Eine, die sich nicht aufhalten lässt
Ihr Buch "Nichts" ist in Dänemark Schullektüre. Es erzählt eine verstörende Geschichte unter Jugendlichen, die in Fanatismus und Gewalt endet. Bevor sie das Schreiben zum Beruf machte, war die heute 46-Jährige für die UNO und andere Hilfsorganisationen in Krisengebieten tätig.
"Ich habe dunkles Haar, ein bisschen rot, und ich habe blaue Augen."
Janne Teller ist eine große, schlanke Frau, mit Charme und ohne Attitüde –
"und ich glaube, dass mein Gesicht ist mehr ein österreichischer oder zentraleuropäisches Gesicht."
Ihre Mutter stammt aus Österreich, der Großvater väterlicherseits kam aus Deutschland, Janne Teller wuchs als Tochter eines Installateurs am Stadtrand von Kopenhagen auf, ihre Sprache ist Dänisch.
"Wir haben nie zu Hause deutsch gesprochen"
- sagt die 46-Jährige, ihr Temperament aber sei eher österreichisch, das sei manchmal beim Schreiben ein Problem:
"Da gibt es mehr Sturm und Drang, als sich auf dänisch ausdrücken lässt. Schreibst Du auf dänisch ‚Ich liebe Dich‘, glaubt man nicht, dass es ernst gemeint ist: Dänen sind stets ironisch, so war das schon bei unseren großen Denkern Holberg und Kierkegaard. Du kannst kaum mit einem ernsthaften Gedanken kommen, ohne ihn mit Ironie zu verbinden; Ironie aber verträgt sich nicht mit Leidenschaft, und die macht einen großen Teil meines Temperaments aus!"
Eine helle Wohnung im 5. Stock. Ein paar alte Möbel, viele Bücher und Bilder – keine Pflanzen: Janne Teller verbringt alles in allem nur drei, vier Monate im Jahr in Dänemark:
"Es ist ein kleines Land – und die Welt ist sehr groß!"
Draußen sieht man die Türme von Kopenhagen und die Dächer von Christianshavn, dem alten Kanalviertel.
"Das Wasser verbindet mich mit der ganzen Welt."
Die Kopenhagenerin war früher lange für Hilfsorganisationen an Brennpunkten der Erde tätig, zuletzt Anfang der Neunziger in Mosambik.
Sie zeigt auf eine mit Schnitzereien verzierte kleine Kommode:
"Dieses habe ich in Tansania gekauft, es ist von Sansibar."
Tansania war Ende der 1980er die erste Station nach dem Politikstudium. Gerade erst 24, beriet sie im Auftrag der UNO die tansanische Regierung bei der Wirtschaftspolitik und bei Verhandlungen mit der Weltbank.
Janne Teller hat eine CD eingelegt.
"Es ist von einem amerikanischen Komponist Terry Vosbein, er hat es für mich komponiert. Ich tanze dazu! (lacht), ich höre es, wenn ich meinen Kopf frei machen möchte."
In New York leben ihre besten Freunde. Ein Ein-Zimmer-Appartment in Manhattan ist ihr zweites Zuhause.
"Die ganze Wohnung dort passt in eins der großen Zimmer hier, aber das Gute ist die Lage am Gramercy Park; ich gehe gern lange Strecken zu Fuß, und von dort ist vieles uptown und downtown zu Fuß erreichbar."
Die dänische Autorin zeigt auf ein Bild an der Wand:
"Und hier haben wir eine Collage, das mein Onkel für mich gemacht hat: ‚Die nackte Frau auf dem grünen Pferd.’"
Das Pferdebild bekam Janne Teller, als sie 14 war, weil der Onkel fand, dass sie eine war, die nichts aufhalten konnte. Eine nachdenkliche Einzelgängerin, die Schriftstellerin werden will. Oder Tierpsychologin – doch sie leidet an Allergien. Studiert Politikwissenschaft, um Journalistin zu werden. Dann aber führen Studentenjobs im Außenministerium zu einer Karriere bei internationalen Organisationen, nach Tansania und New York, Bangladesch und Zimbabwe und, Anfang der 90er-Jahre, nach Mosambik, wo die UNO – nach 17 Jahren Bürgerkrieg – den Friedensprozess begleitet. Ein Leben im Dauerstress.
