Dichterfürst und Bürgerschreck
Unter den "verruchten Dichtern", wie Paul Verlaine eine kleine Schar von Zeitgenossen nannte, war er selbst der größte. Von Jugend an nahm er Körper und Geist mit hemmungsloser Gründlichkeit in Anspruch. Der grünen Hexe Absinth hörig, soff er sich immer wieder außer Kontrolle.
Er war Muttersohn, Ehekrüppel, Hurenkumpel und Vagabund zwischen den Geschlechtern. Mal sanftmütig, mal entfesselt suchte er sich durchs Leben. Wegen eines in völliger Unzurechnungsfähigkeit begangenen Mordversuchs an seinem jungen, genialen Dichterfreund Arthur Rimbaud musste Verlaine für Jahre ins Gefängnis.
Hinter Gittern, in Kaschemmen - überall verfasste er wunderbare spinnwebfeine Verse, aber genauso virtuos Hardcore-Zeilen über homosexuelle Liebesakte. Früh schon bekam er Applaus für seine Lyrik.
Je mehr seine Verelendung zunahm und die Obrigkeit ihn mit Eifer als müßiggängerische und gefährliche Person bespitzelte, desto mehr wuchs sein Dichterruhm. Sein „Herbstlied“ kennt bis heute jeder Franzose. Es wurde vertont wie viele Poeme Verlaines. Eine begeisternde Auswahl hat der Countertenor Philippe Jaroussky auf einer Doppel-CD gesungen.