Warten auf Gottes Rechtsbeistand
Das Bistum betrachtet sie als eine Hausbesetzerin und droht mit Räumung, doch Claudia Schwarz will als letzte Bewohnerin des Klosters Altomünster bleiben. Und nachdem sie vor Gericht unterlag, wartet sie nun auf eine Entscheidung aus Rom.
Sie trägt einen langen Rock und eine Strickjacke. Ihre langen roten Haare hat Claudia Schwarz zu einem Zopf geflochten. Die 39-Jährige hat sich ganz Gott versprochen. Inzwischen weiß sie ...
"…, dass ich eben seine Braut werden soll. So heißt es ja, die Ordensfrauen sind Bräute Christi und normalerweise fragt ja auch der Bräutigam die Braut: Willst du mich heiraten – und nicht umgekehrt."
In ihrem Fall ist der Bräutigam wohl etwas widerspenstig, oder sagen wir: die Großfamilie. Wegen der ist sie an diesem Tag im Landgericht München. Mal wieder. Claudia Schwarz klagt gegen die Kirche, die sie am liebsten aus dem Kloster Altomünster werfen würde. Für das Erzbistum München-Freising ist sie eine Hausbesetzerin. Bei den ehemaligen Klosterbewohnerinnen sieht man das anders. Schwarz sei eine Postulantin, eine Art Nonne im Praktikantinnenstatus – und als diese hält sie im Birgittenkloster Altomünster die Stellung. Das hat der Vatikan in Rom eigentlich schon aufgelöst. Aber Claudia Schwarz bezweifelt das.
"Der offizielle Grund ist wohl, dass es zu wenige Schwestern gäbe."
"…, dass ich eben seine Braut werden soll. So heißt es ja, die Ordensfrauen sind Bräute Christi und normalerweise fragt ja auch der Bräutigam die Braut: Willst du mich heiraten – und nicht umgekehrt."
In ihrem Fall ist der Bräutigam wohl etwas widerspenstig, oder sagen wir: die Großfamilie. Wegen der ist sie an diesem Tag im Landgericht München. Mal wieder. Claudia Schwarz klagt gegen die Kirche, die sie am liebsten aus dem Kloster Altomünster werfen würde. Für das Erzbistum München-Freising ist sie eine Hausbesetzerin. Bei den ehemaligen Klosterbewohnerinnen sieht man das anders. Schwarz sei eine Postulantin, eine Art Nonne im Praktikantinnenstatus – und als diese hält sie im Birgittenkloster Altomünster die Stellung. Das hat der Vatikan in Rom eigentlich schon aufgelöst. Aber Claudia Schwarz bezweifelt das.
"Der offizielle Grund ist wohl, dass es zu wenige Schwestern gäbe."
Tiefgläubige Christin und Juristin
In Altomünster, einem barocken Kloster mit schiefen Wänden, langen engen Fluren und Biedermeiermöbeln, lebte am Schluss nur noch eine amtliche Ordensschwester im Rentenalter: Apollonia Buchinger. Sie musste vergangenes Jahr ausziehen. Schwester Apollonia ist aufgrund ihres Gelübdes zu Gehorsam verpflichtet. Claudia Schwarz dagegen blieb. Sie hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit.
"Es wurde immer behauptet, es stünde irgendwo, also die apostolische Kommissarin hat das behauptet: ‚Sie können sich darauf verlassen. Ich weiß jetzt nicht genau den Kanon‘ – also Kanon ist im Kirchenrecht das, was man im weltlichen Recht Paragraf nennt – ‚also ich weiß zwar den Kanon jetzt nicht ganz genau, aber Sie können sich drauf verlassen, sechshundertirgendwas, da steht’s. - Es steht da nicht. Es konnte mir bis jetzt keiner sagen, wo das stehen soll."
