Der junge Johann Julier finanzierte sich selbst Sprech- und Schauspielunterricht, bevor er mit Wanderbühnen durch die Provinz tingelte. Mit 23 Jahren wurde Hans Moser 1903 dann an das renommierte Theater in der Josefstadt berufen, fiel jedoch vor allem wegen seines Aussehens und seiner Körpergröße von 1,57 Meter beim Publikum durch.
Es sollte Jahrzehnte dauern, bis Hans Mosers unverwechselbares Spiel Anerkennung erfuhr.
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Hans Mosers Anfänge als Schauspieler
"Schauspieler willst werden? Mit der Stimm' und der Figur?" ist die erste Reaktion des Vaters, als er erfährt, dass sein Sohn nach Abschluss einer Handelslehre zur Bühne will.
Die Kritik von Direktor Gutmayer - Leiter einer privaten Theaterschule - klingt ebenfalls alles andere als vielversprechend: "Talent haben S' keines, aber wenn S' wollen, können S' trotzdem bleiben!"
Moser darf bleiben – aus rein ökonomischen Überlegungen des Theaterschuldirektors. Den tatsächlichen Schauspielunterricht – parallel zu seiner Ausbildung zum Lederwarenhändler - erhält er dann von einem entfernten Verwandten, dem Hofschauspieler Josef Moser. Dieser ist als so genannter Episodist – als Kleindarsteller - am Burgtheater engagiert. Ihm zu Ehren wird Johann Julier wenig später den Künstlernamen Hans Moser annehmen.
Manchmal muss Hans Moser als Statist und Kulissenschieber einspringen, und ist sogar vertraglich verpflichtet, Theaterzettel auszutragen und seine Kostüme selbst mitzubringen. Doch er träumt davon, an die großen Bühnen in Wien, Berlin und Prag engagiert zu werden.
Der Wiener Schriftsteller und Kritiker
Anton Kuh hat den realistischen Esprit Mosers als erster festgehalten, als er schrieb, dass Moser sich in der "schlapfenden, rückenverbogenen, quetschstimmigen Erscheinung des proletarischen Wieners am wohlsten" fühle, und ihn "borstig und klassenbewusst" nannte, eine "magische Verknüpfung aus Hobellied und Achtstundentag".
1924 bekommt Hans Moser erstmals eine Rolle im Stummfilm
"Die Stadt ohne Juden" angeboten – ein Film, der auf dem zwei Jahre zuvor erschienenen,
gleichnamigen Roman von
Hugo Bettauer basiert. Aus heutiger Perspektive beweist die Handlung des Films eine geradezu prophetische Weitsicht in Bezug auf die Geschehnisse im Dritten Reich, die sich auch in den filmischen Bildern der Vertreibung der Juden widerspiegelt. Hans Moser spielt in der "Stadt ohne Juden" den Rat Bernard.
"Selbst im Stummfilm ist der Hans Moser eigentlich schon als Persönlichkeit ziemlich ausgeprägt: Sogar in der "Stadt ohne Juden", wo er einen ganz rabiaten Antisemiten spielt - ganz gegen das, was der Moser tatsächlich darstellt – und was der Moser eigentlich war. Moser war ja bekanntlich mit einer jüdischen Frau verheiratet. Aber selbst in diesem Film ist der Moser eigentlich schon der Moser." (Nikolaus Wostry)
Über Nikolaus Wostry
Nikolaus Wostry ist Geschäftsführer und Leiter des österreichischen Filmarchivs, in dem unter anderen auch zahlreiche Originalnegative von Filmen mit Hans Moser lagern. Er ist auch ein bekennender Moser-Fan.
Nur wenige Monate nach der Uraufführung am 25. Juli 1924 in Wien wird der Autor der Romanvorlage Hugo Bettauer von dem Nationalsozialisten Otto Rothstock in seinem Büro erschossen.
Hans Moser hatte eine eigenartige, individuelle, gewissermaßen privatsprachliche Art zu sprechen.
