Eine besondere Freundschaft
Er nannte sie "Kraut", sie ihn "Papa": Ernest Hemingway und Marlene Dietrich - eine innige Beziehung, auch auf dem Papier. Das zeigen Briefe, die die Kennedy Library Boston 2007 freigegeben hat. Hans-Peter Rodenberg hat sie studiert und beschreibt die Freundschaft in seinem neuen Buch.
Der Kinostar und der berühmte Schriftsteller und das besondere Verhältnis, das sie miteinander verband. Kennen gelernt haben sie sich auf dem französischen Luxusschiff "Ile de France", das am 29.März 1934 "von seinem Heimathafen Le Havre in Richtung New York in See gestochen" war. Marlene Dietrich betrat den Speisesaal, sollte als Dreizehnte an einem Tisch Platz nehmen, zögerte abergläubisch, als der ihr angeblich unbekannte Ernest Hemingway sich galant anbot, der Vierzehnte in der Runde zu sein. Sie habe "ein weißes, rückenfreies Abendkleid aus Satin mit tiefem Ausschnitt getragen".
So beschrieb Marlene Dietrich die zufällige erste Begegnung mit dem bewunderten Schriftsteller zwei Jahrzehnte später. Ihre Tochter hat in ihren Erinnerungen die Sache zurechtgerückt, natürlich habe ihre Mutter gewusst, dass Hemingway an Bord war, zufällig sei da gar nichts und angezogen sei sie auch nicht wie für einen Bühnenauftritt gewesen. Aber das sind nebensächliche Details einer Inszenierung, einer öffentlichen Erinnerung an die folgenreiche erste Begegnung zwischen dem großen Kinostar und dem berühmten Schriftsteller.
Hemingway und Dietrich wurden nach diesem Treffen auf dem Schiff ein Paar, kein Liebes-, sondern ein Freundespaar. Eine Verbindung entstand zwischen der literaturkundigen Deutschen und dem amerikanischen Erfolgsautor, die schon deswegen außergewöhnlich war, weil die Öffentlichkeit, mit der beide virtuos umzugehen und zu spielen wussten, immer wieder darüber spekulierte, ob da nicht doch mehr im Spiel sei, ob es nicht doch eine Affäre gegeben habe. Offenbar hat es aber nicht.
Der virile Mann und die sexuell freizügige Frau haben nicht miteinander geschlafen, wenn sie auch immer wieder mit der Möglichkeit spielten, vor allem er liebte es in seinen Briefen, ein "was-wäre-gewesen-wenn" anzudeuten.
Der Hamburger Amerikanist erzählt die Geschichte einer besonderen Freundschaft zwischen dem "dear little Kraut" (wie Hemingway die Dietrich nannte) und ihrem "Papa" (wie sie ihn, der fast gleichaltrig war, liebevoll anredete). Er hat den Briefwechsel ausgewertet, der von einer besonderen Innigkeit und Offenheit geprägt ist. Rodenberg entwirft prägnant die Lebensgeschichten der vaterlos aufgewachsenen Schauspielerin und dem unter einer starken Mutter leidenden Autor.
Er zieht Parallelen und beschreibt die Kriegsjahre, die der eine als Berichterstatter, die andere als Truppenbetreuerin erlebt, ihre Begegnungen im Nachkriegs-Paris, wo sie für ihn im Hotel Ritz auf der Badewanne sitzend singt, ihre lebenslangen und durchaus sentimentalen Referenzen und Erinnerungen an diese Zeit, die "nichts für Feiglinge" gewesen war.
Das liest sich spannend und kenntnisreich, wenn auch die psychologischen Deutungen der angeblich nymphomanen Dietrich und dem um Virilität bemühten Hemingway das Verhältnis dieser beiden großen Eigeninszenatoren nicht erklären oder klären können. Die beiden mochten sich, liebten sich gar, sie haben nicht miteinander geschlafen, sie haben einander vertraut. Sie waren klug. Das ist eine seltene Konstellation im Showbusiness, zu dem beide gehörten, und allein deswegen schon eine Geschichte wert.
Besprochen von Manuela Reichart
Hans-Peter Rodenberg: Marlene und Ernest. Eine Romanze
Insel Verlag, Berlin 2012
213 Seiten, 8,95 Euro
So beschrieb Marlene Dietrich die zufällige erste Begegnung mit dem bewunderten Schriftsteller zwei Jahrzehnte später. Ihre Tochter hat in ihren Erinnerungen die Sache zurechtgerückt, natürlich habe ihre Mutter gewusst, dass Hemingway an Bord war, zufällig sei da gar nichts und angezogen sei sie auch nicht wie für einen Bühnenauftritt gewesen. Aber das sind nebensächliche Details einer Inszenierung, einer öffentlichen Erinnerung an die folgenreiche erste Begegnung zwischen dem großen Kinostar und dem berühmten Schriftsteller.
Hemingway und Dietrich wurden nach diesem Treffen auf dem Schiff ein Paar, kein Liebes-, sondern ein Freundespaar. Eine Verbindung entstand zwischen der literaturkundigen Deutschen und dem amerikanischen Erfolgsautor, die schon deswegen außergewöhnlich war, weil die Öffentlichkeit, mit der beide virtuos umzugehen und zu spielen wussten, immer wieder darüber spekulierte, ob da nicht doch mehr im Spiel sei, ob es nicht doch eine Affäre gegeben habe. Offenbar hat es aber nicht.
Der virile Mann und die sexuell freizügige Frau haben nicht miteinander geschlafen, wenn sie auch immer wieder mit der Möglichkeit spielten, vor allem er liebte es in seinen Briefen, ein "was-wäre-gewesen-wenn" anzudeuten.
Der Hamburger Amerikanist erzählt die Geschichte einer besonderen Freundschaft zwischen dem "dear little Kraut" (wie Hemingway die Dietrich nannte) und ihrem "Papa" (wie sie ihn, der fast gleichaltrig war, liebevoll anredete). Er hat den Briefwechsel ausgewertet, der von einer besonderen Innigkeit und Offenheit geprägt ist. Rodenberg entwirft prägnant die Lebensgeschichten der vaterlos aufgewachsenen Schauspielerin und dem unter einer starken Mutter leidenden Autor.
Er zieht Parallelen und beschreibt die Kriegsjahre, die der eine als Berichterstatter, die andere als Truppenbetreuerin erlebt, ihre Begegnungen im Nachkriegs-Paris, wo sie für ihn im Hotel Ritz auf der Badewanne sitzend singt, ihre lebenslangen und durchaus sentimentalen Referenzen und Erinnerungen an diese Zeit, die "nichts für Feiglinge" gewesen war.
Das liest sich spannend und kenntnisreich, wenn auch die psychologischen Deutungen der angeblich nymphomanen Dietrich und dem um Virilität bemühten Hemingway das Verhältnis dieser beiden großen Eigeninszenatoren nicht erklären oder klären können. Die beiden mochten sich, liebten sich gar, sie haben nicht miteinander geschlafen, sie haben einander vertraut. Sie waren klug. Das ist eine seltene Konstellation im Showbusiness, zu dem beide gehörten, und allein deswegen schon eine Geschichte wert.
Besprochen von Manuela Reichart
Hans-Peter Rodenberg: Marlene und Ernest. Eine Romanze
Insel Verlag, Berlin 2012
213 Seiten, 8,95 Euro