Eine neue Klasse von Sammlern in Lateinamerika
Die Messe arte BA in Buenos Aires, die auf zeitgenössische Kunst spezialisiert ist, legt Wert auf ihre stetig wachsende internationale Ausstrahlung. Fast die Hälfte der Galerien kommt inzwischen aus dem Ausland, vor allem aus Lateinamerika.
Ein mit Solarzellen besetzter Drachen und andere hängende Strukturen des argentinischen Künstlers Tomas Saraceno. Fröhliche, farbintensive Collagen von Fernanda Laguna, Kult-Künstlerin aus Buenos Aires. Und schwebende Installationen aus gebogenen Stahlbeton-Stangen der Dänin Sophie Erlund. Gesehen bei einem Bummel über die Kunstmesse arte BA in Buenos Aires, im internationalen Galerien-Projekt U-Turn. Zwölf Galerien für zeitgenössische Kunst wurden in diesem Jahr wieder in den U-Turn eingeladen, darunter drei aus Deutschland. Erstmals dabei: Esther Schipper aus Berlin, die auch zum ersten Mal an einer Kunstmesse in Lateinamerika teilnimmt:
"Es war sehr gut bis jetzt. Es gibt ja einige Sammler, die wir bereits kannten, weil die entweder öfter in Berlin waren oder uns auf anderen internationalen Messen besucht haben. Insofern war das jetzt nicht ganz so unbekannt."
Dass Esther Schipper mit Werken von Tomas Saraceno vertreten ist, der in Berlin arbeitet, aber auch in seinem Heimatland bekannt ist, erleichtert ihr den Zugang zum argentinischen Publikum. Die Berlinerin Sabine Schmidt ist mit ihrer Galerie PSM bereits zum dritten Mal bei arte BA, und hat in Buenos Aires schon einen festen Kundenstamm. Neben den Altstahl-Kronleuchtern von Sophie Erlund hat sie abstrakte Gemälde des US-Amerikaners Daniel Jackson mitgebracht. Genauer gesagt, die Künstler haben ihre Arbeiten in Buenos Aires produziert – denn die Einfuhr von Kunst nach Argentinien ist teuer:
"Das ist im Endeffekt für uns günstiger, weil wir eben diese hohen Transportkosten nicht haben, und für die Künstler zusätzlich noch die tolle Erfahrung, hier in Buenos Aires sein zu können. Es ist leichter, den Künstler einzufliegen, und ihn vor Ort arbeiten zu lassen. Und die Messe hat uns sehr unterstützt, hat sich um Studios gekümmert, dass die Künstler hier eben auch die nötigen Materialien und Räume haben, um hier arbeiten zu können."
Die Messe arte BA, vor zwei Jahrzehnten gegründet und seit zehn Jahren auf zeitgenössische Kunst spezialisiert, legt Wert auf ihre stetig wachsende internationale Ausstrahlung. Fast die Hälfte der Galerien kommt inzwischen aus dem Ausland, vor allem aus Lateinamerika. Mit durchschnittlich 120.000 Besuchern gehört arte BA zu den bestbesuchten Kunstmessen überhaupt. Darunter sind viele Neugierige, aber auch eine immer größer werdende Gruppe von Sammlern aus Argentinien. Alec Oxenford, der neue Präsident von arte BA:
"Der Kunstmarkt ist in Argentinien sehr gewachsen. Es gab hier schon seit langem ein paar Weltklasse-Sammlungen, aber diese Sammler interessierten sich nicht für zeitgenössische Kunst. Doch seit sechs, sieben Jahren kauft eine neue Generation jüngerer Sammler genau diese Kunst. Auch, weil sie noch ziemlich preiswert ist. Inzwischen gibt es hier fünf, sechs interessante Sammlungen zeitgenössischer argentinischer Kunst."
