Das Museum Fünf Kontinente in München, ehemals Staatliches Museum für Völkerkunde, wurde 1862 als erstes ethnologisches Museum in Deutschland gegründet. Die hier bewahrten und kontinuierlich erweiterten Sammlungen von Dingen des alltäglichen Lebens, rituellen Objekten oder Kunstwerken erzählen vom kulturellen Reichtum der Menschheit. Sie schlagen Brücken von der Vergangenheit ins aktuelle Zeitgeschehen und öffnen Türen zu anderen Lebens- und Sichtweisen. Innerhalb der vielfältigen Münchner Museumslandschaft bietet das Museum einen einzigartigen Zugang zum kulturellen Reichtum der Menschen in aller Welt.
Fremdes Leben in fernen Ländern
Dr. Hilke Thode-Arora, Leiterin der Abteilung Ozeanien, Referentin für Provenienzforschung, Museum Fünf Kontinente in München.
Ein Gerät zur akustisch-mechanischen Aufnahme und Wiedergabe von Schall. Ein verbessertes Fahrrad und eine gewaltige Lichtinstallation, die den Eiffelturm – der ja eigens für diese Weltausstellung errichtet worden war – in den Farben der französischen Trikolore illuminierte. Außerdem war ein eigenes Dorf auf der Ausstellung nachgebaut worden mit Materialien, die man aus den jeweiligen Ländern hatte kommen lassen. Das Dorf sollte die kompletten Kulturen der Welt nach Frankreich holen. Auch afrikanische und asiatische Länder waren vertreten, damals noch eine Seltenheit. Man hatte sogar Handwerker und Künstler aus fernen Regionen nach Paris für die Ausstellung eingeschifft. In den einzelnen Pavillons zeigten sie ihr Können. Einblicke in fremde Kulturen mit Menschen, die den Ausstellungsbesuchern wie Museumsobjekte präsentiert wurden. Erst heute beginnt man damit, sich dieser Aneignung von fremdem Kulturgut intensiv zu stellen. Auf der Weltausstellung gab es sogar ein Zirkuszelt, in dem 28 Surinamer zur Schau gestellt wurden. Und wer als Ausstellungsbesucher was auf sich hielt, ließ sich mit Fächer und Sonnenschirm auf einem sogenannten "Rollfauteuil" – einem Stuhl mit drei Rädern – von einem Chauffeur in Uniform durch die Ausstellungsräume kutschieren.
Bis 2017 arbeitete er als Kurator am Essener Folkwang-Museum. Dessen Gründer, Karl Ernst Osthaus, hatte nach einer Reise nach Tunesien im Jahr 1899 den Entschluss gefasst, ein neuartiges Museum zu gründen. Aus seinen Reisen in ferne Länder kamen zahlreiche Kunstwerke aus der Zeit des Impressionismus, Expressionismus und Surrealismus in die Sammlung. Darunter auch Schlüsselwerke Van Goghs und Gauguins. Für die Künstler des ausgehenden 19. Jahrhunderts war die Weltausstellung eine wichtige Inspirationsquelle.
Mario von Lüttichau: "Ihn haben die Menschen fasziniert. Aber natürlich auch die Architektur. Und er hat sich natürlich schon vorgestellt, darüber gelesen usw. Und wenn er dorthin fahren würde, könnte er in diese Welt eintauchen und vielleicht an deren normalen Alltag, nicht an dieser Exponiertheit, aber an dem normalen Alltag teilnehmen."
"Und dann ist vielleicht so der Wunsch in ihm gewesen, aus der Zivilisation auszutreten und in eine Welt einzutauchen. Es muss etwas ganz Großartiges gewesen sein. Die Menschen schreiben begeistert, was sie dort alles haben. Man muss sich um nichts kümmern. Es wächst alles in den Mund. Es ist alles da: Wunderbare Frauen, wunderbare Modelle. Man hat eigentlich immer schönes Wetter und hat immer schöne Menschen um sich."
Exotik. Flucht in die Ferne. Üppige Farben. Wohltuendes Licht. Suche nach Schönheit. Strahlende Sonne.
Tahiti ist für Gauguin eine Art Gegenwelt zu seinem tristen und teuren Leben, das er in Paris als Vater von fünf Kindern führt.
"Paul und Virginie besaßen weder Uhren noch Kalender oder Bücher über Zeitrechnung, Geschichte und Philosophie. Die Zeitabschnitte ihres Lebens richteten sich nach denen der Natur. Sie erkannten am Schatten der Bäume, welche Tageszeit sie hatten, und die Jahreszeiten an der Zeit, wo sie Blüten oder Früchte trugen."
