Einblick ins Fernsehen von morgen
Ob Laptops, Fernseher oder Digitalradios - alles wird dünner, schneller, mobiler. Welche Inhalte jedoch auf diesen Geräten ankommen, darüber wird auf der Medienwoche diskutiert, einem zweitägigen Kongress, der parallel zur Internationalen Funkausstellung IFA stattfindet.
Das Internet und das Fernsehen wachsen zusammen. Das ist seit ein paar Jahren eine Binsenweisheit. Im Netz treffen alle Mediengattungen zusammen: Fernsehen, Radio, Zeitungen, Social Media. Weit weniger Gewissheit gibt es jedoch über die zukünftige Medienlandschaft - wer darf was? Wer bietet was an? Und wie viel Regulierung ist nötig?
Das sind noch immer weitgehend ungelöste Fragen - und genau um diese geht es auf der Medienwoche, die neben dem Kölner Medienforum und den Medientagen München das wichtigste Treffen der Branche ist. Wie sehr die verschiedenen Gattungen zusammenwachsen, sieht man auch daran, dass verstärkt auch junge Internetunternehmer auf die Konferenz kommen - nicht nur altgediente Fernseh- oder Radiomacher.
Thomas Ebeling, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 AG, monierte in seiner halbstündigen Rede, dass Fernsehanbieter hierzulande hoch reguliert seien - hingegen Google, YouTube, Facebook und andere große amerikanische Player weitgehend frei in Deutschland und Europa agieren können. Monopolitische Strukturen hätten sich, so Ebeling, in vielen Bereichen der Medienlandschaft breitgemacht:
"Wenn Sie mal am Beispiel der privaten Fernsehanbieter sich vorstellen, dass einerseits jeder Distributeur, der den Fernsehinhalt verbreitet, in seinem Verbreitungsbereich eine monopolistische Struktur hat, es gibt in den meisten Gegenden eben nur einen Kabelanbieter, in der Regel nur einen großen Satellitenanbieter, dann ist das schon mal eine sehr schwere Ausgangsposition. Wenn Sie sich dann überlegen, dass im Bereich der Medienagenturen, die für den vertrieblichen Erfolg der Werbung essentiell sind, auch schon quasi monopolistische Strukturen herrschen, im Online sowieso, aber auch in der TV-Werbung, dann ist das schon mal sehr schwer."
Mit anderen Worten: Mit der Medienvielfalt ist das so eine Sache. Auch das Internet hat letztlich nicht dazu geführt, dass eine Vielzahl von Firmen und Playern entstanden sind, sondern: Es hat sich auch hier ein Oligopol etabliert, es gibt ein paar wenige Große, die den ganzen Markt abgrasen. An Facebook, Google, YouTube, Amazon kommt niemand vorbei. Und das ist ein Problem, meint Conrad Albert, ebenfalls von ProSiebenSat.1, dort zuständig für Medienpolitik. Albert konstatiert, dass die Politik den regulatorischen Fragen immer nur hinterher renne - von daher brauche es eine Art Selbstverpflichtung der großen Player:
"Was wir brauchen, ist, wenn es um die Themen geht, die zu adressieren sind, ob es das Urheberrecht ist, Datenschutzrecht, Jugendschutz, einen medienpolitischen Konsens. Den wiederum kann es aber nur geben, wenn es einen gesellschaftlichen Konsens gibt, also wenn wir das gleiche Werteverständnis haben, also wenn wir zum Beispiel nicht dem Seemannsgarn der Piraten nachlaufen, dass das Urheberrecht etwas von gestern ist. Sondern wenn wir erkennen, dass wir insbesondere mit unseren Marken in Deutschland, dem Land der Dichter und Denker, einen nachwachsenden Rohstoff haben, das ist die Kreativität, dass wir das in den Griff kriegen."
