"Das nächste unschuldige Volk wird geopfert"
Der Schriftsteller Michael Kleeberg war gerade auf Lesereise im Iran. Er beschreibt ein Land, das durch die Aufkündigung des Atomdeals unter Druck geraten ist – und in dem die Menschen auch von der eigenen Regierung in Stich gelassen werden.
Zwei Wochen lang ist der Schriftsteller Michael Kleeberg gerade durch den Iran gereist. Seine Lesereise fiel zeitlich mit der Aufkündigung des Atomdeals durch US-Präsident Trump zusammen. Er habe angesichts der Entscheidung von Trump "Wut, Empörung und Ekel" empfunden, sagte Kleeberg im Deutschlandfunk Kultur.
Hier werde das "nächste unschuldige Volk auf dem Altar einer skrupellosen internationalen Politik geopfert", so der Autor. Die Europäer seien dabei gewesen – "und haben nichts dagegen getan", kritisierte Kleeberg scharf. Durch die amerikanische "Erpressung" werde der Iran nun in die Arme Russlands und Chinas getrieben.
Vom Enthusiasmus ist nichts übrig
Die Stimmung im Iran könnte nach Kleebergs Schilderungen kaum schlechter sein. Vor drei Jahren - auf seiner ersten Iran-Reise – habe das Abkommen unmittelbar bevor gestanden, und es habe einen ungeheuren Enthusiasmus und Hoffnungen auf Präsident Rohani gegeben. "Davon ist nichts übrig geblieben, überhaupt nichts", betonte der Schriftsteller. Hass auf Trump habe er aber nicht gespürt - sondern vielmehr Hass auf die eigene Regierung. Die Iraner seien zutiefst enttäuscht von der eigenen Führung, die sich nicht gegen die Revolutionswächter durchsetzen könne.
Die Iraner seien ein "wunderbares 80-Millionen-Volk", das unter einer "menschenverachtenden Despotie" leide, sagte Kleeberg. Im Land sei ein "unguter Fatalismus" zu spüren, es gebe keine politische Gruppe, an sie sich die Menschen halten könnten. Ein "wirkliche Katastrophe" sei auch die Verarmung der Iraner durch die galoppierende Inflation. Die Menschen im Land würden durch die Geldentwertung um Wohlstand und Zukunft gebracht.
Kleeberg sprach von "Ermüdung" und "Entfremdung" der Menschen und verglich das Land mit der späten DDR. Wie damals in Ostdeutschland gebe es derzeit auch im Iran ein privates und ein öffentliches Leben. Das iranische Volk werde "komplett verarscht", schimpfte er. (ahe)