"Paul und Virginie" - Nachlesen bei Projekt Gutenberg
Aus dem Vorwort: Ich habe mir bei diesem kleinen Werke große Dinge vorgesetzt. Ich versuchte einen Boden und eine Vegetation zu schildern, die von der Europa's himmelweit verschieden ist. Lange genug haben unsre Dichter ihre Liebenden an Bachesufern, auf Wiesen und unter dem Laubwerk der Buchen ausruhen lassen. Die meinigen mußten sich auf dem Gestade des Meeres, am Fuße der Felsen, im Schatten der Cocospalmen, der Bananen und blühenden Citronenbäume niedersetzen. Es fehlt der andern Hälfte der Welt nur an Theokriten und Virgilen: sonst hätten wir schon längst mindestens eben so interessante Gemälde von ihr, als von unserm eigenen Lande. Ich weiß, daß geschmackvolle Reisende uns begeisterte Schilderungen von mehreren Inseln der Südsee entworfen haben; aber die Sitten ihrer Einwohner, und noch mehr die der Europäer, die dort landen, verderben oft die Landschaften. Ich wünschte, mit der Schönheit der Tropennatur die moralische Schönheit einer kleinen Gesellschaft zu verbinden. Dabei beabsichtigte ich den Beweis von mehreren großen Wahrheiten herzustellen, z. B. von der, daß unser Glück einzig und allein auf einem natur- und tugendgemäßen Wandel beruht.
Verfilmung von PAUL UND VIRGINIE - Trailer bei Youtube
"Rarahu besaß zwei Kleider aus Musselin. Eins weiß, das andere rosa, die sie abwechselnd über ihrem blauen und gelben Pareo trug, um in die protestantische Messe der Missionare in Papeete zu gehen. An diesen Tagen trug sie ihr Haar in zwei sehr dicke Zöpfe geteilt. Über ihrem Ohr war eine große Hibiskus-Blume befestigt. Dieses feurige Rot verlieh ihren bronzefarbenen Wangen eine transparente Blässe."
Als Van Gogh von seinem Freund Gauguin davon hört, dass er nach einem neuen Ort zum Malen sucht, legt er Gauguin die Lektüre von Pierre Loti ans Herz. In dem Roman liest Gauguin von Tahitianern, die in einer friedlichen Welt lebten. Er ist fasziniert davon, wie Loti die junge Rarahu beschreibt, die er später heiraten wird:
"Rarahu hatte rötliche schwarze Augen. Ein exotisches Versprechen, von streichelnder Süße, wie bei jungen Katzen, wenn sie liebkost werden. Ihre Nase war schmal und fein, wie man sie in den Gesichtern der Araber sehen kann. Ihr Mund war ein wenig breiter und geöffneter als die klassischen Vorbilder und mit klar konturierten Mundwinkeln. Ihr Haar roch nach Sandelholz und hing in voller Länge auf ihre nackten Schultern, die von gelbbrauner Farbe waren. Eine hell schimmernde Farbe, die man auch auf den Terrakotta-Figuren der alten Etrusker sehen kann."
Wer war eigentlich Pierre Loti?
Sein richtiger Name war Julien Viaud. Er wurde 1850 als Sohn einer Seefahrerfamilie in der westfranzösischen Stadt Rochefort geboren. Als Kind träumte er sich in die Ferne: Sein älterer Bruder Gustave, ein Marinearzt, erzählte ihm oft von seinen Reisen und exotischen Ländern. Doch er starb jung, während einer Seefahrt auf dem Indischen Ozean. Inspiriert und im Andenken seines Bruders entschied sich Julien ebenfalls, die Marineschule zu besuchen, und wurde Offizier. Mit 18 begann er die Welt zu bereisen und schipperte unter anderem nach Nord- und Südamerika, den Pazifikinseln und Afrika.
Matthias Krüger: "Delacroix ist eigentlich das große Vorbild für viele. Seine Marokko-Reise wird in der Literatur so geschildert, dass er die Farbe dort entdeckt, und viele, viele Künstler bishin zu Matisse, die nehmen ihn als großes Beispiel, dem sie folgen wollen und brechen dann auch auf nach Nordafrika, um dort die Farbe zu lernen. Also – es gibt dann eben auch viele Künstler, die da hin gehen, um die fremden Sitten und Gebräuche zu malen, also mehr Künstler mit einem ethnografischen Interesse, aber daneben gibt es eben diese Künstler, die der Farbe so sehr huldigen, das ist für die Moderne nicht ganz unwichtig, weil sozusagen dieser Topos der Befreiung von der Farbe aus der Bindung an den Gegenstand, was dann ja auch in der abstrakten Malerei kulminieren wird, der hat da seine Anfänge auch."
