"Eine hochsensible und hochunglückliche Frau"
Der Theaterregisseur Luc Bondy hat Susanne Lothar als große Künstlerin und ideale Schauspielerin gewürdigt: "Was sie machte, musste auch ein Erlebnis sein für sie, und sie musste es auch leben."
Ulrike Timm: Rastlos hat sie gearbeitet, klein, zart und zäh, mit einer schier unfassbaren Präsenz im Kino wie auf der Theaterbühne: Susanne Lothar ist plötzlich im Alter von 51 Jahren verstorben. Ihre Filme wie "Funny Games" von Michael Haneke werden ebenso in Erinnerung bleiben, wie die Theaterinszenierungen, die legendäre "Lulu" mit Peter Zadek oder auch die komödiantische Seite von Susanne Lothar, die sie zum Beispiel im Burgtheater in Wien bei "Drei Mal Leben" unter der Regie von Luc Bondy zeigte. Ein Jahr nach dem Tod ihres langjährigen Lebenspartners Ulrich Mühe ist Susanne Lothar gestorben, und wir haben vor der Sendung einen ziemlich erschütterten Luc Bondy erreicht in Indonesien, im Urlaub, und er erinnert sich so an Susanne Lothar:
Luc Bondy: Da muss ich zwei Sachen über sie sagen. Das Erste: Wir haben zusammen mal eine Sendung gemacht, wo wir sozusagen in Berlin rum gefahren sind, und das sah aus, als wären wir wirklich sehr, sehr befreundet. Und wir waren aber anders befreundet, wir waren befreundet dadurch, dass wir zusammen gearbeitet haben. Sie war eine sehr scheue Frau, sie hat wenig gesprochen, die Susanne. Sie war nicht jemand, die viel geredet hat. Und auch in der Probe war das immer eine Schauspielerin, die sehr instinktiv war. Die ist nicht auf Erklärungen aus gewesen oder so, sondern sie hat instinktiv den Regisseur … wenn sie einen Regisseur mochte, hat sie ihn instinktiv verstanden und ist dann auch instinktiv damit gegangen. Und wenn sie jemanden – sie war nicht einfach, glaube ich, für Regisseure, die sie instinktiv nicht verstanden hat, da konnte sie nicht.
Und das war so jemand, die wirklich einen Instinkt, das kann man wirklich bei ihr sagen, das stärkste war der Instinkt. Sie war auch keine so pseudo-denkende Schauspielerin, sie war eine richtig intuitive, sie hatte sogar was von einem Tier manchmal, animalisch. Aus ihrem zierlichen Körper kam eine Kraft, die man sich gar nicht vorstellen konnte, und hatte eine große – diese Kraft, und hatte auch Mut gehabt, Dinge auszuprobieren, und man hatte nie die Schwierigkeiten. Wenn Sie einen mochte, konnte man von ihr alles haben.
Timm: Sie haben mit ihr ja auch zum Beispiel eine Komödie erarbeitet, "Drei Mal Leben" von Yasmina Reza am Burgtheater in Wien, ein Stück, wo zwei Ehepaare turbulent sich selbst und ihre Beziehungen von einem Ausgangspunkt in drei verschiedenen Weisen weiterleben, auf der Bühne. Haben Sie auch sehr stark die komödiantische Susanne Lothar in Erinnerung?
Bondy: Ja, sehr, und was ja lustig war, ist, dass sie ja zusammen mit ihrem Mann da gespielt hat, mit Ulrich Mühe, und ich weiß, es war immer – sie hatte einen sehr trockenen Humor, sie war nicht in dem Sinn komödiantisch, dass sie was verschenkt hätte, weil sie hatte ja eine Subtilität, die es machte, dass sie sogar bei … beim Wort komödiantisch muss man immer aufpassen, was man meint. Und ich glaube, sie war eine wirkliche Schauspielerin, aber das musste sie auch wirklich erleben. Was sie machte, musste auch ein Erlebnis sein für sie, und sie musste es auch leben. Das ist ganz selten bei Schauspielern, weil viele stellen her – und sie hat nicht hergestellt, sie hat dann die Sache gemacht und wurde sie.
