"Eine Krankheit wie andere auch"

Von Reinhard Spiegelhauer |
Bislang sind in Spanien 33 Menschen an der Schweinegrippe gestorben. Und dennoch: Das spanische Gesundheitssystem sieht sich gut gerüstet und auch in der Bevölkerung gibt es wenig Angst vor einer Epidemie.
Das hatten alle befürchtet: Schweingrippe-Alarm in einer Grundschule, Ende vergangener Woche: Ein siebenjähriges Mädchen habe Symptome, hieß es an der Schule in Figueres, nahe der französischen Grenze. Etwa 100 Schüler verließen aus Angst vor Ansteckung ihre Klassen. Inzwischen ist klar: es war ein Fehlalarm – und Gesundheitsministerin Trinidad Jimenez beeilt sich, zu beruhigen: die befürchtete Schweinegrippe-Epidemie zum Schulbeginn vor einer Woche sei bisher ausgeblieben, der Unterricht sei normal angelaufen.

Die Behörden versichern: Spanien ist vorbereitet, das Gesundheitssystem gut aufgestellt. Fernando Lamata, Gesundheitsminister der Autonomen Gemeinschaft Kastillien-La Mancha:

"Als die WHO am 24. April Alarm geschlagen hat, haben wir noch am selben Tag den Pandemie-Plan in Kraft gesetzt – und schon am nächsten Tag haben wir den ersten Fall von Schweinegrippe in Europa diagnostiziert. Das zeigt, dass das spanische Gesundheitssystem gut vorbereitet ist, über hervorragende Fachkräfte verfügt und Sicherheit gewährleistet."

Insgesamt sind in Spanien bislang 33 Menschen an der Schweinegrippe gestorben – Mitte August war die Zahl der wöchentlichen Todesfälle deutlich angestiegen. Seitdem hat die "Gripe A" etwa drei Opfer pro Woche gefordert. Die Gesundheitsbehörden setzen auf Monitoring und Aufklärung der Bevölkerung:

"Vom ersten Moment an haben wir die epidemiologische Überwachung verstärkt, um möglichst viel über dieses neue Virus zu erfahren: Wie leicht es sich verbreitet, wie tödlich es ist – um so möglichst gut auf neue Fälle reagieren zu können. Gleichzeitig haben wir ein Infotelefon geschaltet, um die Aufmerksamkeit der Bürger zu erhöhen, und Fragen zu beantworten."

Auch auf Plakaten und in Fernsehspots gibt es Informationen über die Grippe und zu ratsamen Vorsichtsmaßnahmen. Die meisten Erwachsenen fühlen sich gut informiert, machen sich kaum Sorgen wegen der Schweinegrippe – so wie diese Frau:

"Ich habe da keine besondere Sorge – ich könnte sie bekommen, wie jeder andere – aber ich glaube, wenn man insgesamt einen guten Gesundheitszustand hat, ist es eine Krankheit wie andere auch, ich habe keine besondere Angst."

Eine Einstellung, die Gesundheitsministerin Trinidad Jiménez gefallen dürfte – sie wird nicht müde, zu betonen, dass die Schweinegrippe in mehr als 90 Prozent der Fälle harmlos verlaufe. Die bisherigen Opfer hatten nach offiziellen Angaben allesamt schwere Vorerkrankungen oder waren schwanger – auch das gilt als Risikofaktor. Trotzdem will Spanien für 60 Prozent der Bevölkerung Impfdosen vorhalten – weit über 200 Millionen Euro werden dafür in einem Sonderhaushalt bereitgestellt. Gesundheitsministerin Jiménez gab vor wenigen Wochen bekannt, welche Risikogruppen geimpft werden sollen:

"In erster Linie der Angehörigen des Gesundheitswesens und anderer essenzieller Dienste. Zweitens: Schwangere. Und zuletzt: all diejenigen, die unter schweren chronischen Erkrankungen leiden. Ich möchte, dass sie wissen, dass all diejenigen, die sie benötigen, die Impfung bekommen werden."

Anfang Dezember sollen die ersten Impfdosen gespritzt werden – es könnten lange Wochen werden bis dahin. Denn Experten fürchten noch immer, dass sich das Virus in den Schulen rasch ausbreiten könnte. José Luis Bonal, Präsident der Vereinigung für Kinderheilkunde mahnt zur Aufmerksamkeit:

"Wann sollten wir besorgt sein? Wenn ein Kind schwere Atembeschwerden hat. Nicht, wenn es Husten hat, sondern wenn es Mühe hat, zu atmen. In diesem Moment sollte man aufmerksam sein. Der Kinderarzt kann mit einem einfachen Test ermitteln, wie viel Sauerstoff das Kind bekommt und entscheiden, ob ein Krankenhausaufenthalt nötig ist, oder nicht. Wichtig ist, immer zuerst den Kinderarzt einzuschalten und nicht die Notdienste zu überfluten, weil das die Effektivität des Gesundheitswesens beeinträchtigen würde."

Für den Fall der Fälle hat die Regierung einen speziellen Notfallplan erarbeitet, wonach Angestellte im öffentlichen Dienst bei Bedarf von ihren normalen Dienststellen an andere versetzt werden können, um einen Kollaps von Schulen und Gesundheitswesen zu verhindern.