"Selbst wenn man aus Wien kommt, hat man mitunter Schwierigkeiten, Hans Moser zu verstehen - das liegt nicht nur am mitunter noch nicht ganz ausgereiften Tonsystems des frühen Tonfilms. Ein Theoretiker hatte von der Reanimalisierung der Sprache bei Hans Moser gesprochen, was interessant ist, weil er wirklich so etwas fast Impulsives, Instinktives hat, in dem, wie er spricht. In diesem Herausschießen von Silben und Satzteilen und Bedeutungsfragmenten steckt auch etwas Unbewusstes" (Stefan Grissemann)
Über Stefan Grissemann
Der österreichische Kulturjournalist und Filmkritiker Stefan Grissemann, der zwei Jahre nach Hans Mosers Tod auf die Welt kam, kennt den Schauspieler von der Leinwand und sieht in ihm einen bis heute unterschätzten Charakterdarsteller. Grissemanns persönlicher Lieblingsfilm ist der 1934 gedrehte Streifen: "Vorstadtvarieté – Die Amsel vom Lichtenthal": "In "Vorstadtvarieté spielt er eine Rolle, die ihn noch weiter herausfordert, nämlich eine, auch zu guten Teilen, böse Figur, einen sehr ordnungsfanatischen Vater eines netten Mädchens."
Das Theater, und vor allem der Tonfilm machen Hans Moser bald über die Grenzen Österreichs hinaus im deutschen Sprachraum populär.
Die Paraderolle des Dienstmanns
Hans Moser brachte wie kein anderer Schauspieler den typischen Österreicher zum Ausdruck. Mit seiner kauzigen Art, dem schief verhatschten Gang einer Proletarier-Schildkröte, seinem G’schau – wie die Wiener den Gesichtsausdruck nennen - und dem berühmten Nuscheln verkörperte er den hierzulande gängigen Eigensinn und die unbestechliche Souveränität des kleinen Mannes.
In der Verwechslungskomödie
"Hallo Dienstmann" (1951) rund um einen echten sowie einen falschen Dienstmann spielt neben Hans Moser der ebenso grandiose Schauspieler
Paul Hörbiger, der die Idee für das Drehbuch hatte. Der Film ist eine Reminiszenz auf Hans Mosers berühmten Sketch "Der Dienstmann" aus den 1920er-Jahren.
"Die haben ja sehr viele Filme miteinander gedreht – das war ja eine Traumpaarung: Hans Moser und Paul Hörbiger, die so gegensätzlich waren - äußerlich - haben sich so wunderbar ergänzt, als zwei Wiener Typen, jeder für sich einzigartig: Paul Hörbiger war der Grandseigneur und Hans Moser hat im wahrsten Sinne des Wortes den kleinen Mann gespielt." (Georg Markus)
Über Georg Markus:
Georg Markus, Jahrgang 1951, der einige Biografien über Hans Moser verfasst hat. Er ist Journalist und Buchautor.
Die Handlung: Der Wiener Musikprofessor Ferdinand Godai – gespielt von Paul Hörbiger - geht als Dienstmann verkleidet auf einen Maskenball, der bis in die frühen Morgenstunden dauert. Nach Ende des Balls wechselt der immer noch als Dienstmann verkleidete und vom Alkohol illuminierte Professor mit seinen Freunden zum Frühschoppen in ein nahes Bahnhofslokal. Dort wird er von dem echten Dienstmann Anton Lischka – dargestellt von Hans Moser – fälschlicherweise als Kollege erkannt und um Hilfe gebeten - sehr zum Amüsement der gut aufgelegten Gesellschaft des verkleideten Professors.
Im Lurion, einem Kaffeehaus und Vergnügungslokal mit Salonkapelle, ist Hans Moser 1922 in
Ludwig Hirschfelds Groteske "Doppelpunkt" mit seinem Dienstmann-Sketch zu sehen - eine Rolle, die ab diesem Zeitpunkt zu einem festen Bestandteil von seinen Soloprogrammen wird. Moser hat endlich sein Markenzeichen gefunden. 1923 tritt Moser schließlich im Ronacher auf, in Wiens damals renommiertestem Varieté. Der Titel der Ausstattungsrevue von Altmeister
Karl Farkas: "Gib acht!". Die Kritik zeigt sich begeistert:
"Eine Überraschung ist Hans Mosers Leistung. Dieser Episodist, dessen nun so seltene Begabung ganz im Wiener Volkstum wurzelt, hat in der Figur eines Dienstmannes und in einer sehr heiteren und witzigen Szene als Pompes funebres - Arrangeur Gelegenheit, sein noch immer viel zu wenig gewürdigtes Talent zu zeigen."
Ab 1926 gibt Moser den so genannten Dritten-Akt-Komiker in Operetten, eine Kleinstrolle auf der großen Bühne des Theaters an der Wien, wie etwa jene des Billeteurs in der Musikkomödie "Der Orlow".