Timm: Ich frage Sie nach dieser Arbeit auch, weil da ja ein Leben in drei verschiedenen Richtungen weiterging, ganz unterschiedlich gestaltet. War das nach dem Geschmack von Susanne Lothar auf der Bühne, das Leben noch mal ausprobieren, in drei verschiedene Richtungen?
Bondy: Nein, gar nicht, weil das Stück war ja nicht in dem Sinne – es hieß ja "Drei Mal Leben", aber es waren drei Situationen. Und in den drei Situationen war eigentlich die Geschichte nicht mal, dass es drei Mal Leben war, sondern drei, sagen wir mal, verschiedene Möglichkeiten, Konstellationen, Situationen. Aber wie, die Susanne musste sich nicht für drei Mal verstellen in drei Mal, sie blieb Susanne, aber sie hatte eine riesige Technik, wie sie eine Sache hysterisch oder ganz hohl oder – ich weiß nicht, die verschiedensten und sehr körperlich, und auch was ganz … sie konnte so normal auf der Bühne sein und so real, was sehr selten ist.
Sie hatte eine Realität auf der Bühne, und was sie angefasst hat, und wenn sie was machte, dann konnte sie das wirklich durchdringen, und sie war dann eine reale Schauspielerin. Das ist keine Macherin gewesen. Deswegen – so sehe ich es auch – war es eine hochsensible und hochunglückliche Frau, die wurde sehr unglücklich nach dem Tod von ihrem Mann, und das hat sie zerstört, und das konnte sie nicht aushalten. Ich bin der Meinung, dass das für sie nicht mehr zu ertragen war. Und sie war einfach eine große Künstlerin.
Timm: Es ist ja auch erstaunlich, wie viele Facetten in diesen Menschen passten: Eine Rolle wie die aufs Blut gequälte Frau in "Funny Games" von Michael Haneke, eine große Theaterdarstellerin von Beginn an, von der "Lulu" mit Peter Zadek bis zu den Arbeiten mit Ihnen, "Drei Mal Leben", die wilde Komödiantin. Sie haben uns Susanne Lothar ein bisschen beschrieben – gibt es eine Facette dieser Frau, die Sie ganz besonders hervorheben möchten oder die sie ganz besonders stark in Erinnerung behalten werden?
Bondy: Ja, ich will hier mal sagen, dass sie ein erstauntes Gesicht hatte. Ein idealer Schauspieler, das ist für mich jemand, der eigentlich nicht ganz anwesend ist, der in sich eine Abwesenheit hat. Und diese Abwesenheit hatte sie, und sehr viele auch große Schauspieler haben etwas in ihrem Ausdruck, was abwesend ist, und zurückgehalten, und das dann plötzlich Dinge füllen kann, und man weiß nicht, woher diese Kräfte kommen. Das ist manchmal ganz geheimnisvoll.
Timm: So etwas Somnambules, da sein und nicht da sein, und daraus die ganze konzentrierte Kraft nehmen?
Bondy: Ja, so was würde ich sagen.
Timm: Haben Sie ein Beispiel dafür?
Bondy: Nein, das war so. Ich habe sie so erlebt, weil sie war keine Schauspielerin, die auf der Bühne oder in ihrem Leben war sie überhaupt keine – die hat nicht sich verstellt, die war so direkt. Und so war sie auf der Bühne, sie war keine verstellte Schauspielerin, das Gegenteil. Und als Person war sie nicht verstellt, und überhaupt nicht manieriert und hatte trotzdem, was man eine Vorstellung von Form nennt, wie sie mit dem Körper sich bewegte, wie sie ihre Hände, wie sie mit den Armen, wie sie ging, was sie auch gemacht hat, und so unterschiedliche Sachen wie "Lulu".
Bei mir hat sie "Auf dem Lande" gemacht, wo sie so eine ganz deprimierte Frau gespielt hat, die in einer sehr zerstörten Ehe … von Martin Crimp, und das war ganz unheimlich, wie sie das dargestellt hat, und "Lulu" war ganz anders. Und sie konnte – das ist sehr schwer zu beschreiben – sie konnte anders sein und sie selber bleiben, das ist die größte Kunst bei Schauspielern, also die beiden Dinge zu haben, sich selber bleiben, und gleichzeitig anders sein.
Timm: Sie haben den Instinkt beschrieben, den schauspielerischen Instinkt – eine Spielweise, die man auch nicht lernen kann, die einem von der Natur gegeben ist oder eben auch nicht?
