, dann wird vieles von dem Planeten geplündert. Nicht einfach aus bösem Willen, sondern auch, weil der Mensch eben Platz braucht und Ressourcen verbraucht. Wenn man nichts dagegen tut, dann ist das im Grunde genommen, ja, zur allgemeinen Verfügung frei gestellt."
Freizeitnutzung von Naturschutzgebieten?
Am Eingang zum Naturschutzgebiet "Drover Heide" im Kreis Düren wird der Besucher von einer großen Infotafel empfangen. "Willkommen in der Drover Heide" ist da in großen Buchstaben zu lesen. Es folgen ein Lageplan und jede Menge Informationen über die geschützten Tier- und Pflanzenarten. Daneben gibt es aber auch eine Auflistung dessen, was hier der Besucher alles nicht darf oder wenigstens nicht tun sollte. Ist der Mensch hier wirklich willkommen, oder wären Naturschutzgebiete nicht besser dran, man würde sie für die Freizeitnutzung sperren? - Heidrun Düssel-Siebert, Leiterin der Biologischen Station:
"Der Mensch ist sicherlich gern gesehen, sonst hätten wir hier auch keine 20 Kilometer Wanderwege in dem Gebiet. Aber man muss sich immer klar sein, der Mensch ist auch gleichzeitig immer ein gewisser Störfaktor. Der Mensch geht in Bereiche hinein, in denen die Natur beeinträchtigt werden kann. Und insofern war es ganz, ganz wichtig, nachdem das Militär hier abgezogen ist, ein Besucherlenkungs-system zu installieren, so dass klar ist, es gibt einfach Ruhezonen. Ruhezonen, die groß genug sind, damit auch bestimmte Tier- und Pflanzenarten da ihre Ruhe haben. Der Sinn ist, es gibt dort sensible Arten, die sind störungsempfindlich und sind nicht dafür geeignet, dass man nahe an die herangeht und sie ständig stört. So ein Ziegenmelker ist eine bodenbrütende Vogelart, der sitzt auf dem Boden und brütet. Und wenn Sie da entlang laufen oder den Hund da lang laufen lassen, dann ist nachvollziehbar, dass der über kurz oder lang da nicht mehr störungsfrei sitzt und dann auch keine Brut mehr durchführen kann."
Besucherleitsystem in der Drover Heide
Damit der Ziegenmelker und seine Kollegen nicht dauernd gestört werden, gibt es in der Drover Heide ein ausgefeiltes Besucherleitsystem, Pfähle, die mit bunten Farben versuchen, die Besucher auf dem rechten Weg zu halten. Ein Bemühen, das nicht immer erfolgreich ist.
"Es wird nicht zu hundert Prozent eingehalten. Es ist eine große, weite Landschaft, wir haben hier fast 700 Hektar Schutzgebietsfläche, das lockt viele dazu, sich tatsächlich abseits der Wege aufzuhalten, unabhängig von der Gefahr, dass Kampfmittel sich im Boden befinden. Und deshalb ist der Kreis Düren hingegangen und hat einen sogenannten Ranger installiert. Das ist ein Mitarbeiter, der für den Kreis Düren hier im Gebiet unterwegs ist, die Menschen darüber aufklärt, was sind die Schutzanliegen, warum ist es sinnvoll, wirklich auf den Wegen zu bleiben. Das ist ja keine Schikane an die Menschen, sondern es dient einfach dazu, das Schutzziel zu erhalten. Und es ist Gold wert, dass es diese Person gibt."
Eine Person, die man sich auch in anderen Naturschutzgebieten wünschen würde. -
Rainer Polke ist zweiter Vorsitzender des Rheinisch-Bergischen Naturschutzvereins, der in Untereschbach das Naturschutzgebiet mit den Tümpeln für die Gelbbauchunke besitzt.
"Wir stellen in letzter Zeit fest, dass also da die Sensibilitäten sehr stark nachgelassen haben. Es ist eigentlich eher eine Entwicklung in die falsche Richtung im Gange, dass man im Prinzip gerade in Natur und Landschaft sich gebärdet als wäre man im bebauten Bereich. Das ist zum Beispiel so, dass wir sehr starken Druck haben von Freizeitaktivitäten, Mountainbiker als Stichwort, wo es dann schon Nutzungskonflikte gibt und wo wir uns auch wünschen würden, dass da von Seiten der Behörden auch noch ein stärkeres Augenmerk drauf gelegt wird."
Kritik an der Arterhaltung zu Schauzwecken
Natürlich gibt es auch immer wieder Kritik am Naturschutz in abgegrenzten Naturschutzgebieten. Da wäre einmal der Vorwurf der Alibifunktion: Da wird in Naturschutzgebiete investiert und so getan, als wäre damit die Natur gerettet, während außerhalb der Reservate der Flächenverbrauch und die Naturzerstörung weitergeht. Arterhaltung zu Schauzwecken, erinnert ein bisschen an Zoohaltung.
"Der Unterschied zum Zoo ist: Da haben sie immer nur wenige Organismen, die auch unter sehr anderen Bedingungen leben müssen als vielleicht in der Freiheit und wo ja Evolution oder evolutionäre Vorgänge eigentlich nicht, oder wenn überhaupt, dann nur marginal stattfinden, ähnlich wie in Botanischen Gärten auch."
So der emeritierte Hochschullehrer Wolfgang Schumacher.
"Nein, nein, wir wollen schon, dass die Schutzgebiete so groß sind und auch so viele sind, dass man sagen kann, da kann sich Flora und Fauna entsprechend positiv entwickeln. Und wir haben hier in NRW zum Beispiel auch Regionen, also beispielsweise Eifel, aber auch Siegerland, Teile des Hochsauerlandes, Ostwestfalen, auch selbst hier im niederrheinischen Tiefland gibt Gebiete, große Schutzgebiete mit einer wirklich herausragenden Flora und Fauna."
"Der Mensch muss seine eigenen Lebensbedingungen erhalten"
Aber das Artensterben ist so alt wie die Arten selbst. Immer wieder im Verlauf der Erdgeschichte sind Pflanzen- oder Tierarten untergegangen und neue Arten sind entstanden. Was also macht es für einen Sinn, sich gegen den Lauf der Dinge zu stemmen, in einer sich verändernden Natur Arten künstlich zu erhalten, deren Lebensbedingungen wegzufallen drohen und die außerhalb der Naturschutzreservate nicht mehr überlebensfähig wären?
Ganz einfach, meint Biologe Hubert Sumser, der Mensch muss schlichtweg darauf achten, seine eigenen Lebensbedingungen zu erhalten, zu denen nun mal viele - heute bedrohte - Tier- und Pflanzenarten gehören. Sonst ist er nämlich demnächst derjenige, der nicht mehr in die Natur passt.
"Auch der Mensch ist ein Tier, was im Ökosystem lebt und von vielen anderen abhängig ist. Und wenn zum Beispiel unsere Insekten aussterben, die eine zentrale Rolle in unserem Ökosystem spielen, dann sterben die Vögel aus, dann sterben die Fledermäuse aus, dann sterben Bodenlebewesen aus. Das sind Kettenreaktionen, die überhaupt nicht absehbar sind und die die Menschen unmittelbar betreffen können."