"Jeden Tag Verhandlungen mit Generälen, die für furchtbare Massaker verantwortlich waren. Und durchaus nett und freundlich wirkten. Vier Millionen Flüchtlinge, Landminen, die hochgingen. Bei all der Brutalität hab’ ich plötzlich den Glauben ans Leben verloren. Und dann bekam ich von einem Freund eine englische Gedichtsammlung, hab’ ein paar davon auswendig gelernt – und das gab mir neue Energie. Da hab’ ich gespürt, welch kolossale Kraft die Literatur hat."
Und dann beginnt für die damals 29-Jährige in Mosambik ein neues Kapitel, als sie gerade einen Besuch von UNO-Generalsekretär Boutros-Ghali vorbereitet.
"Ich habe da nachts gesessen und für den Generalsekretär aufgelistet, worüber er mit dem Präsidenten von Mosambik und dem Rebellenführer sprechen soll. Und in diesem Moment konnte ich mir nicht vorstellen, dass es in meiner Karriere jemals etwas Wichtigeres geben könnte – und auch nicht in meinem Leben – als dieser, mein eigener kleiner Beitrag zum Frieden. Und dennoch war da ständig so ein Gefühl: Das hier kann jemand anders ebenso gut machen wie ich – ICH muss endlich meine Geschichten schreiben!"
Janne Teller kündigt und beginnt ein Leben als Schriftstellerin. Schreibt vier Jahre an ihrem ersten Roman "Odins Insel", der in Inhalt und Ton an nordische Sagen erinnert. Ein Kritikererfolg.
Und dann erscheint im Jahr 2000 ihr Jugendroman "Nichts", die düstere Geschichte von hartgesottenen Teenagern und dem Sinn des Lebens. Davon, wie Fundamentalismus entsteht.
"Jede meiner Geschichten beginnt mit einer Stimme, von der kommt ihre Energie. Und wie das endet, weiß ich nie vorher. 'Nichts' ist ein so messerscharfes, kaltes Buch, weil diese Stimme so sein musste. Auf die Frage nach dem Sinn habe ich noch immer keine Antwort; ich weiß nur, dass ich hier und jetzt lebendig bin! Und dass das Leben gerade deshalb fantastisch ist, weil wir die Antwort nicht kennen! So vieles wissen wir nicht. Aber wir wissen, wir sind hier!"
Janne Teller ist eine große, schlanke Frau, mit Charme und ohne Attitüde –
"und ich glaube, dass mein Gesicht ist mehr ein österreichischer oder zentraleuropäisches Gesicht."
Ihre Mutter stammt aus Österreich, der Großvater väterlicherseits kam aus Deutschland, Janne Teller wuchs als Tochter eines Installateurs am Stadtrand von Kopenhagen auf, ihre Sprache ist Dänisch.
"Wir haben nie zu Hause deutsch gesprochen"
- sagt die 46-Jährige, ihr Temperament aber sei eher österreichisch, das sei manchmal beim Schreiben ein Problem:
"Da gibt es mehr Sturm und Drang, als sich auf dänisch ausdrücken lässt. Schreibst Du auf dänisch ‚Ich liebe Dich‘, glaubt man nicht, dass es ernst gemeint ist: Dänen sind stets ironisch, so war das schon bei unseren großen Denkern Holberg und Kierkegaard. Du kannst kaum mit einem ernsthaften Gedanken kommen, ohne ihn mit Ironie zu verbinden; Ironie aber verträgt sich nicht mit Leidenschaft, und die macht einen großen Teil meines Temperaments aus!"
Eine helle Wohnung im 5. Stock. Ein paar alte Möbel, viele Bücher und Bilder – keine Pflanzen: Janne Teller verbringt alles in allem nur drei, vier Monate im Jahr in Dänemark:
"Es ist ein kleines Land – und die Welt ist sehr groß!"
Draußen sieht man die Türme von Kopenhagen und die Dächer von Christianshavn, dem alten Kanalviertel.
"Das Wasser verbindet mich mit der ganzen Welt."
Die Kopenhagenerin war früher lange für Hilfsorganisationen an Brennpunkten der Erde tätig, zuletzt Anfang der Neunziger in Mosambik.