Eine gehört Alec Oxenford selbst, einem erfolgreichen argentinischen Jungunternehmer. Vor sechs Jahren wurde der 44-Jährige zum Sammler, inzwischen besitzt er rund 230 Gemälde, Collagen, Installationen und Fotografien:
"”Argentinien bringt, wie in allen anderen Künsten, auch in der bildenden Kunst hohe Qualität hervor. Nur sind viele unserer Künstler noch nicht bekannt. Dadurch ist unser Kunstmarkt noch wesentlich günstiger als etwa der von Mexiko oder Brasilien, wo drei bis vier Mal so hohe Preise erzielt werden. ""
arte BA-Chef Alec Oxenford glaubt, dass die zeitgenössische Kunst aus seiner Heimat den Stempel "gut, aber günstig" bald verlieren könnte, da sie im Ausland immer präsenter werde. Ein Beispiel: die jüngsten Ausstellungen von Jorge Macchi und Xul Solar in New York. Und erstmals war in diesem Jahr ein Kurator der Londoner Tate Gallery auf der Messe von Buenos Aires unterwegs. Besonders interessant: sein Einkaufsbudget von knapp 20.000 Euro stellte nicht das Museum zur Verfügung, sondern das Geld spendeten argentinische Sammler. Der Kurator der Tate ist José Roca aus Kolumbien – einem Land mit ähnlich lebendiger Kunstszene und wachsender Sammlerschaft wie Argentinien:
"In Kolumbien gab es immer Kunst, aber keiner kam, um sie zu sehen. Denn mein Land wurde mit Gewalt, Drogenhandel und Entführungen assoziiert. Weil sich die Sicherheitslage verbessert hat, kommen heute mehr Besucher und entdecken die Kunstszene. Ich denke, in vielen Ländern Lateinamerikas geschieht etwas ähnliches: einerseits eine Öffnung nach außen, andererseits mehr Unterstützung für die Künstler. Früher gab es in Kolumbien nur sehr wenige Sammler und Galerien. Das hat sich geändert. Viele Künstler, die früher irgendwie überlebten, können heute von ihrer Arbeit leben."
José Roca, der ständig auf Messen für lateinamerikanische Kunst unterwegs ist, beobachtet eine zunehmende Präsenz europäischer Galeristen nicht nur in Buenos Aires, sondern etwa auch bei ArtBO in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá:
"Wegen der Krise in einigen Ländern Europas bringen jetzt Galerien ihre Arbeiten nach Kolumbien, die das früher nicht in Betracht gezogen hätten. Weil es hier in Lateinamerika eine neue Klasse von Sammlern gibt, die kaufen. Und die mit großem Enthusiasmus in die Kunstwelt eintauchen. In Europa gibt es das so nicht mehr, der Markt ist in gewisser Weise gesättigt."
Wo Bewegung in den Kunstmarkt kommt, wird die Szene noch aktiver und dynamischer. Und das in Ländern wie Argentinien, Kolumbien oder Mexiko, die geprägt sind von Gewalt, Krisen und Instabilität. Alec Oxenford, Präsident von arte BA:
"”Das Leidenschaftliche und zugleich Chaotische, Komplizierte und Unverständliche des heutigen Argentiniens versteht man viel besser, wenn man sich die zeitgenössische Kunst anschaut. Das wirklich Neue und Interessante in der zeitgenössischen Kunst findet heute in Ländern wie Argentinien und Kolumbien statt – und nicht dort, wo es traditionell passierte.""
"Es war sehr gut bis jetzt. Es gibt ja einige Sammler, die wir bereits kannten, weil die entweder öfter in Berlin waren oder uns auf anderen internationalen Messen besucht haben. Insofern war das jetzt nicht ganz so unbekannt."
Dass Esther Schipper mit Werken von Tomas Saraceno vertreten ist, der in Berlin arbeitet, aber auch in seinem Heimatland bekannt ist, erleichtert ihr den Zugang zum argentinischen Publikum. Die Berlinerin Sabine Schmidt ist mit ihrer Galerie PSM bereits zum dritten Mal bei arte BA, und hat in Buenos Aires schon einen festen Kundenstamm. Neben den Altstahl-Kronleuchtern von Sophie Erlund hat sie abstrakte Gemälde des US-Amerikaners Daniel Jackson mitgebracht. Genauer gesagt, die Künstler haben ihre Arbeiten in Buenos Aires produziert – denn die Einfuhr von Kunst nach Argentinien ist teuer:
"Das ist im Endeffekt für uns günstiger, weil wir eben diese hohen Transportkosten nicht haben, und für die Künstler zusätzlich noch die tolle Erfahrung, hier in Buenos Aires sein zu können. Es ist leichter, den Künstler einzufliegen, und ihn vor Ort arbeiten zu lassen. Und die Messe hat uns sehr unterstützt, hat sich um Studios gekümmert, dass die Künstler hier eben auch die nötigen Materialien und Räume haben, um hier arbeiten zu können."