Doch das Problem ist, dass allzu oft analoge Antworten für Probleme der digitalen Welt gesucht werden. Beispielsweise werden Fernsehsender und Social Media regulatorisch von der Medienpolitik völlig unterschiedlich behandelt, in Fragen der Werberichtlinien etwa - aber: Schon heute kann man beides parallel auf einem Bildschirm nutzen. Clevere Medienpolitik sieht anders aus.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wohin die Reise geht, wenn Google und YouTube auch noch auftreten als Fernsehanbieter. GoogleTV steht vor dem Start hierzulande, schon jetzt kann man im "Google Play Store" eine ganze Reihe Filme ausleihen - für drei bis vier Euro. Und dennoch sei Google nicht im klassischen Sinne ein Inhalteanbieter, betont Matthew Glotzbach, Europa-Manager von Google:
"Es gibt diesen Mythos, dass YouTube irgendwie ein Inhalteproduzent sei, und dass wir Inhalte auswählen, was also auf die Seite darf. Ich denke, es ist wichtig für jeden zu verstehen, dass wir als Technologie-Plattform gewissermaßen agnostisch sind: Wir haben keine redaktionelle Kontrolle, welcher Inhalt nun auf die Seite kommt und welcher nicht. Wir produzieren nichts selber, und jeder Produzent hat, im Rahmen seiner Möglichkeiten, das Recht, Inhalte bei YouTube hochzuladen, um es dem Publikum zur Verfügung zu stellen. You Tube ist also eine Technologieplattform, kein Produzent von Inhalten."
Und doch bleibt ein schales Gefühl angesichts der Marktmacht der großen Player. 72 Stunden Material werden in jeder Minute bei YouTube hochgeladen - Hunderttausende Abrufe sind es jede Stunde. Es ist daher nicht übertrieben zu sagen: An dieser Plattform kommt niemand vorbei, auch die Öffentlich-rechtlichen nicht. ARD und ZDF haben bereits eigene Kanäle bei YouTube - und das Angebot wird wohl noch ausgebaut, will man nicht die jungen Zuschauern verlieren. Norbert Himmler, Programmdirektor des ZDF:
"Um es mal deutlich zu sagen: Dem ZDF kann nichts besseres passieren, dass wir auch mobile Nutzung haben, sodass man überall das ZDF und seine Programme gucken kann. Heute ist Fernsehen in verschiedenen Zeitzonen immer auch Nebenbei-Medium und das ist auch völlig in Ordnung so. Von daher ist auch unsere Kooperation mit YouTube eine intensive. Wenn das fair und auffindbar ist, freu ich mich über jedes Video vom ZDF und was natürlich legal ist, bei YouTube, und bedeutet damit eine Addition von Möglichkeiten, qualitativ hochwertiges Programm zu sehen."
Es wird eine große Aufgabe für die Medienmacher sein, in der Vielzahl der Internetinhalte auffindbar zu bleiben - denn Nutzer suchen nach attraktiven Programmen, nicht so sehr nach einem bestimmten Sender. Qualität sei gerade deswegen das Wichtigste, meint RBB-Intendantin Dagmar Reim:
"Das heißt, dass wir als Inhalteanbieter unverwechselbar sind. Ansonsten: Herzlich willkommen alles, das uns dahin bringt, wo jüngere Cluster, jüngere Audienzen zu finden sind."
Doch ob die klassischen Sender in 20 Jahren noch in ihrer alten Form bestehen können? Zweifel sind erlaubt angesichts des sich rapide verändernden Nutzungsverhaltens. Andererseits sind Zuschauer, Hörer und Nutzer dankbar für verlässliche Marken, denen sie vertrauen können.
Insofern läutet für Hörfunk- und Fernsehsender keineswegs schon die Totenglocke, nur weil junge Nutzer viel im Internet unterwegs sind. Im Gegenteil: Auf der Konferenz wurde heute mehrfach darüber gesprochen, dass Fernsehsendungen das meistbesprochene Thema in den sozialen Medien wie Twitter und Facebook sind. Diese Botschaft mag tröstlich sein für viele Teilnehmer der Medienwoche in Berlin.
