Eine Lichtgestalt des Widerstandes
Er war einer der prominentesten Dissidenten der Sowjetunion: der Verfasser des "Archipel GULAG", Alexander Solschenizyn. Vor 35 Jahren wiesen die Machthaber im Kreml den Schriftsteller und Nobelpreisträger aus der Sowjetunion aus. Heinrich Böll hatte sich bereit erklärt, den Regimekritiker in seinem Haus in Langenbroich aufzunehmen.
"Sie verstehen, ich bin sehr müde, und ich bin besorgt wegen meiner Familie. Ich muss telefonieren nach Moskau. Nur heute, am Morgen, ich war im Gefängnis."
Alexander Solschenizyn vor dem Haus des Schriftstellers Heinrich Böll in Langenbroich in der Eifel. Wie ein Paket haben die Sowjetischen Behörden den Nobelpreisträger am 13. Februar 1974 in ein Flugzeug verfrachtet und nach Frankfurt geschickt.
Solschenizyn war allein gekommen, seine Familie, die Frau und die drei Söhne waren als politisches Pfand in Moskau zurückgehalten worden. Offensichtlich wollte man verhindern, dass der prominenteste Dissident der Sowjetunion sofort nach seiner Ankunft im Westen eine Kampagne starten würde. Und zunächst tat Solschenizyn auch, was von ihm erwartet wurde.
"Deswegen danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich weiß, dass Sie hier sehr lange waren. Sie verstehen meine Situation, ich kann jetzt nicht auf Ihre Fragen antworten und einzelnen Korrespondenten werde ich keine Interviews geben, nicht jetzt und auch nicht morgen."
Der Beschluss zu seiner Deportation war im Politbüro der KPdSU gefallen, in dem es allerdings auch Stimmen gab, die für ein hartes Durchgreifen plädiert hatten. Moskau hat dann bei mehreren Staaten insgeheim vorgefühlt, ob diese bereit seien, ihn ohne Aufsehen aufzunehmen. Dass schließlich die Bundesrepublik dafür ausgewählt wurde, lag auch daran, dass Heinrich Böll, der mit vielen sowjetischen Kollegen eng befreundet war und in der Sowjetunion als Autor hohes Ansehen genoss, Solschenizyn beherbergte.
Es war dann auch Böll, der in Langenbroich vor der versammelten Presse darauf hinwies, welche Tragik es - zumal für einen Schriftsteller - bedeutet, seine Heimat verlassen zu müssen.
"Vergessen Sie nicht, dass ein Mensch gezwungen ist, seine Heimat zu verlassen, eines der bittersten Schicksale."
Nur ein einziges Buch von Solschenizyn hatte in der Sowjetunion erscheinen können. Die Literaturzeitschrift "Novy Mir" unter ihrem Chefredakteur Alexander Twardowski hatte es auf dem Höhepunkt der "Tauwetterperiode" 1962 zu drucken gewagt, ausdrücklich mit der Zustimmung von Nikita Chruschtschow. "Ein Tag im Leben des Ivan Denissowitsch" ist ein kleiner Roman, eigentlich eine Novelle, in dem Solschenizyn zweifellos sein eigenes Schicksal als Häftling in einem sibirischen Lager beschreibt und in dem er das Schweigen über das stalinistische Lagersystem in der Sowjetunion bricht.
Doch nach dem Sturz von Chruschtschow endete diese kurze Zeit kultureller Freizügigkeit und die folgenden Bücher Solschenizyns, vor allem die Romane "Der erste Kreis der Hölle" und "Krebsstation", mussten bereits im Ausland gedruckt werden. 1973 schließlich erschien der erste seiner, auf mehrere Bände angelegten Dokumentation über das Terrorregime der Sowjetunion, der "Archipel GULAG" - ein epochales historisches Werk, das Solschenizyn mit einem Schlag weltberühmt machte.
Er schreibt von nun an keine Romane mehr, sondern wird zu einer einmaligen Figur im intellektuellen Leben seines eigenen Landes und vielleicht sogar der ganzen Welt. Viktor Jerofejew, einer der großen russischen zeitgenössischen Autoren hat diese Rolle anlässlich des Todes von Solschenizyn im vergangenen Jahr beschrieben.
"Er stellt eine Legierung aus Schriftsteller und öffentlicher Person dar, aus Kritiker und Regimeopfer, aus Subjekt und Objekt der russischen Geschichte."
1994 kehrt Solschenizyn in einem Triumphzug nach Moskau zurück. Aber eine vergleichbare Rolle, gar einen politischen Einfluss erlangt er nicht mehr.
Solschenizyn, der als eine Lichtgestalt des Widerstandes gegen die kommunistische Diktatur im kleinen Dorf Langenbroich in der Eifel angekommen war, erlitt nach seiner Rückkehr das Schicksal eines Propheten, dessen Botschaften niemand mehr hören wollte.