Bondy: Doch, meistens ist es einem gegeben. Man lernt dazu, und man lernt es, wie man es verfeinert und vertieft und verbessert. aber dieser Urinstinkt des Schauspielers, das, was man den Instinkt nennt, das lernt man nicht, das hat man.
Timm: Susanne Lothar hat nach dem Tod ihres Mannes Ulrich Mühe sich in die Arbeit geradezu hineingestürzt. Sie hat noch bedeutende Rollen danach gespielt. Sie hat rastlos gearbeitet, von "Tatort" bis zum "Weißen Band" von Michael Haneke. Sie hat diese Arbeit auch als Therapie für sich selbst bezeichnet. War diese Therapie eigentlich nicht mehr möglich?
Bondy: Nein, schauen Sie, das sagt man so, aber jeder Schauspieler spielt genau so viel, und es ist arbeiten und kreativ sein, für einen Schauspieler ist ja immer eine Möglichkeit zu leben. Ich würde es nicht Therapie nennen, sondern Leben, oder man nennt Leben eine Therapie, wie man das Leben meistert, ist eine Therapie. Aber sonst würde ich nicht sagen, dass ist eine Therapie, sie war eine Schauspielerin, mehr nicht. Da würde ich nicht so irgendetwas sagen. ich würde einfach sagen, sie versuchte, durchzukommen. Sie versuchte sicher in allen Weisen, die ein Mensch, die ein Schauspieler in ihrem Alter braucht, durchzukommen, sicher als Persönlichkeit, als Schauspielerin sicher auch. Sie musste Geld verdienen, sie hatte eine große Familie, sie musste hart arbeiten. So war die Realität von Susanne Lothar.
Timm: Sie hat sich in den letzten Jahren ein Ehrenamt gesucht als Clown. Bei den "Roten Nasen" hat sie Kinder besucht, die im Krankenhaus sein mussten. Was erzählt das über den Menschen Susanne Lothar?
Bondy: Ach, das weiß ich nicht. Das möchte ich auch nicht sagen, weil wissen Sie, ich habe Susanne Lothar eben nie so gekannt in einem Winkel, und möchte gerne in dieser Perspektive, wie ich sie gekannt habe, jetzt mich erinnern und nicht etwas jetzt aussagen, was über den Menschen sagt, dass sie Besuche gemacht hat. Das ist – sie war eine großzügige Frau, das sage ich ihnen, so.
Timm: Das verstehe ich gut. Vielen Dank, Luc Bondy, dass Sie mit uns gesprochen haben. Luc Bondy, Susanne Lothar stand er als Mensch und beruflich sehr, sehr nahe. Herr Bondy, vielen Dank fürs Gespräch!
Bondy: Danke schön! Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Luc Bondy: Da muss ich zwei Sachen über sie sagen. Das Erste: Wir haben zusammen mal eine Sendung gemacht, wo wir sozusagen in Berlin rum gefahren sind, und das sah aus, als wären wir wirklich sehr, sehr befreundet. Und wir waren aber anders befreundet, wir waren befreundet dadurch, dass wir zusammen gearbeitet haben. Sie war eine sehr scheue Frau, sie hat wenig gesprochen, die Susanne. Sie war nicht jemand, die viel geredet hat. Und auch in der Probe war das immer eine Schauspielerin, die sehr instinktiv war. Die ist nicht auf Erklärungen aus gewesen oder so, sondern sie hat instinktiv den Regisseur … wenn sie einen Regisseur mochte, hat sie ihn instinktiv verstanden und ist dann auch instinktiv damit gegangen. Und wenn sie jemanden – sie war nicht einfach, glaube ich, für Regisseure, die sie instinktiv nicht verstanden hat, da konnte sie nicht.
Und das war so jemand, die wirklich einen Instinkt, das kann man wirklich bei ihr sagen, das stärkste war der Instinkt. Sie war auch keine so pseudo-denkende Schauspielerin, sie war eine richtig intuitive, sie hatte sogar was von einem Tier manchmal, animalisch. Aus ihrem zierlichen Körper kam eine Kraft, die man sich gar nicht vorstellen konnte, und hatte eine große – diese Kraft, und hatte auch Mut gehabt, Dinge auszuprobieren, und man hatte nie die Schwierigkeiten. Wenn Sie einen mochte, konnte man von ihr alles haben.