Sie zeigt auf eine mit Schnitzereien verzierte kleine Kommode:
"Dieses habe ich in Tansania gekauft, es ist von Sansibar."
Tansania war Ende der 1980er die erste Station nach dem Politikstudium. Gerade erst 24, beriet sie im Auftrag der UNO die tansanische Regierung bei der Wirtschaftspolitik und bei Verhandlungen mit der Weltbank.
Janne Teller hat eine CD eingelegt.
"Es ist von einem amerikanischen Komponist Terry Vosbein, er hat es für mich komponiert. Ich tanze dazu! (lacht), ich höre es, wenn ich meinen Kopf frei machen möchte."
In New York leben ihre besten Freunde. Ein Ein-Zimmer-Appartment in Manhattan ist ihr zweites Zuhause.
"Die ganze Wohnung dort passt in eins der großen Zimmer hier, aber das Gute ist die Lage am Gramercy Park; ich gehe gern lange Strecken zu Fuß, und von dort ist vieles uptown und downtown zu Fuß erreichbar."
Die dänische Autorin zeigt auf ein Bild an der Wand:
"Und hier haben wir eine Collage, das mein Onkel für mich gemacht hat: ‚Die nackte Frau auf dem grünen Pferd.’"
Das Pferdebild bekam Janne Teller, als sie 14 war, weil der Onkel fand, dass sie eine war, die nichts aufhalten konnte. Eine nachdenkliche Einzelgängerin, die Schriftstellerin werden will. Oder Tierpsychologin – doch sie leidet an Allergien. Studiert Politikwissenschaft, um Journalistin zu werden. Dann aber führen Studentenjobs im Außenministerium zu einer Karriere bei internationalen Organisationen, nach Tansania und New York, Bangladesch und Zimbabwe und, Anfang der 90er-Jahre, nach Mosambik, wo die UNO – nach 17 Jahren Bürgerkrieg – den Friedensprozess begleitet. Ein Leben im Dauerstress.
"Jeden Tag Verhandlungen mit Generälen, die für furchtbare Massaker verantwortlich waren. Und durchaus nett und freundlich wirkten. Vier Millionen Flüchtlinge, Landminen, die hochgingen. Bei all der Brutalität hab’ ich plötzlich den Glauben ans Leben verloren. Und dann bekam ich von einem Freund eine englische Gedichtsammlung, hab’ ein paar davon auswendig gelernt – und das gab mir neue Energie. Da hab’ ich gespürt, welch kolossale Kraft die Literatur hat."
Und dann beginnt für die damals 29-Jährige in Mosambik ein neues Kapitel, als sie gerade einen Besuch von UNO-Generalsekretär Boutros-Ghali vorbereitet.
"Ich habe da nachts gesessen und für den Generalsekretär aufgelistet, worüber er mit dem Präsidenten von Mosambik und dem Rebellenführer sprechen soll. Und in diesem Moment konnte ich mir nicht vorstellen, dass es in meiner Karriere jemals etwas Wichtigeres geben könnte – und auch nicht in meinem Leben – als dieser, mein eigener kleiner Beitrag zum Frieden. Und dennoch war da ständig so ein Gefühl: Das hier kann jemand anders ebenso gut machen wie ich – ICH muss endlich meine Geschichten schreiben!"
Janne Teller kündigt und beginnt ein Leben als Schriftstellerin. Schreibt vier Jahre an ihrem ersten Roman "Odins Insel", der in Inhalt und Ton an nordische Sagen erinnert. Ein Kritikererfolg.
Und dann erscheint im Jahr 2000 ihr Jugendroman "Nichts", die düstere Geschichte von hartgesottenen Teenagern und dem Sinn des Lebens. Davon, wie Fundamentalismus entsteht.
"Jede meiner Geschichten beginnt mit einer Stimme, von der kommt ihre Energie. Und wie das endet, weiß ich nie vorher. 'Nichts' ist ein so messerscharfes, kaltes Buch, weil diese Stimme so sein musste. Auf die Frage nach dem Sinn habe ich noch immer keine Antwort; ich weiß nur, dass ich hier und jetzt lebendig bin! Und dass das Leben gerade deshalb fantastisch ist, weil wir die Antwort nicht kennen! So vieles wissen wir nicht. Aber wir wissen, wir sind hier!"