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Thomas Ebeling, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 AG, monierte in seiner halbstündigen Rede, dass Fernsehanbieter hierzulande hoch reguliert seien - hingegen Google, YouTube, Facebook und andere große amerikanische Player weitgehend frei in Deutschland und Europa agieren können. Monopolitische Strukturen hätten sich, so Ebeling, in vielen Bereichen der Medienlandschaft breitgemacht:
"Wenn Sie mal am Beispiel der privaten Fernsehanbieter sich vorstellen, dass einerseits jeder Distributeur, der den Fernsehinhalt verbreitet, in seinem Verbreitungsbereich eine monopolistische Struktur hat, es gibt in den meisten Gegenden eben nur einen Kabelanbieter, in der Regel nur einen großen Satellitenanbieter, dann ist das schon mal eine sehr schwere Ausgangsposition. Wenn Sie sich dann überlegen, dass im Bereich der Medienagenturen, die für den vertrieblichen Erfolg der Werbung essentiell sind, auch schon quasi monopolistische Strukturen herrschen, im Online sowieso, aber auch in der TV-Werbung, dann ist das schon mal sehr schwer."
Mit anderen Worten: Mit der Medienvielfalt ist das so eine Sache. Auch das Internet hat letztlich nicht dazu geführt, dass eine Vielzahl von Firmen und Playern entstanden sind, sondern: Es hat sich auch hier ein Oligopol etabliert, es gibt ein paar wenige Große, die den ganzen Markt abgrasen. An Facebook, Google, YouTube, Amazon kommt niemand vorbei. Und das ist ein Problem, meint Conrad Albert, ebenfalls von ProSiebenSat.1, dort zuständig für Medienpolitik. Albert konstatiert, dass die Politik den regulatorischen Fragen immer nur hinterher renne - von daher brauche es eine Art Selbstverpflichtung der großen Player:
"Was wir brauchen, ist, wenn es um die Themen geht, die zu adressieren sind, ob es das Urheberrecht ist, Datenschutzrecht, Jugendschutz, einen medienpolitischen Konsens. Den wiederum kann es aber nur geben, wenn es einen gesellschaftlichen Konsens gibt, also wenn wir das gleiche Werteverständnis haben, also wenn wir zum Beispiel nicht dem Seemannsgarn der Piraten nachlaufen, dass das Urheberrecht etwas von gestern ist. Sondern wenn wir erkennen, dass wir insbesondere mit unseren Marken in Deutschland, dem Land der Dichter und Denker, einen nachwachsenden Rohstoff haben, das ist die Kreativität, dass wir das in den Griff kriegen."
Doch das Problem ist, dass allzu oft analoge Antworten für Probleme der digitalen Welt gesucht werden. Beispielsweise werden Fernsehsender und Social Media regulatorisch von der Medienpolitik völlig unterschiedlich behandelt, in Fragen der Werberichtlinien etwa - aber: Schon heute kann man beides parallel auf einem Bildschirm nutzen. Clevere Medienpolitik sieht anders aus.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wohin die Reise geht, wenn Google und YouTube auch noch auftreten als Fernsehanbieter. GoogleTV steht vor dem Start hierzulande, schon jetzt kann man im "Google Play Store" eine ganze Reihe Filme ausleihen - für drei bis vier Euro. Und dennoch sei Google nicht im klassischen Sinne ein Inhalteanbieter, betont Matthew Glotzbach, Europa-Manager von Google:
"Es gibt diesen Mythos, dass YouTube irgendwie ein Inhalteproduzent sei, und dass wir Inhalte auswählen, was also auf die Seite darf. Ich denke, es ist wichtig für jeden zu verstehen, dass wir als Technologie-Plattform gewissermaßen agnostisch sind: Wir haben keine redaktionelle Kontrolle, welcher Inhalt nun auf die Seite kommt und welcher nicht. Wir produzieren nichts selber, und jeder Produzent hat, im Rahmen seiner Möglichkeiten, das Recht, Inhalte bei YouTube hochzuladen, um es dem Publikum zur Verfügung zu stellen. You Tube ist also eine Technologieplattform, kein Produzent von Inhalten."
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"Das heißt, dass wir als Inhalteanbieter unverwechselbar sind. Ansonsten: Herzlich willkommen alles, das uns dahin bringt, wo jüngere Cluster, jüngere Audienzen zu finden sind."
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