Das Fleisch ist traurig, ach! Alle Bücher hab ich gelesen,
Fliehn! Dorthin fliehn! Ich fühle: Vögel sind trunken,
Zwischen dem ungekannten Schaum und dem Himmel
Zu sein!
Nichts, auch die alten Gärten nicht, von den Augen
Gespiegelt,
wird dieses Herz festhalten, das ins Meer eintaucht,
O Nächte! Noch der verlassene Schein meiner Lampe
Auf dem leeren Papier, durch das Weiß beschützt,
Noch auch die junge Frau, die den Säugling stillt.
Ich werde fahren! Dampfer, wiege dein Mastwerk,
Lichte den Anker für eine exotische Natur!
Ein Überdruss, gepeinigt von grausamen Hoffen,
Glaubt noch an der Taschentücher letztes Lebewohl!
Und, vielleicht, sind die Masten, welche Stürme auf sich
Ziehn,
Von denen, die ein Wind über Schiffbrüche beugt,
Verloren, ohne Mast, ohne Mast, noch fruchtbare
Inseln...
Und doch, mein Herz, hör der Matrosen Lied!
Exotik. Aufbruch in neue Welten. Bruch mit alten Regeln und Konventionen. Künstlerische Freiheit. Eine neue Ästhetik, die sich aufschwingt in neue Dimensionen.
Diese Nymphen, ich will sie verewigen.
So hell,
Ihr leichtes Inkarnat, es flattert in der Luft,
gedämpft von dicht belaubtem Schlaf.
Liebt ich einen Traum?
Mein Zweifel, angehäuft aus einstiger Nacht, er endet
In manchem zarten Zweig, der, noch der wahre Wald
Geblieben, zeigt, ach, dass ich ganz allein mir gönnte
Als Triumpf den idealen Fehl von Rosen –
Denken wir nach.
Erklärt Armando Merino. Dirigent mit einem breiten Repertoire, aber deutlichem Fokus auf der zeitgenössischen Musik, und künstlerischer Leiter des Münchner Ensembles Blauer Reiter.
Armando Merino: "Dieses legendäre Stück von Debussy – es war höchst revolutionär. Sogar von Pierre Boulez einmal so beschrieben als das Erwachen der neuen Musik – nicht der neuen, der modernen Musik."
"Der Anfang von dem Stück von Debussy, Prélude à l´après-midi d´un faune, es ist tonal nicht mehr etabliert. Nicht mehr klar. Also es müssen einige Takte verlaufen, bis wir tatsächlich realisieren, aha, wo wir sind, ja."
Wie Gauguin hat auch Debussy die Pariser Weltausstellung von 1889 maßgeblich inspiriert, sich den Kulturen fremder Länder zu widmen. Debussy beeinflusste Debussy vor allem das Klangbild eines javanischen Gamelan-Ensembles, dem er auf der Ausstellung zum ersten Mal begegnet war.
Die Maori-Gesänge erscheinen Segalen auch deshalb so reizvoll, weil sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als er in der Südsee ist, schon fast ausgestorben sind. Dafür macht Segalen die Ankunft der "Weißen" verantwortlich. Anfangs waren sie wohl von der süßlichen Musik begeistert, schreibt Segalen. Allen voran James Cook, der schon auf seiner zweiten Südseereise festgestellt hatte, dass die Musik für die Tahitianer von großer Bedeutung war:
"Sogleich werden sie von Liedern, Chorgesängen in genauen und komplexen Taktmaßen, unerwarteten Melodieführungen und verwirrenden Intervallen überflutet. Um sie herum schütteln sich Schultern, Oberkörper und Hüften. Wenn es ein Fest mit fröhlichem Zeremoniell ist, mischt und überstürzt sich alles."
Das kleine Buch über die Maori-Musik hat Victor Segalen dem Musiker Claude Debussy gewidmet. Beide waren befreundet und teilten ihre Begeisterung für fremdartige, atonale Klänge. Segalens Einfluss auf Künstler seiner Zeit sollte nicht unterschätzt werden. Bis heute ist kaum bekannt, dass er gemeinsam mit Debussy ein Libretto für eine Oper verfasste, die allerdings nie realisiert worden ist.
Einleitung: Der Begriff des Exotismus. Das Diverse.