Timm: Sie haben mit ihr ja auch zum Beispiel eine Komödie erarbeitet, "Drei Mal Leben" von Yasmina Reza am Burgtheater in Wien, ein Stück, wo zwei Ehepaare turbulent sich selbst und ihre Beziehungen von einem Ausgangspunkt in drei verschiedenen Weisen weiterleben, auf der Bühne. Haben Sie auch sehr stark die komödiantische Susanne Lothar in Erinnerung?
Bondy: Ja, sehr, und was ja lustig war, ist, dass sie ja zusammen mit ihrem Mann da gespielt hat, mit Ulrich Mühe, und ich weiß, es war immer – sie hatte einen sehr trockenen Humor, sie war nicht in dem Sinn komödiantisch, dass sie was verschenkt hätte, weil sie hatte ja eine Subtilität, die es machte, dass sie sogar bei … beim Wort komödiantisch muss man immer aufpassen, was man meint. Und ich glaube, sie war eine wirkliche Schauspielerin, aber das musste sie auch wirklich erleben. Was sie machte, musste auch ein Erlebnis sein für sie, und sie musste es auch leben. Das ist ganz selten bei Schauspielern, weil viele stellen her – und sie hat nicht hergestellt, sie hat dann die Sache gemacht und wurde sie.
Timm: Ich frage Sie nach dieser Arbeit auch, weil da ja ein Leben in drei verschiedenen Richtungen weiterging, ganz unterschiedlich gestaltet. War das nach dem Geschmack von Susanne Lothar auf der Bühne, das Leben noch mal ausprobieren, in drei verschiedene Richtungen?
Bondy: Nein, gar nicht, weil das Stück war ja nicht in dem Sinne – es hieß ja "Drei Mal Leben", aber es waren drei Situationen. Und in den drei Situationen war eigentlich die Geschichte nicht mal, dass es drei Mal Leben war, sondern drei, sagen wir mal, verschiedene Möglichkeiten, Konstellationen, Situationen. Aber wie, die Susanne musste sich nicht für drei Mal verstellen in drei Mal, sie blieb Susanne, aber sie hatte eine riesige Technik, wie sie eine Sache hysterisch oder ganz hohl oder – ich weiß nicht, die verschiedensten und sehr körperlich, und auch was ganz … sie konnte so normal auf der Bühne sein und so real, was sehr selten ist.
Sie hatte eine Realität auf der Bühne, und was sie angefasst hat, und wenn sie was machte, dann konnte sie das wirklich durchdringen, und sie war dann eine reale Schauspielerin. Das ist keine Macherin gewesen. Deswegen – so sehe ich es auch – war es eine hochsensible und hochunglückliche Frau, die wurde sehr unglücklich nach dem Tod von ihrem Mann, und das hat sie zerstört, und das konnte sie nicht aushalten. Ich bin der Meinung, dass das für sie nicht mehr zu ertragen war. Und sie war einfach eine große Künstlerin.
Timm: Es ist ja auch erstaunlich, wie viele Facetten in diesen Menschen passten: Eine Rolle wie die aufs Blut gequälte Frau in "Funny Games" von Michael Haneke, eine große Theaterdarstellerin von Beginn an, von der "Lulu" mit Peter Zadek bis zu den Arbeiten mit Ihnen, "Drei Mal Leben", die wilde Komödiantin. Sie haben uns Susanne Lothar ein bisschen beschrieben – gibt es eine Facette dieser Frau, die Sie ganz besonders hervorheben möchten oder die sie ganz besonders stark in Erinnerung behalten werden?
Bondy: Ja, ich will hier mal sagen, dass sie ein erstauntes Gesicht hatte. Ein idealer Schauspieler, das ist für mich jemand, der eigentlich nicht ganz anwesend ist, der in sich eine Abwesenheit hat. Und diese Abwesenheit hatte sie, und sehr viele auch große Schauspieler haben etwas in ihrem Ausdruck, was abwesend ist, und zurückgehalten, und das dann plötzlich Dinge füllen kann, und man weiß nicht, woher diese Kräfte kommen. Das ist manchmal ganz geheimnisvoll.
Timm: So etwas Somnambules, da sein und nicht da sein, und daraus die ganze konzentrierte Kraft nehmen?
