Eine gescheiterte Liebe
Im Mittelpunkt von "Bilder von A." steht ein streitbarer Dialog, der nie geführt wurde. Barbara Honigmann arbeitet in ihrem Roman die gescheiterte Beziehung mit dem Theaterregisseur Adolf Dresen literarisch auf - für ihre Verhältnisse leicht und humorvoll.
Die Bücher von Barbara Honigmann sind schmal und konzentriert und fast immer autobiografisch. Zusammen genommen ergeben sie eine große Lebenserzählung, die hartnäckig um die Herkunft aus der DDR – wo Honigmann in einer kommunistisch geprägten Familie aufwuchs bis sie 1984 in den Westen ging – und um die Entdeckung des eigenen Jüdischseins kreist. Diese beiden Pole, die DDR als negativer Abstoßungspunkt und das Judentum als Attraktion – erzeugen die nötige Energie. Das gilt auch für "Bilder von A.", der kaum verschlüsselten Geschichte ihrer Liebe und Freundschaft zu dem Theaterregisseur Adolf Dresen, der vor zehn Jahren, am 11. Juli 2001, gestorben ist.
In den frühen 70er-Jahren trafen sie am Deutschen Theater in Berlin aufeinander, im Rahmen eines Kleist-Projektes und in ihrer gemeinsamen Kleist-Verehrung. Es war die Zeit der großen Romantiker-Welle in der DDR, als die Romantik zum Spiegelbild wurde, in dem sich die von der gesellschaftlichen Gegenwart deprimierten Künstler wiedererkannten. (Christa Wolf schrieb ein paar Jahre später ihre Kleist-Novelle "Kein Ort. Nirgends".)
Ganz nebenbei lässt sich "Bilder von A." auch als Beitrag zum Kleist-Jahr lesen. Doch im Mittelpunkt steht die Liebesgeschichte zwischen "A." und der Icherzählerin, die bei aller Intensität doch "uneingelöst" bleibt. A. ist verheiratet, und nur für eine Woche, während einer Moskaureise, sind die beiden so etwas wie ein Paar, ein Zustand, der sich in ihrer rund 30 Jahre dauernden Freundschaft nicht wiederholen sollte.
Verbindend wirkt die Ablehnung der DDR, in der sie gleichwohl leben und arbeiten und in der ihre Kunst, wie sie erst später im Westen merken, eine Bedeutung jenseits des bloß Kommerziellen besaß. Hier entsteht auch zwischen ihnen eine "romantische Sphäre" im Glauben an die Kunst und an die Liebe, an Schmerz und Vergeblichkeit, wie das vielleicht nur in einer als feindlich empfundenen Umwelt möglich ist.
Als A. nach der Biermann-Ausbürgerung, wie so viele damals, in den Westen geht – er wird Regisseur am Wiener Burgtheater – bleibt ein großes Vakuum zurück. In dieser Situation beginnt Barbara Honigmann, die Jüdische Gemeinde zu besuchen, die jüdische Religion zu entdecken und sich mit ihrer jüdischen Herkunft zu befassen.
Als sie 1984 dann auch in den Westen geht, schließt sie sich der Jüdischen Gemeinde in Straßburg an. A. trifft sie nur noch ein einziges Mal. Die Rahmenbedingungen ihrer Liebe haben sich so verändert, dass sie nicht mehr möglich ist. Aber sie schreiben sich Briefe, weil die Verbundenheit geblieben ist. Die Grenze, die sich nun zwischen ihnen auftut, ist jedoch das Judentum. A. versteht ihre Hinwendung zur Religion nicht, findet sie peinlich und unangemessen in einer Zeit, die das politische Engagement erfordere.
Ein streitbarer Dialog, der nie geführt wurde, steht im Zentrum des Buches. Hier wird zum Klartext, was tatsächlich wohl eher in Stimmungen und Vorwürfen angedeutet worden ist. Honigmann gibt A. dabei durchaus starke Argumente, an denen sie die eigene Entschiedenheit für ihren Glauben prüfen muss. Während A. in ihrer Religiosität einen seltsamen Spleen sieht und ihr vorwirft, Privilegien genossen zu haben, um sich jetzt als Opfer aufzuspielen, ist sie geneigt, in seinem Antikapitalismus einen latenten Antisemitismus zu wittern. Die Freundschaft kommt über dieses Zerwürfnis nicht hinweg. Von seinem Tod, der sie schockiert, liest sie in der Zeitung.
Der Titel "Bilder von A." ist durchaus wörtlich zu verstehen. Honigmann hat auch gemalt, meistens nahm sie dazu ein Regalbrett als Leinwand. Das Cover zeigt so ein Bild von Adolf Dresen als Radfahrer, damals in der Zeit der Verliebtheit. "Bilder von A." ist ein leichtes, im Kosmos Honigmanns sogar humorvolles Buch, mit einer gleichwohl traurigen Geschichte: Einer nicht zu Ende gelebten Liebe, die, so möchte Honigmann das im Rückblick sehen, auch das Scheitern einer deutsch-jüdischen Beziehung war.