Als erstes die Vorfragen klären. Alles was das Wort Exotismus an Missbrauchtem und Abgestandenem enthält, über Bord werfen. Es von seinen fadenscheinigen Kleidern befreien: von den Palmen und Kamelen, dem Tropenhelm, der schwarzen Haut und der gelben Sonne; bei der Gelegenheit mich auch jener entledigen, die diese mit einfältiger Redseligkeit benutzen. Also kein Bonnetain, kein Ajalbert, keinen Prospekt für Cooks Reisen und keine eiligen, wortreichen Reisenden... Oh Herkules, was für eine widerliche Vorarbeit!
Und dann sehr bald das Exotismusgefühl anführen und definieren, das letztlich nichts anderes ist als der Begriff des Anders-Seins, die Wahrnehmung des Diversen, das Wissen, dass etwas nicht das eigene Ich ist, und die Fähigkeit des Exotismus, das heißt die Fähigkeit, anders aufzufassen", schrieb Segalen in seinem Büchlein zur Ästhetik des Diversen, das Exotik hier durch die Abgrenzung vom Bekannten definiert. Exotik ist das Andere, das Fremde. Die Abhandlung ist bis heute nur wenigen bekannt und fragmentarisch geblieben.
Reisen in ferne Länder, Inspirationsquellen. Aneignung fremder Einflüsse. Neue Kunsterfahrungen.
Mario von Lüttichau: "Nolde hat ja Vasen bemalt, die er in Berlin im Völkerkundemuseum gefunden hat."
Im Museum fertigt er von vielen Skulpturen mehr als 120 Zeichnungen. Sie bilden später die Vorlage für viele exotische Stilleben, die Nolde nach seiner Rückkehr nach Deutschland malt. Über die Menschen in Neuguinea schreibt er:
"Sie waren wild, mit ihrem mächtigen Haar, mit ihrem Schmuck aus Muscheln und Bein an den Armen, um den Hals, oder in den Ohren hängend; manche hatten einen weißen krummen Knochen durch die Nase gesteckt. Kannibalen waren es, diese Menschen. Für uns Europäer ein unheimlicher Begriff. Wir schauten gebannt und standen gedrängt."
Nolde sieht den "Wilden" als edel und unverfälscht, als "eins" mit der Natur und "Teil vom ganzen All". 1912 will er über die "Kunstäußerungen der Naturvölker" sogar ein eigenes Buch schreiben. Zunächst malt Nolde das, was ihn in Neuguinea einfach fasziniert und ästhetisch gefällt: Menschen und Stillleben, erklärt Mario von Lüttichau:
Mario von Lüttichau: "Bei Nolde ist das eine völlig offene Geschichte. Er ist begeistert von diesen Motiven und malt eben Landschaften und stürmische Seen. Alles Mögliche, was er dort findet, und eben auch die Menschen, ja. Und die sind teilweise auch sehr lustig. Diese Palau-Jungs, wie die da sitzen, mit so großen runden Augen, wo er das Helle des Auges noch betont und die scheinen dann so raus und teilweise blau, das ist ganz verrückt, wie er das macht, aber mit Hingabe."
Einhundert Jahre vor Gauguins Aufbruch in die Südsee war schließlich in Paris der erste wissenschaftlich geleitete Zoo der Welt gegründet worden. Die sogenannte Ménagerie des Jardin des Plantes, an der Rive Gauche im 5. Arrondissement gelegen, wurde im Jahr 1793 gegründet. Im selben Jahr wurde der Beschluss gefasst, exotische Tiere entweder der Ménagerie von Versailles zu übergeben oder sie den Naturforschern des Jardin des Plantes zu überlassen, die die Tiere zu Forschungszwecken ausstopfen sollten. Entgegen der Bestimmung ließen die Wissenschaftler die Tiere am Leben.
"Es geht also nicht nur um ein exotisches Spektakel für die Öffentlichkeit, sondern wirklich auch um eine wissenschaftliche Fundierung der Zoologie wie auch der Paläontologie im Rahmen des Museums des arts national d´histoire naturelle. Es gab halt die Menagerie, und diese wissenschaftliche Einrichtung mit dem Museum, das war eigentlich der Punkt, wo wir in einem Botanischen Garten wirklich auch eine wissenschaftliche Institution verankert sehen. Das ist das, was diesen Jardin des Plantes so besonders macht einfach auch in der ganzen Geschichte für Zoologie und Paläontologie als ernsthafte Wissenschaften", sagt Isabel Hufschmidt, Provenienzforscherin am Museum Folkwang in Essen. Vor einiger Zeit hat sie die Darstellung von Tieren im Pariser Jardin des Plantes genauer untersucht.