Ob er ein großer russischer Schriftsteller gewesen ist, der an der Seite von Dostojewskij und Tolstoi in die Literaturgeschichte eingeht, wird von vielen, auch in Russland, bezweifelt. Aber seine historische Rolle steht gleichwohl fest, so wie sie der Kollege Jerofejew in seinem Nachruf beschrieben hat:
"Dank seines 'Archipel GULAG' wird er immer einen der großen Helden der russischen Geschichte bleiben."
Alexander Solschenizyn vor dem Haus des Schriftstellers Heinrich Böll in Langenbroich in der Eifel. Wie ein Paket haben die Sowjetischen Behörden den Nobelpreisträger am 13. Februar 1974 in ein Flugzeug verfrachtet und nach Frankfurt geschickt.
Solschenizyn war allein gekommen, seine Familie, die Frau und die drei Söhne waren als politisches Pfand in Moskau zurückgehalten worden. Offensichtlich wollte man verhindern, dass der prominenteste Dissident der Sowjetunion sofort nach seiner Ankunft im Westen eine Kampagne starten würde. Und zunächst tat Solschenizyn auch, was von ihm erwartet wurde.
"Deswegen danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich weiß, dass Sie hier sehr lange waren. Sie verstehen meine Situation, ich kann jetzt nicht auf Ihre Fragen antworten und einzelnen Korrespondenten werde ich keine Interviews geben, nicht jetzt und auch nicht morgen."
Der Beschluss zu seiner Deportation war im Politbüro der KPdSU gefallen, in dem es allerdings auch Stimmen gab, die für ein hartes Durchgreifen plädiert hatten. Moskau hat dann bei mehreren Staaten insgeheim vorgefühlt, ob diese bereit seien, ihn ohne Aufsehen aufzunehmen. Dass schließlich die Bundesrepublik dafür ausgewählt wurde, lag auch daran, dass Heinrich Böll, der mit vielen sowjetischen Kollegen eng befreundet war und in der Sowjetunion als Autor hohes Ansehen genoss, Solschenizyn beherbergte.
Es war dann auch Böll, der in Langenbroich vor der versammelten Presse darauf hinwies, welche Tragik es - zumal für einen Schriftsteller - bedeutet, seine Heimat verlassen zu müssen.
"Vergessen Sie nicht, dass ein Mensch gezwungen ist, seine Heimat zu verlassen, eines der bittersten Schicksale."
Nur ein einziges Buch von Solschenizyn hatte in der Sowjetunion erscheinen können. Die Literaturzeitschrift "Novy Mir" unter ihrem Chefredakteur Alexander Twardowski hatte es auf dem Höhepunkt der "Tauwetterperiode" 1962 zu drucken gewagt, ausdrücklich mit der Zustimmung von Nikita Chruschtschow. "Ein Tag im Leben des Ivan Denissowitsch" ist ein kleiner Roman, eigentlich eine Novelle, in dem Solschenizyn zweifellos sein eigenes Schicksal als Häftling in einem sibirischen Lager beschreibt und in dem er das Schweigen über das stalinistische Lagersystem in der Sowjetunion bricht.
Doch nach dem Sturz von Chruschtschow endete diese kurze Zeit kultureller Freizügigkeit und die folgenden Bücher Solschenizyns, vor allem die Romane "Der erste Kreis der Hölle" und "Krebsstation", mussten bereits im Ausland gedruckt werden. 1973 schließlich erschien der erste seiner, auf mehrere Bände angelegten Dokumentation über das Terrorregime der Sowjetunion, der "Archipel GULAG" - ein epochales historisches Werk, das Solschenizyn mit einem Schlag weltberühmt machte.
Er schreibt von nun an keine Romane mehr, sondern wird zu einer einmaligen Figur im intellektuellen Leben seines eigenen Landes und vielleicht sogar der ganzen Welt. Viktor Jerofejew, einer der großen russischen zeitgenössischen Autoren hat diese Rolle anlässlich des Todes von Solschenizyn im vergangenen Jahr beschrieben.
"Er stellt eine Legierung aus Schriftsteller und öffentlicher Person dar, aus Kritiker und Regimeopfer, aus Subjekt und Objekt der russischen Geschichte."
1994 kehrt Solschenizyn in einem Triumphzug nach Moskau zurück. Aber eine vergleichbare Rolle, gar einen politischen Einfluss erlangt er nicht mehr.
Solschenizyn, der als eine Lichtgestalt des Widerstandes gegen die kommunistische Diktatur im kleinen Dorf Langenbroich in der Eifel angekommen war, erlitt nach seiner Rückkehr das Schicksal eines Propheten, dessen Botschaften niemand mehr hören wollte.
Ob er ein großer russischer Schriftsteller gewesen ist, der an der Seite von Dostojewskij und Tolstoi in die Literaturgeschichte eingeht, wird von vielen, auch in Russland, bezweifelt. Aber seine historische Rolle steht gleichwohl fest, so wie sie der Kollege Jerofejew in seinem Nachruf beschrieben hat:
"Dank seines 'Archipel GULAG' wird er immer einen der großen Helden der russischen Geschichte bleiben."