"Die Lage ist trostlos, aber die Menschen lachen"
Kobane ist frei. Kurdischen Kämpfern ist es gemeinsam mit den USA gelungen, die IS-Terrormiliz aus der syrischen Grenzstadt zu vertreiben. Nun wollen die Einwohner zurück in ihre Häuser, doch noch lauern überall Gefahren.
Kämpfer der Terrormiliz IS haben Kobane im September vergangenen Jahres zunächst belagert und dann große Teile der Stadt besetzt. Von dort aus wollten sie ihr sogenanntes Kalifat erweitern. Nach schweren und verlustreichen Kämpfen ist es kurdischen Kämpfern in der vergangenen Woche gelungen, die Dschihadisten aus der syrischen Grenzstadt zu vertreiben. Unterstützt wurden sie dabei von Luftangriffen der USA und ihrer Verbündeten.
In Kobane haben wir mit Martin Glasenapp von der Hilfsorganisation Medico International gesprochen und ihn gefragt, wie es dort aussieht. Hier seine Eindrücke:
"Es ist gespenstisch still. Sehr wenige Menschen sind auf der Straße. Viele der Kämpfer, die die Stadt verteidigt haben, sind ins Umland gegangen. Heute wurden wieder 14 Dörfer befreit. Das ist eine gute Nachricht.
Die Opferzahlen sind sehr hoch, heute wurden wieder sieben Kämpfer beerdigt. Und die Stadt selber liegt tatsächlich in Trümmern. Es gibt ganze Stadtteile, die dem Erdboden gleich gemacht sind. Da gibt es metertiefe Krater. Es gibt noch Sprengfallen. Zum Teil liegen sogar noch Leichen von IS-Kämpfern in den Straßen, die nicht geborgen werden konnten.
Die Leute, die jetzt so ganz langsam von der türkischen Grenze herüberkommen, gucken sich ihre zerschossenen Häuser an, haben Angst hineinzugehen, weil es Gerüchte über Sprengfallen gibt. Es gibt Blindgänger, es gibt Gefahr überall. Die Lage in der Stadt ist wirklich trostlos. Aber die Menschen lachen und sind sehr froh, dass es ihnen gelungen ist, den IS aus der Stadt zu drücken, Kobane zu befreien und sagen: Das ist ein Sieg der Demokratie, das ist ein Sieg für die Kurden, und das hätten wir nie gedacht, dass es uns gelingt. Es ist uns gelungen, und darauf sind wir sehr stolz."
"Alle wollen in die Stadt zurück"
Große Probleme gebe es noch mit der Infrastruktur, vor allem mit der Wasser- und Stromversorgung, die komplett zerstört sei, sagte Glasenapp. Auch die drei Krankenhäuser seien zerschossen worden. Derzeit arbeiteten in der Stadt nur fünf Ärzte "in Kellerkliniken". Es gebe aber eine Verwaltung, die den Wiederaufbau angehe. Alle Flüchtlinge wollten in die Stadt zurück, würden aber von der Kantonatsverwaltung gebeten, noch zu warten.