Eine fast unerreichbare Frau

Ein Troubadour auf der Suche nach der vollkommenen Liebe - so gibt sich der Held in Feridun Zaimoglus neuem Roman "Liebesbrand". Da seine Angebetete jedoch nur begrenzt entflammt ist, bleibt viel Raum für die Beschreibung von Tauschungsmanövern, Flirt-Ritualen und grotesken Fehlpässen auf den verschlungenen Pfaden zum Herzensglück.
Der deutsch-türkische Autor Feridun Zaimoglu hat einen entschlossen altmodischen Roman über die unstillbare Sehnsucht nach der vollkommenen Liebe geschrieben - erzählt aus männlicher Perspektive. Sein türkisch-stämmiger Held und Ich-Erzähler hat sich eine Unbekannte als seine Traumfrau in den Kopf gesetzt, die verheiratet ist und nichts von ihm wissen will, ihn aber durch gelegentliches Entgegenkommen entflammt hält.

Dennoch bleibt er bei seinem nicht ganz ernst gemeinten, orientalische Frauenanbetung zitierenden Liebesdienst und folgt ihr zuerst nach Prag und dann nach Wien. Seine ungebrochene Verehrungsbereitschaft für die (fast) Unerreichbare hindert ihn nicht an einer Affäre mit einer Prager Fremdenführerin: Diese unklare Doppelbeziehung weist den Helden als einen vormodern romantisch Liebenden aus, aber pragmatisch postmodern gewendet. Der Held lässt sich von seinem troubadourhaften Liebesdienst an den schönen Frauen (und er kennt nur schöne Frauen) durch nichts abbringen.

Es ist vor allem der entschieden untragische Erzählton, der den Leser für diesen Roman einnimmt: ein leichtes, aber nicht seichtes Parlando, das die heikle Balance zwischen Gefühlstiefe und Verspieltheit hält, ohne pathetisch oder sentimental oder aufgesetzt cool zu wirken. Der Autor hat sich eine gelassen-humorvolle, ironisch-menschenfreundliche, vor allem frauenfreundliche Erzählstimme zurechtgelegt.

"Liebesbrand" ist also eine Art altmodischer Gralssuche nach der idealen Liebe, zugleich aber auch ein Streifzug durch zahlreiche Spielarten heutiger Liebesunordnung. Zaimoglu beschreibt kenntnisreich und präzise in vielen Variationen heutige Werbungs-, Täuschungs- und Betrugsmethoden in der Liebe, Flirt-Rituale, Anbahnungs- und Schlussmach-Gespräche, komische und groteske Fehlpässe bei der Liebessuche.

Neben seinem besonderen Sound und seiner neugierig-amüsierten Grundhaltung machen der Sinn für Situationskomik und die Vorliebe für seltsame und versponnene Zeitgenossen den Roman zur vergnüglichen Lektüre.

Rezensiert von Sigrid Löffler

Feridun Zaimoglu
Liebesbrand

Roman, Kiepenheuer & Witsch 2008
375 Seiten, 19,95 Euro