"Das war die große Zeit der silbernen Operette in den 20er-Jahren, und da hat der Direktor Hubert Marischka erkannt, dass Hans Moser der Dritte-Akt-Komiker schlechthin ist. Also im dritten Akt jeder Operette gab’s immer eine Komiker-Rolle. Und für die war also Hans Moser prädestiniert." (Georg Markus)
Im
Theater an der Wien soll ihn – so wird es erzählt – der österreichische Theaterproduzent
Max Reinhardt entdeckt und 1925 als Vorwitz in Hugo von Hofmannsthals "Das Große Salzburger Welttheater" für die Salzburger Festspiele engagiert haben.
Im Juni 1927 übernimmt er in Reinhardts Berliner Inszenierung von George Watters' und
Arthur Hopkins' Stück "Artisten" an der Komödie am Kürfürstendamm die Rolle des Inspizienten Jimmy. Max Reinhardt ist glücklich, weiß er doch, dass er einen Typ wie Moser auf der Bühne braucht. Zwar nicht in einer tragenden Hauptrolle, aber als einer, der eine noch so kleine Nebenrolle aufzuputzen vermag, und ihr zu menschlichem Glanz verhelfen kann. Zur gleichen Zeit steht Moser allerdings noch am Theater an der Wien unter Vertrag, sehr zum Ärger von Max Reinhardt. Die deutsche Presse überschlägt sich jedenfalls in Lobeshymnen:
"Hans Moser, von Max Reinhardt für "Artisten" verpflichtet, gastiert ab heute im Kabarett der Komiker. Dieser geniale Künstler ist als Solist im Kabarett gleichwertig dem großen Komiker Karl Valentin. Sein Auftreten bedeutet die Sensation der Sommerspielzeit."
Hans Moser und die Nationalsozialisten
Hans Moser (links) und Heinz Rühmann (rechts) in dem Film "Der Mann, von dem man spricht" aus dem Jahr 1937.© imago stock&people
"Es ist ganz klar: Diktaturen haben generell ein großes Interesse an der Propaganda, der Film als das wichtigste, als das Leitmedium dieser Zeit war natürlich besonders im Fokus der Machthaber - und wurde entsprechend gefördert. Es hat zwar Versuche gegeben, auch noch während des Autofaschismus mit der Machtübernahme durch Hitler 1933 eine Filmproduktion aufzubauen, die quasi am deutschen Markt vorbei produziert, um jüdischen Filmschaffenden eine Möglichkeit zu geben, noch im Film tätig zu werden. Diese Produktion war aber unter ganz prekären Bedingungen eigentlich zum Scheitern verurteilt. Und das bewirkt etwas, was in anderen Ländern nicht so stark war: Der Druck vor dem Anschluss war bereits so groß, dass im Grunde genommen der Anschluss sich schleichend vollzogen hat, und der Arier-Paragraf de facto in der österreichischen Filmindustrie bei den Schauspielern und bei den Kameraleuten usw. durchgesetzt war." (Nikolaus Wostry)
März 1938. Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich hat sich auch die Wien-Filmproduktion dem Diktat der Nationalsozialisten zu unterwerfen. So wird
Karl Hartl, Direktor der Wien Film von 1938 bis 1945, angewiesen,
"mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass in den Filmen der Wiener Dialekt oder der Dialekt der Alpen- und Donaugaue so abgestimmt wird, d. h. dem in Deutschland allgemein verständlichen Schrift- und Hochdeutsch angepasst wird, dass die Filme dem deutschen Publikum aller Stämme verständlich bleiben."
Hans Moser soll in Filmen den Typus eines unsympathischen Nörglers verkörpern, macht jedoch dem Propagandaministerium einen gehörigen Strich durch die Rechnung, erzählt der Kolumnist und Schriftsteller Georg Markus:
"Das war ja der ursprüngliche Plan, dass Hans Moser diese unsympathischen, faulen Ostmärker, wie man die Österreicher in dieser Zeit genannt hat, darstellen sollte. Es sollte eine Figur sein, die der Deutsche nicht mag, die er ablehnt. Es ist das Gegenteil passiert: Diese Figur war den Menschen, nun auch den Deutschen, nicht unsympathisch, sondern, ganz im Gegenteil, er wurde zu einem Sympathieträger. Und das war den Nazis eigentlich gar nicht so recht. Sie wollten die Österreicher eher so als faule Leute darstellen, die also nicht so anpacken wie die Deutschen." (Georg Markus)
Herbst 1941. Zu diesem Zeitpunkt steht der damals bereits 61-jährige Hans Moser ganz oben in der Beliebtheitsskala des Publikums, ja selbst Adolf Hitler hat einen Narren an ihm gefressen. In dem Jahr, als die deutsche Filmkomödie
"Wir bitten zum Tanz" (1941) mit Hans Moser unter der Regie des österreichischen Schauspielers, Operettensängers und Drehbuchautors
Hubert Marischka gedreht wird, ordnet Heinrich Himmler die Errichtung des Konzentrationslagers Auschwitz an. Adolf Hitler und Benito Mussolini treffen sich am Brennerpass und vereinbaren die militärische Allianz gegen Frankreich und Großbritannien. In dieser hochbrisanten Zeit kommt das rührselige Walzerstück, dem die deutsche Filmprüfstelle das Prädikat "volkstümlich wertvoll" verleiht, gerade zur rechten Zeit.