Die Messe arte BA, vor zwei Jahrzehnten gegründet und seit zehn Jahren auf zeitgenössische Kunst spezialisiert, legt Wert auf ihre stetig wachsende internationale Ausstrahlung. Fast die Hälfte der Galerien kommt inzwischen aus dem Ausland, vor allem aus Lateinamerika. Mit durchschnittlich 120.000 Besuchern gehört arte BA zu den bestbesuchten Kunstmessen überhaupt. Darunter sind viele Neugierige, aber auch eine immer größer werdende Gruppe von Sammlern aus Argentinien. Alec Oxenford, der neue Präsident von arte BA:
"Der Kunstmarkt ist in Argentinien sehr gewachsen. Es gab hier schon seit langem ein paar Weltklasse-Sammlungen, aber diese Sammler interessierten sich nicht für zeitgenössische Kunst. Doch seit sechs, sieben Jahren kauft eine neue Generation jüngerer Sammler genau diese Kunst. Auch, weil sie noch ziemlich preiswert ist. Inzwischen gibt es hier fünf, sechs interessante Sammlungen zeitgenössischer argentinischer Kunst."
Eine gehört Alec Oxenford selbst, einem erfolgreichen argentinischen Jungunternehmer. Vor sechs Jahren wurde der 44-Jährige zum Sammler, inzwischen besitzt er rund 230 Gemälde, Collagen, Installationen und Fotografien:
"”Argentinien bringt, wie in allen anderen Künsten, auch in der bildenden Kunst hohe Qualität hervor. Nur sind viele unserer Künstler noch nicht bekannt. Dadurch ist unser Kunstmarkt noch wesentlich günstiger als etwa der von Mexiko oder Brasilien, wo drei bis vier Mal so hohe Preise erzielt werden. ""
arte BA-Chef Alec Oxenford glaubt, dass die zeitgenössische Kunst aus seiner Heimat den Stempel "gut, aber günstig" bald verlieren könnte, da sie im Ausland immer präsenter werde. Ein Beispiel: die jüngsten Ausstellungen von Jorge Macchi und Xul Solar in New York. Und erstmals war in diesem Jahr ein Kurator der Londoner Tate Gallery auf der Messe von Buenos Aires unterwegs. Besonders interessant: sein Einkaufsbudget von knapp 20.000 Euro stellte nicht das Museum zur Verfügung, sondern das Geld spendeten argentinische Sammler. Der Kurator der Tate ist José Roca aus Kolumbien – einem Land mit ähnlich lebendiger Kunstszene und wachsender Sammlerschaft wie Argentinien:
"In Kolumbien gab es immer Kunst, aber keiner kam, um sie zu sehen. Denn mein Land wurde mit Gewalt, Drogenhandel und Entführungen assoziiert. Weil sich die Sicherheitslage verbessert hat, kommen heute mehr Besucher und entdecken die Kunstszene. Ich denke, in vielen Ländern Lateinamerikas geschieht etwas ähnliches: einerseits eine Öffnung nach außen, andererseits mehr Unterstützung für die Künstler. Früher gab es in Kolumbien nur sehr wenige Sammler und Galerien. Das hat sich geändert. Viele Künstler, die früher irgendwie überlebten, können heute von ihrer Arbeit leben."
José Roca, der ständig auf Messen für lateinamerikanische Kunst unterwegs ist, beobachtet eine zunehmende Präsenz europäischer Galeristen nicht nur in Buenos Aires, sondern etwa auch bei ArtBO in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá:
"Wegen der Krise in einigen Ländern Europas bringen jetzt Galerien ihre Arbeiten nach Kolumbien, die das früher nicht in Betracht gezogen hätten. Weil es hier in Lateinamerika eine neue Klasse von Sammlern gibt, die kaufen. Und die mit großem Enthusiasmus in die Kunstwelt eintauchen. In Europa gibt es das so nicht mehr, der Markt ist in gewisser Weise gesättigt."
Wo Bewegung in den Kunstmarkt kommt, wird die Szene noch aktiver und dynamischer. Und das in Ländern wie Argentinien, Kolumbien oder Mexiko, die geprägt sind von Gewalt, Krisen und Instabilität. Alec Oxenford, Präsident von arte BA:
"”Das Leidenschaftliche und zugleich Chaotische, Komplizierte und Unverständliche des heutigen Argentiniens versteht man viel besser, wenn man sich die zeitgenössische Kunst anschaut. Das wirklich Neue und Interessante in der zeitgenössischen Kunst findet heute in Ländern wie Argentinien und Kolumbien statt – und nicht dort, wo es traditionell passierte.""