Bondy: Ja, so was würde ich sagen.
Timm: Haben Sie ein Beispiel dafür?
Bondy: Nein, das war so. Ich habe sie so erlebt, weil sie war keine Schauspielerin, die auf der Bühne oder in ihrem Leben war sie überhaupt keine – die hat nicht sich verstellt, die war so direkt. Und so war sie auf der Bühne, sie war keine verstellte Schauspielerin, das Gegenteil. Und als Person war sie nicht verstellt, und überhaupt nicht manieriert und hatte trotzdem, was man eine Vorstellung von Form nennt, wie sie mit dem Körper sich bewegte, wie sie ihre Hände, wie sie mit den Armen, wie sie ging, was sie auch gemacht hat, und so unterschiedliche Sachen wie "Lulu".
Bei mir hat sie "Auf dem Lande" gemacht, wo sie so eine ganz deprimierte Frau gespielt hat, die in einer sehr zerstörten Ehe … von Martin Crimp, und das war ganz unheimlich, wie sie das dargestellt hat, und "Lulu" war ganz anders. Und sie konnte – das ist sehr schwer zu beschreiben – sie konnte anders sein und sie selber bleiben, das ist die größte Kunst bei Schauspielern, also die beiden Dinge zu haben, sich selber bleiben, und gleichzeitig anders sein.
Timm: Sie haben den Instinkt beschrieben, den schauspielerischen Instinkt – eine Spielweise, die man auch nicht lernen kann, die einem von der Natur gegeben ist oder eben auch nicht?
Bondy: Doch, meistens ist es einem gegeben. Man lernt dazu, und man lernt es, wie man es verfeinert und vertieft und verbessert. aber dieser Urinstinkt des Schauspielers, das, was man den Instinkt nennt, das lernt man nicht, das hat man.
Timm: Susanne Lothar hat nach dem Tod ihres Mannes Ulrich Mühe sich in die Arbeit geradezu hineingestürzt. Sie hat noch bedeutende Rollen danach gespielt. Sie hat rastlos gearbeitet, von "Tatort" bis zum "Weißen Band" von Michael Haneke. Sie hat diese Arbeit auch als Therapie für sich selbst bezeichnet. War diese Therapie eigentlich nicht mehr möglich?
Bondy: Nein, schauen Sie, das sagt man so, aber jeder Schauspieler spielt genau so viel, und es ist arbeiten und kreativ sein, für einen Schauspieler ist ja immer eine Möglichkeit zu leben. Ich würde es nicht Therapie nennen, sondern Leben, oder man nennt Leben eine Therapie, wie man das Leben meistert, ist eine Therapie. Aber sonst würde ich nicht sagen, dass ist eine Therapie, sie war eine Schauspielerin, mehr nicht. Da würde ich nicht so irgendetwas sagen. ich würde einfach sagen, sie versuchte, durchzukommen. Sie versuchte sicher in allen Weisen, die ein Mensch, die ein Schauspieler in ihrem Alter braucht, durchzukommen, sicher als Persönlichkeit, als Schauspielerin sicher auch. Sie musste Geld verdienen, sie hatte eine große Familie, sie musste hart arbeiten. So war die Realität von Susanne Lothar.
Timm: Sie hat sich in den letzten Jahren ein Ehrenamt gesucht als Clown. Bei den "Roten Nasen" hat sie Kinder besucht, die im Krankenhaus sein mussten. Was erzählt das über den Menschen Susanne Lothar?
Bondy: Ach, das weiß ich nicht. Das möchte ich auch nicht sagen, weil wissen Sie, ich habe Susanne Lothar eben nie so gekannt in einem Winkel, und möchte gerne in dieser Perspektive, wie ich sie gekannt habe, jetzt mich erinnern und nicht etwas jetzt aussagen, was über den Menschen sagt, dass sie Besuche gemacht hat. Das ist – sie war eine großzügige Frau, das sage ich ihnen, so.
Timm: Das verstehe ich gut. Vielen Dank, Luc Bondy, dass Sie mit uns gesprochen haben. Luc Bondy, Susanne Lothar stand er als Mensch und beruflich sehr, sehr nahe. Herr Bondy, vielen Dank fürs Gespräch!
Bondy: Danke schön! Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.