Privat war es für Moser eine sehr schwierige Zeit. Denn seine Frau Blanca Moser - nach den Nürnberger Gesetzen "Volljüdin" - emigriert 1939 über Zürich nach Budapest, wo sie nach der Besetzung Ungarns durch deutsche Truppen in großer Gefahr schwebt. Margarete Hasdeu, die gemeinsame Tochter von Hans und Blanca Moser, flieht mit ihrem Mann nach Bukarest, bevor beide gemeinsam über Paris nach Buenos Aires emigrieren. Warum Moser trotz der erzwungenen Trennung von Frau und Tochter in Österreich beziehungsweise Deutschland bleibt, erklärt er nach dem Krieg so:
"Ich habe mich auf den Standpunkt gestellt, ich kann für die Blanca nur dann sorgen, wenn ich arbeite und Geld verdiene. Hätte ich hier alles hingeschmissen und wäre ins Ausland gegangen, ich hätte ihr finanziell nicht helfen können. Und dass die Barbarei einmal vorbei ist, daran habe ich fest geglaubt."
Moser nach dem Zweiten Weltkrieg
Willy Millowitsch, Hans Moser und Peter Alexander stehen 11.10.1961 vor dem Kölner Dom.© picture alliance / dpa / Heinz Ducklau
Auch nach Kriegsende setzen viele Regisseure auf das Zugpferd Hans Moser - ein Garant für volle Kinosäle, vom Publikum geliebt und verehrt.
Ab Juni 1954 spielt Hans Moser so am Wiener Burgtheater in Arthur Schnitzlers
"Liebelei", ein dramatisches Schauspiel, das die Problematik der außerehelichen Beziehung und jener der Standesunterschiede auf die Bühne bringt. Hans Moser verkörpert den liebevollen Vater Hans Weiring und begeistert mit seiner Darstellung Kritik und Publikum gleichermaßen. Die "Arbeiterzeitung" schrieb über die Aufführung
"Aus dieser Tragödie kein theatralisches Schauspiel, sondern ein menschliches Erleiden gemacht zu haben, ist das Verdienst zweier Schauspieler, Hans Moser und Inge Konradi meiden die falschen Töne."
"Wie ich das hohe Alter spiele. Ich war immer der Lieblingsschauspieler von allen. Wenn ich auftrete, stehen sogar die Beleuchter und Garderobieren hinter der Bühne und haben Tränen in den Augen, ach was, solche Patzen, Niagarafälle. So ergriffen sind sie. Und die Leute toben." (Erwin Steinhauer in "Moser oder Die Passion des Wochenend-Wohnzimmergottes")
"Seine Größe lag nicht in der Verstellung, sondern darin, dass er immer er selbst war. Er hat eigentlich eine relativ geringe Bandbreite gehabt, aber innerhalb dieser Bandbreite war er so einmalig, dass er eben "der Moser" war, der unersetzlich ist." (Georg Markus)
Hans Moser, der 1961 bereits in seinem 82. Lebensjahr steht, kehrt an das Theater in der Josefstadt zurück. Diesmal nicht in einer Nebenrolle. Moser spielt in Johann Nestroys kraftvoll-revolutionärer Posse
"Höllenangst" den weinseligen Schuhmacher Pfrim, dessen Sohn Wendelin einen Pakt mit dem vermeintlichen Teufel schließt. Bereits bei seinem ersten Auftritt in der zweiten Szene erntet Publikumsliebling Hans Moser Applaus. Der Schauspieler
Peter Matic – damals gerade mal 24 Jahre alt – steht in der Rolle eines Bediensteten zum ersten Mal mit dem 81-jährigen Hans Moser auf der Bühne. An die damaligen Proben kann er sich noch gut erinnern:
"Da ist dieser klein gewachsene Mensch auf die Bühne gekommen. Und er war immer im Fokus. Es haben alle Leute auf ihn geschaut, auf ihn gewartet. Und haben ihn geliebt. Er hat auch in dieser "Höllenangst" sehr oft Sätze eingebracht, die nicht bei Nestroy stehen, aber die einfach so gut gepasst haben, vor allem so gut für ihn gepasst haben, dass er das einfügen konnte, ohne Störung, nein zur Begeisterung von allen."
