Amr Hassan Cheheltan: "Eine Liebe in Kairo"

    Verlorene Liebesmüh

    05:42 Minuten
    Das Cover zeigt ornamentale Blumenmuster, auf denen Autorenname und Buchtitel abgedruckt sind.
    © C.H. Beck

    Amir Hassan Cheheltan

    Aus dem Persischen von Jutta Himmelreich

    Eine Liebe in KairoC.H.Beck, München 2022

    380 Seiten

    25,00 Euro

    Von Ingo Arend |
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    Ein iranischer Botschafter in heikler Mission: Er soll die Ehefrau des Schahs aus Ägypten zurückholen und verliebt sich selbst in eine zum Islam konvertierte Jüdin. Im Gewand einer Amour fou entschlüsselt dieser Roman die Wurzeln des Nahost-Konflikts.
    Cholera in der Stadt, ein blutiger Krieg tobt rings um das Land. Die Lage, auf die der iranische Botschafter in Ägypten trifft, als er im Oktober 1947 in dessen Hauptstadt seinen Dienst antritt, erinnert verdächtig an heute.
    „Eine Liebe in Kairo“, der siebte Roman des 1956 geborenen Schriftstellers Amir Hassan Cheheltan, dessen Bücher in seiner Heimat fast alle nicht erscheinen dürfen, spielt zum ersten Mal nicht im Iran und seiner Hauptstadt Teheran.
    Die heikle Mission des Botschafters: Er soll Königin Fausia, Ehefrau von Schah Reza Pahlavi, zurück in das Kaiserreich holen. Die junge, bildhübsche Monarchin ist an den Hof ihres Bruders Faruk geflüchtet, des berüchtigten ägyptischen „Playboy“-Königs, der 1965 während eines Festessens im Exil in Rom starb.
    Fausia will sich unbedingt vom Schah scheiden lassen, der Botschafter soll sie umstimmen. Zugleich soll er dafür sorgen, dass die sterblichen Überreste des Vaters des Schahs nach Teheran zurück überführt werden.

    Heikle Mission

    Das historische Personal und der Kontext sind verbürgt, der namenlose Diplomat ist erfunden. Es entspannt sich ein monatelanges Tauziehen in Gestalt endloser, nichtssagender Audienzen, Gespräche und Intrigen.
    Trotz der historischen Kulisse und versteckter politischer Botschaften ist „Eine Liebe in Kairo“ mehr als nur ein Geschichtsroman. Vielmehr lässt er sich auch als Parabel auf eine unerreichbare Einheit lesen – politisch wie persönlich.
    Während seiner Mission verfolgt der Botschafter aus der sicheren Entfernung der mondänen ägyptischen Hauptstadt die Kämpfe zwischen den Paramilitärs des jüdischen Untergrunds und den Armeen der zerstrittenen Arabischen Liga beim Kampf um Palästina.
    Die Ehe zwischen dem iranischen Kaiser und der ägyptischen Prinzessin will er auch deswegen retten, weil er sie als „wegweisendes Zeichen für die politische Einheit und Verständigung der muslimischen Welt“ sieht.
    Diesen Strang der Geschichte parallelisiert Cheheltan mit einem intimen: So wie der Botschafter auf politische Tuchfühlung mit Ägypten geht, nähert er sich erotisch der schönen Sakineh an.
    Die amerikanische Jüdin, die zum Islam übergetreten ist und mit einem ältlichen indischen Philosophen verheiratet ist, hat er 15 Jahre zuvor in Paris gelernt. In Kairo trifft er sie unerwartet wieder. Ihre nie richtig ausgesprochene Liebe erwacht.

    Öffnung einer Innenwelt

    Dem hart gesottenen Realpolitiker, ein polyglotter Lebemann mit Hang zu flüchtigen Liebschaften, öffnet sie plötzlich „eine Innenwelt, ein Universum, das in starkem Kontrast zu seiner Außenwelt stand“. Er sieht sich vor eine schicksalhafte Entscheidung gestellt.
    „Literatur und Politik beruht immer auf zwei Säulen: Politik und Erotik“. Wohl in keinem seiner Romane hat Amir Hassan Cheheltan seine ästhetische Maxime derart in Reinkultur verfolgt wie in „Eine Liebe in Kairo“.
    Mit dieser Mischung reagiert Cheheltan nicht nur auf die iranische Zensur, die genau das verbietet. Auch wenn er in seinem neuen Werk mitunter etwas zäh erzählt, beweist er, dass sich damit sogar eine metaphysische Ebene erreichen lässt.
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