Doch diese etwas zu überladene Bedeutung wird glücklicherweise relativiert durch die ganze Geschichte. Denn auch diese Liebe scheitert, wie jede Liebe, an den Umständen, an den Verhältnissen, vor allem aber an sich selbst.
Besprochen von Jörg Magenau
Barbara Honigmann: Bilder von A.
Hanser Verlag, München 2011
138 Seiten, 16,90 Euro
In den frühen 70er-Jahren trafen sie am Deutschen Theater in Berlin aufeinander, im Rahmen eines Kleist-Projektes und in ihrer gemeinsamen Kleist-Verehrung. Es war die Zeit der großen Romantiker-Welle in der DDR, als die Romantik zum Spiegelbild wurde, in dem sich die von der gesellschaftlichen Gegenwart deprimierten Künstler wiedererkannten. (Christa Wolf schrieb ein paar Jahre später ihre Kleist-Novelle "Kein Ort. Nirgends".)
Ganz nebenbei lässt sich "Bilder von A." auch als Beitrag zum Kleist-Jahr lesen. Doch im Mittelpunkt steht die Liebesgeschichte zwischen "A." und der Icherzählerin, die bei aller Intensität doch "uneingelöst" bleibt. A. ist verheiratet, und nur für eine Woche, während einer Moskaureise, sind die beiden so etwas wie ein Paar, ein Zustand, der sich in ihrer rund 30 Jahre dauernden Freundschaft nicht wiederholen sollte.
Verbindend wirkt die Ablehnung der DDR, in der sie gleichwohl leben und arbeiten und in der ihre Kunst, wie sie erst später im Westen merken, eine Bedeutung jenseits des bloß Kommerziellen besaß. Hier entsteht auch zwischen ihnen eine "romantische Sphäre" im Glauben an die Kunst und an die Liebe, an Schmerz und Vergeblichkeit, wie das vielleicht nur in einer als feindlich empfundenen Umwelt möglich ist.
Als A. nach der Biermann-Ausbürgerung, wie so viele damals, in den Westen geht – er wird Regisseur am Wiener Burgtheater – bleibt ein großes Vakuum zurück. In dieser Situation beginnt Barbara Honigmann, die Jüdische Gemeinde zu besuchen, die jüdische Religion zu entdecken und sich mit ihrer jüdischen Herkunft zu befassen.
Als sie 1984 dann auch in den Westen geht, schließt sie sich der Jüdischen Gemeinde in Straßburg an. A. trifft sie nur noch ein einziges Mal. Die Rahmenbedingungen ihrer Liebe haben sich so verändert, dass sie nicht mehr möglich ist. Aber sie schreiben sich Briefe, weil die Verbundenheit geblieben ist. Die Grenze, die sich nun zwischen ihnen auftut, ist jedoch das Judentum. A. versteht ihre Hinwendung zur Religion nicht, findet sie peinlich und unangemessen in einer Zeit, die das politische Engagement erfordere.
Ein streitbarer Dialog, der nie geführt wurde, steht im Zentrum des Buches. Hier wird zum Klartext, was tatsächlich wohl eher in Stimmungen und Vorwürfen angedeutet worden ist. Honigmann gibt A. dabei durchaus starke Argumente, an denen sie die eigene Entschiedenheit für ihren Glauben prüfen muss. Während A. in ihrer Religiosität einen seltsamen Spleen sieht und ihr vorwirft, Privilegien genossen zu haben, um sich jetzt als Opfer aufzuspielen, ist sie geneigt, in seinem Antikapitalismus einen latenten Antisemitismus zu wittern. Die Freundschaft kommt über dieses Zerwürfnis nicht hinweg. Von seinem Tod, der sie schockiert, liest sie in der Zeitung.
Der Titel "Bilder von A." ist durchaus wörtlich zu verstehen. Honigmann hat auch gemalt, meistens nahm sie dazu ein Regalbrett als Leinwand. Das Cover zeigt so ein Bild von Adolf Dresen als Radfahrer, damals in der Zeit der Verliebtheit. "Bilder von A." ist ein leichtes, im Kosmos Honigmanns sogar humorvolles Buch, mit einer gleichwohl traurigen Geschichte: Einer nicht zu Ende gelebten Liebe, die, so möchte Honigmann das im Rückblick sehen, auch das Scheitern einer deutsch-jüdischen Beziehung war.
Doch diese etwas zu überladene Bedeutung wird glücklicherweise relativiert durch die ganze Geschichte. Denn auch diese Liebe scheitert, wie jede Liebe, an den Umständen, an den Verhältnissen, vor allem aber an sich selbst.
Besprochen von Jörg Magenau
Barbara Honigmann: Bilder von A.
Hanser Verlag, München 2011
138 Seiten, 16,90 Euro