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe
So müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
Und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
Sich lautlos auf-. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein."
"Einer, der ganz wichtig ist, ist glaub ich Otto Müller, dessen Herkunft, ähnlich wie bei Gauguin, rätselhaft ist. Es wird ja immer gesagt, seine Mutter wäre eine Zigeunerin gewesen. Sie kommt ja aus dem tiefen Schlesien und ist dem Exotischen sehr zugetan. Er liest sehr viel darüber und wird dann später auch der Zigeunermüller genannt. Der Zigeunermaler. Seit Anfang 18/19 beschäftigt er sich damit, mit den anders aussehenden Menschen. Er hat ja auch selber einen dunklen Teint gehabt, man hat ihn selber ja immer für einen Zigeuner gehalten er hat sich dann ja auch so angezogen."
Müller entwickelt einen ekstatischen Stil, ohne dabei scharfe Gesellschaftskritik zu üben. Das macht ihn selbst für seine Malerfreunde suspekt. Sein Aquarell "Zwischen Bäumen stehendes Mädchen" wird später von den Nationalsozialisten auf die Liste entarteter Kunst gesetzt.
"Ganz gleich, ob chinesisch-griechisch, exotisch-arisch, japanisch-europäisch oder französisch-deutsch. Es ist alles platte Kulturvermanschung."
Hatten sich die Vorreiter der Moderne für eine Auflösung der Gegensätze von Kulturen bemüht und die Einheit von Kunst und Leben heraufbeschworen, knüpfen die Nationalsozialisten bewusst wieder ein Band zur Vormoderne, in der sich die eigene Kultur durch Abgrenzung von fremden Kulturen verstand.
Harry Belafonte, Banana Boat Song bei Youtube
Jean-Marie Dumaine: "Kurz in Butter gebraten, mit Zucker, leicht karamellisieren, dann schön Crème Fraîche drauf, eine schöne Scheibe Allgäuer Emmentaler drauf, und das in den Backofen. Ein Hochgenuss. Einfach zu machen und gut."
"Es gibt diese Atolle für viele Menschen, die nachdenken. Die suchen Atolle. Also ich kann es heute umso mehr verstehen, dass Leute heute eben abhauen. Wie bei Künstlern. Heribert Ottersbach, in Leipzig glaub ich lehrt er, und oben in Schweden hat er irgendwo sein Atelier, auf dem Land. Raus. Ruhe. Das ist glaub ich das Wichtigste. Es ist ein bisschen exotisch. Aber ich würde es nicht so benennen. Ich würde es eher benennen als Flucht oder Tapetenwechsel."
Armando Merino: "Es gibt noch Platz heutzutage in der Zeit, wo wir mit unseren Handys alles so schnell bekommen. Da gibt es noch Platz, in ein Konzert zu gehen, um etwas Neues zu erleben. Man kann es mögen oder nicht mögen, verstanden oder nicht verstanden haben. Aber für mich das wichtigste ist vor allem, dass es uns bewegt. Und aufregt. Und das ist lebendig. Ich erlebe im Alltag nicht viel Lebendigkeit."
"Man kann an anderen Orten spielen, wo die Zuhörer viel näher sitzen. Die Zuhörer als Kollektive während der Aufführung, meine ich. Da ergibt sich eine Energie. Ich kann es nicht wirklich in Worte fassen, aber wenn das Publikum wirklich konzentriert zuhört und diese Hin- und Her-Kommunikation, du spürst das. Und bei mehreren Konzerten vom Konzertensemble Blauer Reiter, wir haben das immer wieder. Musik ist ein Zurück."
Je mehr sich die globalisierte Welt miteinander vernetzt, je mehr europäische und außereuropäische Kulturen miteinander verschmelzen, umso kleiner wird auch der Unterschied zwischen Wildnis und Zivilisation. Lebens- und Kulturräume nähern sich einander an. Der Mensch scheint all das zu beherrschen. Vielleicht ist es in Zukunft die Aufgabe der Kunst, neue Räume zu schaffen: Möglichkeits-Orte, in denen auch das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier neu ausgelotet wird. Die Sehnsucht nach exotischem Erleben hat ihren Reiz bewahrt. Marcel Proust, ein ästhetischer Grenzgänger mit viel Sympathie für exotische Genüsse formulierte es einmal so: "Die Sehnsucht lässt die Dinge blühen."