"Es wurde immer behauptet, es stünde irgendwo, also die apostolische Kommissarin hat das behauptet: ‚Sie können sich darauf verlassen. Ich weiß jetzt nicht genau den Kanon‘ – also Kanon ist im Kirchenrecht das, was man im weltlichen Recht Paragraf nennt – ‚also ich weiß zwar den Kanon jetzt nicht ganz genau, aber Sie können sich drauf verlassen, sechshundertirgendwas, da steht’s. - Es steht da nicht. Es konnte mir bis jetzt keiner sagen, wo das stehen soll."
Claudia Schwarz brennt hörbar für ihre Sache, und sie ist noch dazu Juristin. In Rom hat sie gemeinsam mit Schwester Apollonia die Entscheidung anfechten lassen. Bis zur letzten Entscheidung darf sie, so ein Vergleich mit dem Bistum München-Freising, hier noch wohnen bleiben.
Begonnen hatte die Geschichte für die gläubige Juristin aus dem Münchner Umland 2014: Ein Priester hatte sie nach der Oster-Beichte gefragt, ob sie nicht Nonne werden wolle. Ihre blauen Augen leuchten, während sie von dem Moment erzählt.
"Und ich hab gedacht: Ja! Ja!!! Ich habe schon überlegt. Aber ich muss ja berufen sein. Und ich hab immer gewartet, dass die Berufung kommt. Aber sie kam ja nie."
"Eine Entscheidung fürs ganze Leben"
Im März 2015 klingelte sie dann zum ersten Mal an der Pforte des Klosters.
"Das dauert ein bisschen, bis man zur Tür kommt. Und während dieser Wartezeit hatte ich schon ein etwas mulmiges, flaues Gefühl im Bauch und habe gedacht: Naja, das ist eine Entscheidung fürs ganze Leben, das wäre jetzt fatal, wenn es eine falsche Entscheidung wäre. Aber all die Bedenken waren sofort weg, als Mutter Apollonia mir die Tür aufgemacht hat und mich angestrahlt hat und mich hereingeführt hat ins Empfangszimmer. Damals waren ja die Reliquien noch da, da stand dann die Schädelreliquie des heiligen Alto. Von der hatte ich schon in der Zeitung gelesen. Dann führte sie mich durch das ganze Gebäude. Überall schöne Bilder und Skulpturen, und – ein tolles, altes, stimmungsvolles Gemäuer."
Claudia Schwarz entschied sich für das Gemäuer – bis heute. Auch wenn das Bistum mit Räumung droht. Auch wenn ihr regelmäßig das Telefonkabel durchgeschnitten wird. Ihr geht es um den Geist, den Nonnen hier seit 1496 pflegen, und den sie mit einem Ölleuchter vergleicht.
"Um das Feuer weiter zu erhalten, muss man es immer neu nähren. Also, natürlich haben die Schwestern in den vergangenen Jahrhunderten ganz viel gebetet. Aber das reicht nicht endlos in die Zukunft. Also um die Zeit zu überbrücken, bis wieder jemand kommen kann, muss in der Zwischenzeit weitergebetet werden, hier vor Ort. Und das mache ich jetzt eben."
Siebenmal am Tag geht sie in die Chorkapelle, um dort zu beten. Um den Vorrat fürs Leibliche haben sich ihre Vorgängerinnen gekümmert.
"Ich habe immer noch einen großen Eimer mit Bratensoße, es waren mal über 125 Liter. Ich schätze, dass noch über 100 drin sind, also 110 oder was dürften es wohl noch sein. Und die früheren Schwestern waren auch sehr fleißig mit dem Einlegen von Obst und Gemüse, also da sind noch große Mengen an Einwecksachen da."
"Das dauert ein bisschen, bis man zur Tür kommt. Und während dieser Wartezeit hatte ich schon ein etwas mulmiges, flaues Gefühl im Bauch und habe gedacht: Naja, das ist eine Entscheidung fürs ganze Leben, das wäre jetzt fatal, wenn es eine falsche Entscheidung wäre. Aber all die Bedenken waren sofort weg, als Mutter Apollonia mir die Tür aufgemacht hat und mich angestrahlt hat und mich hereingeführt hat ins Empfangszimmer. Damals waren ja die Reliquien noch da, da stand dann die Schädelreliquie des heiligen Alto. Von der hatte ich schon in der Zeitung gelesen. Dann führte sie mich durch das ganze Gebäude. Überall schöne Bilder und Skulpturen, und – ein tolles, altes, stimmungsvolles Gemäuer."
