Sachsen schult Corona-Schnelltester
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Mit Antigen-Schnelltests lässt sich schnell feststellen, ob eine Person mit dem Coronavirus infiziert ist. Das Problem bisher: Es gibt zu wenig Testkapazitäten. In Sachsen werden nun Freiwillige zu Schnelltestern ausgebildet.
Wie tief muss das Teststäbchen in die Nase? Das ist nicht die erste Frage, die heute beantwortet wird. Stattdessen: "Wir beginnen mit einem wichtigen Schritt vor jeder Maßnahme: der Händehygiene. Verteilen Sie die Flüssigkeit auf beiden Händen", sagt die Kursleiterin.
Die sechs angehenden Schnelltesterinnen und -tester reiben sich also bis zum Ellenbogen mit Desinfektionsmittel ein, während die Kursleiterin den Ablauf erklärt, gedämpft durch eine Maske. Im Hintergrund surrt ein Luftfilter. Coronaschutz auch während der Schulung.
Vollschutz für alle Tester
Die beginnt mit einem Video: "Man sollte immer das Nasenloch wählen, wo der Proband besser Luft bekommt. Häufig ist es das rechte." Dann: Das korrekte Anziehen der Schutzausrüstung. Zusätzlich zur FFP2-Maske sind das Schutzbrille, Latexhandschuhe und ein weißer Einweg-Ganzkörperoverall, "Vollschutz" im Medizinerdeutsch. Schließlich sollen sich die zukünftigen Schnelltester beim Abstreichen nicht selbst anstecken.
"Wenn der Overall zu sehr ins Gesicht geht, legen Sie hier oben ruhig eine kleine Falte und kleben Sie das fest, dann sehen Sie besser, wenn die Größen unterschiedlich sind", sagt die Kursleiterin.
Gänzlich eingepackt sind die Teilnehmenden kaum noch zu unterscheiden. Dann die erste Übung: An einem seitlich aufgeschnittenen Modell des Kopfes erklärt die Kursleiterin, wie das Stäbchen eingeführt wird: durch das Nasenloch, gerade am Gaumen entlang, auf einer Linie mit den Ohrläppchen, bis zur Rückwand des Rachens. "Das ist ein ganz dünner, leichter Tupfer, Sie spüren das. Der muss aber wirklich sechs bis acht Zentimeter eindringen", sagt sie.
Probelauf am Gummikopf
Nach einem kurzen Probelauf am Gummikopf wird es ernst. "So, jetzt dürfen Sie", heißt es von der Kursleiterin. Abwechselnd machen die Teilnehmenden gegenseitig einen echten Abstrich.
"So, also wird ein bisschen unangenehm." Vorsichtig schiebt Manuela Strauch das Plastikstäbchen in die Nase ihrer Kollegin. "Jetzt bin ich da", sagt sie. "Und dann allmählich den Rückzug antreten", sagt der Arzt Christian Binner, "ebenfalls mit leichten Drehbewegungen, wunderbar!"
Die Testperson nickt. Viktoria Schulze ist Erzieherin in einem Leipziger Hort. Auch für sie war das der erste Coronatest: "Es hat leicht gebrannt, es war aber angenehm. Wenn man das im Fernsehen sieht, denkt man: 'Um Gottes Willen, was machen die da?' Aber es war in Ordnung."
"Es tat mir ganz leid, als die Tränen gekommen sind", sagt Manuela Strauch und lernt: Es ist okay, wenn das passiert. Während einigen im Kurs dann doch etwas die Hände zittern, sah es bei Strauch fast schon routiniert aus. "Ich war in meinem ersten Leben mal Arzthelferin", sagt sie, "deswegen habe ich jetzt einfach losgelegt."
Hoffnung durch Schnelltests
Das Abstreichen an sich ist leicht und dauert nur wenige Sekunden. Es geht vor allem darum, die Hemmung zu überwinden. Angeleitet werden die ersten Versuche von Christian Binner. Der Intensivmediziner achtet darauf, dass alle das Teststäbchen auch tief genug einführen.
"Drehen Sie auch ein bisschen, so dass Sie schon Schleimhaut abstreichen. Sie haben gemerkt: Die Probandin hat keine Abwehrreaktionen gezeigt, weil sie sich sicher fühlt. Auch wenn es etwas unangenehm war. Sehr, sehr schön gemacht", lobt Binner.
Nach der Anleitung könne die Tests grundsätzlich jeder durchführen, das Verletzungsrisiko sei gering, sagt der Arzt. Binner arbeitet auf einer Covid-19-Station in einem Leipziger Krankenhaus. Für ihn bedeuten die Schnelltest-Kurse auch ein Stück Hoffnung:
"Wenn man, als in der Klinik tätiger Arzt, das Leid der schwer an Covid-19 Erkrankten sieht, teilweise mit tödlichen Verläufen, kann es nur jedem Mediziner am Herzen liegen, diese Erkrankung bereits im Vorfeld einzudämmen."
Rund eine Stunde dauert der Schnellkurs zum Schnelltester. Der läuft in mehreren Schulungsräumen gleichzeitig, alle zwanzig Minuten startet eine neue Gruppe, erklärt Anja Godehardt vom Bildungswerk des DRK Sachsen:
"Das Interesse ist sehr groß. Wir haben am 6. Januar damit angefangen. Wir haben viele Anmeldungen auch noch für die kommenden Wochen. Wir können hier, wenn die Bedarfslage wirklich groß ist, an einem Tag rund 250 Personen ausbilden."
Sächsisches Schulungskonzept wird gut angenommen
Auch andere Städte haben das sächsische Schulungskonzept übernommen. Denn Tester werden überall gebraucht. "Das sind Menschen aus Schulen, Kindergärten, Hotels, Apotheken, aus produzierenden Betrieben, der Lebensmittelindustrie zum Beispiel, oder auch Menschen, die Kundendienstmitarbeiter rausschicken, die sagen: Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter getestet sind, bevor sie Kundenkontakt haben", erklärt Godehardt.
Die Kosten für die Schnelltestkurse müssen die Einrichtungen selbst übernehmen. Inzwischen sind Schnelltests an einigen Stellen vorgeschrieben: Nicht nur im Krankenhaus, sondern in Sachsen zum Beispiel auch für Besuche in Alten- und Pflegeheimen und seit Kurzem auch für Pendler aus Polen und Tschechien. An den Grenzübergängen haben sich in den vergangenen Tagen Staus gebildet, weil die Testkapazität nicht ausreicht. Dagegen könnten Tests in Betrieben helfen.
Das Problem bleibt Testmüdigkeit
Auch Manuela Strauch könnte in ihrem Hort nun Tests durchführen – theoretisch. "Ich weiß ja nicht, wie viele Mittel wir tatsächlich zur Verfügung gestellt bekommen. An sich würde ich das gerne schon so machen, dass wir das einmal in der Woche machen bei den Erzierhern, die das tatsächlich wollen. Das wäre jetzt meine Frage heute, wie viel Material da überhaupt zur Verfügung gestellt wird. Das weiß ich noch gar nicht", sagt sie.
Rund 400.000 Testkits hat das Sächsische Sozialministerium derzeit auf Lager, bereit zur Weitergabe an Städte und Kommunen. Ein Problem wird aber auch das nicht lösen: die Testmüdigkeit.
Als vergangene Woche in Sachsen der Schulunterricht für die Abschlussklassen wieder begonnen hat, stellte das Land freiwillige Tests zu Verfügung. Doch nur ein Drittel der Schülerinnen und Schüler ließ sich auch tatsächlich testen.