Mosers Wirken beschäftigte auch nachfolgende Schauspielergenerationen: Am 5. Februar 2010 fand im Theater der Josefstadt die Uraufführung von
"Moser oder Die Passion des Wochenend-Wohnzimmergottes" statt, ein Stück aus der Feder des österreichischen Dramatikers
Franzobel. In dem Stück, das schon vor der Aufführung die Emotionen hochschaukelt – in einer Szene wirft sich Blanca, die jüdische Frau Hans Mosers, schamlos an den Hals von Hitler - spielte
Erwin Steinhauer den alten Hans Moser und
Sandra Cervik seine Frau Blanca. Franzobel sah das Stück gewissermaßen als ein Gedankenexperiment, das er gewollt zuspitzte und mit dem er bewusst provozierte. Hans Moser selbst hat ihn bereits in seinen Jugendtagen begleitet.
"An jedem Wochenende hat man samstags Hans-Moser-Filme gesendet. Die waren so ein bisschen das Alternativprogramm zu Laurel&Hardy oder Charlie Chaplin. Und das war für mich schon eine Stufe weniger interessant, weil diese Hans-Moser-Filme doch irgendwie den Status quo bestätigt haben, eigentlich immer so eine liebliche Idylle hatten. Es ging ums Heiraten. Und der Moser war immer ein Grantler, der auch meistens nur eine kleine Rolle gespielt hat. Von 95 Prozent all diese Komödien, da hat’s nie eine große Verunsicherung meines Weltbildes gegeben. Interessant ist es für mich geworden, als ich ein bisschen über seine Biografie erfahren habe, wie ich gemerkt habe, dass er irgendwie doch nicht so ein leichtes Leben hatte."
Hans Moser im Sommer 1961 in Salzburg.© dpa/Gerhard Rauchwetter
Hans Moser stirbt am 19. Juni 1964 – kurz nach seinem letzten Auftritt – an Alterskrebs und wird auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. 5.000 Wienerinnen und Wiener erweisen ihm die letzte Ehre. Auch seine Frau Blanca Moser. Nur Mosers Tochter Grete fehlt: Die Mutter hatte ihre in Argentinien lebende Tochter nicht vom Tod des geliebten Vaters verständigt. Der Grund war ein tiefgehender Streit zwischen Mutter und Tochter, erzählt der Mosers Biograf Georg Markus:
"Die Blanca Moser hatte während ihrer Ehe – obwohl es eine sehr gute Ehe war - einen Liebhaber. Und die Tochter hat dann diesen Liebhaber geheiratet. Der hieß Hasdeu und war ein Argentinier. Grete Moser ist ja nach Argentinien emigriert, weil sie durch ihre Mutter sogenannte Halbjüdin war, und hat in Argentinien diesen Mann dann geheiratet, der eigentlich der Hausfreund der Mutter war. Und das dürfte die Mutter ihr nie verziehen haben. Seither waren sie spinnefeind. Und die Witwe hat ihre Tochter enterbt, ihre und Hans Mosers Tochter gegen den Willen von Hans Moser. Und nach dem Tod der Witwe 1974 musste die Tochter vor Gericht um ihr Erbe kämpfen. Diese Tochter hat 15 Jahre in Argentinien in ziemlicher Armut gelebt. Und hat dann vom Gericht nach 15 Jahren ungefähr 12 Millionen Schilling zugesprochen bekommen. Und ist kurz danach gestorben, das heißt, sie hat nie von dem Erbe ihres Vaters etwas gehabt."
Produktion dieser Langen Nacht:
Autor: Nikolaus Scholz, Regie: Nikolaus Scholz, Redaktion: Dr. Monika Künzel, Webproduktion: Jörg Stroisch
Über den Autor:
Nikolaus Scholz ist Hörfunkjournalist für den ORF in Österreich. Er ist Sendungsmacher bei Ö1; arbeitet als Regisseur und Autor auch für den Deutschlandfunk/Deutschlandfunk Kultur.