Claudia Schwarz entschied sich für das Gemäuer – bis heute. Auch wenn das Bistum mit Räumung droht. Auch wenn ihr regelmäßig das Telefonkabel durchgeschnitten wird. Ihr geht es um den Geist, den Nonnen hier seit 1496 pflegen, und den sie mit einem Ölleuchter vergleicht.
"Um das Feuer weiter zu erhalten, muss man es immer neu nähren. Also, natürlich haben die Schwestern in den vergangenen Jahrhunderten ganz viel gebetet. Aber das reicht nicht endlos in die Zukunft. Also um die Zeit zu überbrücken, bis wieder jemand kommen kann, muss in der Zwischenzeit weitergebetet werden, hier vor Ort. Und das mache ich jetzt eben."
Siebenmal am Tag geht sie in die Chorkapelle, um dort zu beten. Um den Vorrat fürs Leibliche haben sich ihre Vorgängerinnen gekümmert.
"Ich habe immer noch einen großen Eimer mit Bratensoße, es waren mal über 125 Liter. Ich schätze, dass noch über 100 drin sind, also 110 oder was dürften es wohl noch sein. Und die früheren Schwestern waren auch sehr fleißig mit dem Einlegen von Obst und Gemüse, also da sind noch große Mengen an Einwecksachen da."
Ohne Gemeinschaft kein Kloster
Nachbarn helfen ihr mit dem Internet aus, damit sie sich auf ihre Prozesse vorbereiten kann. Claudia Schwarz hat ihre Unterstützer – und fast die gesamte Kirche gegen sich. Etwa die Deutsche Ordensoberenkonferenz, den Dachverband der Klöster. Pressesprecher Arnulf Salmen erklärt das damit, dass die Gemeinschaft quasi ausgestorben sei.
"Ein solches Gemeinschaftsleben kann, anknüpfend an die alte Ordensgemeinschaft, zum jetzigen Zeitpunkt in Altomünster nicht mehr stattfinden. Es gibt keine geistliche Anleitung, es gibt keine Möglichkeit zur Ausbildung, keine Gemeinschaft mehr, in die sie sich integrieren könnte, in die sie aufgenommen werden könnte."
"Ein solches Gemeinschaftsleben kann, anknüpfend an die alte Ordensgemeinschaft, zum jetzigen Zeitpunkt in Altomünster nicht mehr stattfinden. Es gibt keine geistliche Anleitung, es gibt keine Möglichkeit zur Ausbildung, keine Gemeinschaft mehr, in die sie sich integrieren könnte, in die sie aufgenommen werden könnte."
An diesem Prozessvormittag hängt das Kruzifix auf ihrer Seite. Im Gerichtssaal fällt Claudia Schwarz immer wieder dem Richter ins Wort, der weist sie zurecht, doch sie hat einfach zu viel zu sagen. Am Ende geht dieser Prozess verloren. Das Bistum dürfte sie, rein rechtlich auch jetzt schon räumen – und aus Altomünster, so erste Pläne, ein kirchliches Tagungszentrum machen. Doch noch warten alle auf den Bescheid aus Rom. Auch Claudia Schwarz, die auch in ihrer Gottesbeziehung ganz Juristin bleibt.
"Bisher hat Gott mir immer geholfen – und: Soll ich denn jetzt sagen, lieber Gott, bisher hast du mir zwar geholfen, aber ich glaube nicht, dass du mir in Zukunft noch helfen wirst, das kann ich doch nicht machen, das wäre ja ein Misstrauensvotum sondergleichen gegen meinen eigenen, liebenden Vater im Himmel, der immer für mich sorgt. Ich kann nicht einfach weggehen und sagen: Ich glaube, dass du mir nicht weiterhilfst. Solange es hier weitergeht und ich hier bleiben kann und ich mich auch im Gewissen verpflichtet fühle, hier zu bleiben – bleib ich auch."