Eine eigenartige Karriere

Von Peter Philipp |
Schimon Peres bekam den Friedensnobelpreis und gilt als einer der Väter der israelischen Atombombe. Von einem Führer der Sozialdemokratie im Land wandelte er sich zu einem Partner der Nationalisten. Obwohl er nie Wahlen gewann, ist er inzwischen Staatspräsident. Heute wird er 90.
Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton bezeichnete ihn auf einer vorgezogenen Geburtstagsfeier scherzend als den "letzten Israeli, der König David noch persönlich gekannt" habe, sicher jedoch ist der israelische Staatspräsident Schimon Peres das älteste amtierende Staatsoberhaupt weltweit. Er hat viele wichtige Ämter bekleidet: war Mitarbeiter von Staatsgründer David Ben Gurion, Minister oder Führer der israelischen Sozialdemokratie. Auch zweimal kurz Ministerpräsident – nur blieb es ihm versagt, als Wahlsieger in dieses Amt zu gelangen.

In der Bevölkerung galt er deswegen lange als der "große Verlierer", dem man aber auch Intrigen und Opportunismus unterstellte. Besonders, als er 2005 zur rechten "Kadima" von Ariel Sharon wechselte. Für Peres eine Selbstverständlichkeit: Er müsse eine führende Rolle spielen, denn als Oppositionspolitiker werde er "gerade mal eben auf Seite 14 der Zeitungen" zitiert. Im Übrigen sei alles natürlich auch eine Frage der Glaubwürdigkeit:

"Wenn du deinem Volk glaubwürdig dienen willst, dann musst du dich an einen Kompass halten, dessen Ausrichtung klar und eindeutig ist. Am Abend sollte man die Fehler des Tages zusammenfassen und im Morgengrauen nicht die Träume der Nacht vergessen. Und ich habe gelernt, dass ein Traum vor allem bedeutet, dass das Morgen besser sein wird."

Eine Devise, die wohl schon auf seinen Erfahrungen in früher Jugend basiert: Peres wurde am 2. August 1923 im polnischen Wishnewa geboren. Der Vater war Zionist, der 1933 mit der Familie nach Palästina auswanderte. Zurück blieb der Großvater – ein Rabbiner – der bei einem Brandanschlag der Nazis auf seine Synagoge umkam. In einer Rede vor dem Deutschen Bundestag anlässlich des Holocaust Gedenktages im Januar 2010 erklärte Schimon Peres – inzwischen 9. Staatspräsident Israels:

"Während mein Herz noch zerrissen ist in Erinnerung an die schreckliche Vergangenheit, so blicken meine Augen doch in die gemeinsame Zukunft einer jungen Welt, einer Welt ohne jeden Hass und einer Welt, in der die Worte 'Krieg‘ und 'Antisemitismus‘ gestorben sein werden."

Es sind diese Zuversicht und dieser Optimismus, die Peres angetrieben haben. Auch bei der Suche nach einer Beilegung des Nahostkonflikts. Nachdem er sich jahrelang um die Bewaffnung der israelischen Streitkräfte gekümmert hatte, nachdem er auch den Grundstein gelegt hatte für Israels Atomforschung – und damit für seine lange bestrittene atomare Aufrüstung, wandte er sich der Suche nach einer Friedenslösung zu. Mit dazu beigetragen hatten zumindest vier große Nahostkriege. Israel konnte sich in allen behaupten, aber …

"… die Siege Israels haben seine Gefahren nicht beseitigt. Wir haben keinen Appetit auf Land, das uns nicht gehört. Wir wollen nicht über ein anderes Volk herrschen. Unser nationaler Wille ist klar und eindeutig: Mit unseren Nachbarn zu einem Frieden zu gelangen. Sie sollen wissen, meine Damen und Herren: Israel unterstützt das Prinzip‚ 'Zwei Staaten für zwei Völker‘."

Die Grundlage für eine endgültige Regelung sollten die Oslo-Abkommen im Jahr 1993 schaffen. Peres hat Geheimverhandlungen mit der PLO führen lassen, diese kehrte in die besetzten Gebiete zurück und errichtete dort eine Autonomieverwaltung. Echter Frieden aber blieb aus, obwohl zunächst große Euphorie herrschte und Peres zusammen mit Jitzchak Rabin und Yasser Arafat den Friedensnobelpreis erhielt. In Israel selbst ist die Begeisterung für Peres um einiges geringer als im Ausland. Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Video-Botschaft zum 90. Geburtstag:

"Trotz herber Rückschläge, die wir immer wieder erleben müssen, haben Sie den Glauben an einen umfassenden Frieden im Nahen Osten nicht aufgegeben. Im Gegenteil: Sie haben mit der Staatsgründung Israels erlebt, dass lang gehegte Visionen wahr werden können. Daher weisen Sie auch heute auf … unerschütterlich den Weg in eine friedliche Zukunft der Region."

Schimon Peres genießt solches Lob und es ist ihm Ansporn, auch mit 90 seinen Ideen und Träumen weiter anzuhängen. So unrealistisch dies angesichts des politischen Alltags auch erscheinen mag:

"Zwischen uns und den Palästinensern hat es viel Leid gegeben. Ich glaube, dass das Israel von morgen und das Palästina von morgen uns Licht und Hoffnung geben können."
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