Eine Art Borderline-Popstar
Der Schweizer Journalist Tom Kummer hat über Jahre hinweg Interviews mit Hollywood-Stars erfunden. Der Dokumentarfilm "Bad Boy Kummer" ist ein spannendes Porträt eines fast schon literarischen Popstars mit Neigung zur Selbstsabotage geworden.
"I was a bad boy ... ."
Wie sollte sich dein Sohn an dich mal erinnern – fragt der Regisseur Miklos Gimes Tom Kummer – und der antwortet lakonisch: I was a bad boy – aber sein Sohn könne ja einfach seine Biografie lesen oder den Film sehen. Die Dokumentation "Bad Boy Kummer" zeigt, dass Kummers Erfolg kein Zufall war, denn seine Interviews waren eben nicht das langweilige PR-Geplauder von Schauspielern, sondern es waren fast schon literarisch ausgefeilte Porträts: Charles Bronson sprach von der Orchideenzucht, Nicolas Cage über Alkoholismus, der Boxer Mike Thyson sagte, dass er in Büchern von Tolstoi oder Fitzgerald Halt fände. Das las sich großartig – war aber frei erfunden. Ein gefälschtes Interview mit Baywatch-Star Pamela Anderson war für Kummer eine Art Einstiegsdroge:
"Dummerweise hat das soviel Spaß gemacht und ich dann nicht nachgehakt habe, weil dann auch diese Euphorie entstand, und auch diese Freude, weil dann die Aufträge nur so reinkamen. Ich kann mich erinnern, dass dann danach gleich zwei Aufträge kamen, sofort mehr."
Der Film "Bad Boy Kummer" lässt neben Freunden auch eine Reihe von ehemaligen Auftraggebern zu Wort kommen, wie etwa den ehemaligen TEMPO-Chefredakteur Markus Peichl oder Andreas Lebert, dem damaligen Chef des Magazins der Süddeutschen Zeitung, andere lehnten Interviews ab. Die gefakten Gespräche konnten in einem Umfeld Anfang der Neunziger Jahre gedeihen, in dem Magazine wie TEMPO und WIENER das "anything goes" eines subjektiven Journalismus postulierten – allerdings hieß "anything" eben nicht wirklich alles, wie der ehemalige TEMPO-Chef Markus Peichl erklärt:
"Aber natürlich musste das, was man beschrieben hat auch wirklich stattgefunden haben, und man konnte es nicht einfach erfinden. Und das ist der Punkt, wo Tom einfach was gemacht hat, was man nicht macht, und was einfach falsch ist."
Der Film beschreibt Kummer als eine Art Borderline-Popstar mit Neigung zur Selbstsabotage, dem seine Vergangenheit zwar etwas peinlich ist, aber sich dennoch nicht zu einer echten Distanzierung durchringen kann. Kummer sagte sogar in einem Vortrag:
"Ich finde das Spiel auch zwischen Wahrheit und Fiktion, das finde ich spannend, ja, damit muss man sich auch konfrontieren, und es muss Bereiche geben im Journalismus, in dem das möglich ist."
Was Kummer nicht sagt, ist: Seine Grenzerfahrungen im Journalismus hatte er unternommen, ohne sich mit seinen Auftraggebern abzusprechen – er betrog sich, seine Leser, seine Redakteure. Und dennoch ist "Bad Boy Kummer" ist ein spannendes Porträt eines fast schon literarischen Popstars geworden, dessen Talent wohl aber für immer im deutschen Journalismus verloren ist.
Zum Thema:
Interview mit Regisseur Miklos Gimez über seinen Film "Bad Boy Kummer"
Wie sollte sich dein Sohn an dich mal erinnern – fragt der Regisseur Miklos Gimes Tom Kummer – und der antwortet lakonisch: I was a bad boy – aber sein Sohn könne ja einfach seine Biografie lesen oder den Film sehen. Die Dokumentation "Bad Boy Kummer" zeigt, dass Kummers Erfolg kein Zufall war, denn seine Interviews waren eben nicht das langweilige PR-Geplauder von Schauspielern, sondern es waren fast schon literarisch ausgefeilte Porträts: Charles Bronson sprach von der Orchideenzucht, Nicolas Cage über Alkoholismus, der Boxer Mike Thyson sagte, dass er in Büchern von Tolstoi oder Fitzgerald Halt fände. Das las sich großartig – war aber frei erfunden. Ein gefälschtes Interview mit Baywatch-Star Pamela Anderson war für Kummer eine Art Einstiegsdroge:
"Dummerweise hat das soviel Spaß gemacht und ich dann nicht nachgehakt habe, weil dann auch diese Euphorie entstand, und auch diese Freude, weil dann die Aufträge nur so reinkamen. Ich kann mich erinnern, dass dann danach gleich zwei Aufträge kamen, sofort mehr."
Der Film "Bad Boy Kummer" lässt neben Freunden auch eine Reihe von ehemaligen Auftraggebern zu Wort kommen, wie etwa den ehemaligen TEMPO-Chefredakteur Markus Peichl oder Andreas Lebert, dem damaligen Chef des Magazins der Süddeutschen Zeitung, andere lehnten Interviews ab. Die gefakten Gespräche konnten in einem Umfeld Anfang der Neunziger Jahre gedeihen, in dem Magazine wie TEMPO und WIENER das "anything goes" eines subjektiven Journalismus postulierten – allerdings hieß "anything" eben nicht wirklich alles, wie der ehemalige TEMPO-Chef Markus Peichl erklärt:
"Aber natürlich musste das, was man beschrieben hat auch wirklich stattgefunden haben, und man konnte es nicht einfach erfinden. Und das ist der Punkt, wo Tom einfach was gemacht hat, was man nicht macht, und was einfach falsch ist."
Der Film beschreibt Kummer als eine Art Borderline-Popstar mit Neigung zur Selbstsabotage, dem seine Vergangenheit zwar etwas peinlich ist, aber sich dennoch nicht zu einer echten Distanzierung durchringen kann. Kummer sagte sogar in einem Vortrag:
"Ich finde das Spiel auch zwischen Wahrheit und Fiktion, das finde ich spannend, ja, damit muss man sich auch konfrontieren, und es muss Bereiche geben im Journalismus, in dem das möglich ist."
Was Kummer nicht sagt, ist: Seine Grenzerfahrungen im Journalismus hatte er unternommen, ohne sich mit seinen Auftraggebern abzusprechen – er betrog sich, seine Leser, seine Redakteure. Und dennoch ist "Bad Boy Kummer" ist ein spannendes Porträt eines fast schon literarischen Popstars geworden, dessen Talent wohl aber für immer im deutschen Journalismus verloren ist.
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