„Wenn ich nicht kämpfe, wer sonst?“
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Mit 50 Jahren kommt Ewa als Pflegekraft aus Polen nach Deutschland. Als sie erkennt, dass sie ausgebeutet wird, sagt sie dem ungerechten System den Kampf an. Sie streitet für bessere Arbeitsbedingungen und ein selbstbestimmtes Leben.
Ewa lebt in einem Dorf in der Nähe von Krakau. Die studierte Philologin ist 50, als ihr Mann an Krebs stirbt. Sie hat ihn bis zuletzt gepflegt und in dieser Zeit auch ihren Job verloren. Nach seinem Tod findet sie in Polen keine neue Arbeit. Als ihr das Geld ausgeht, beschließt sie, als Pflegekraft nach Deutschland zu gehen.
Kurz darauf tritt sie ihre erste Stelle als Pflegerin für einen demenzkranken Mann in Berlin an. 16-Stunden-Tage, lange Autofahrten durch die fremde Stadt, Sprachprobleme. Ewa fühlt sich überfordert. Doch sie hält durch: "Ich muss Geld verdienen."
Sophie Rebmann erzählt in "Plus Eins" eine auf den ersten Blick ganz normale Geschichte aus dem deutschen Pflegesystem: In bis zu 300.000 deutschen Haushalten arbeiten Pflegekräfte aus Osteuropa. Es sind fast ausschließlich Frauen, die oft durch Arbeitsvermittlungen nach Deutschland kommen.
Auch Ewa ist über eine Agentur vermittelt worden, mit einem Vertrag, den sie nicht infrage stellt, bis sie eines Tages durch Zufall einen Überweisungsträger auf dem Küchentisch entdeckt. 2500 Euro zahlt die Ehefrau ihres Patienten jeden Monat an die Arbeitsvermittler. Aber Ewa selbst verdient nur 1000 Euro im Monat.
Ewa zögert. Doch dann nimmt sie den Kampf auf: für eine bessere Bezahlung, für bessere Arbeitsbedingungen, für ein selbstbestimmtes Leben in einem fremden Land. Sie streitet nicht nur für sich, sondern auch für andere Pflegekräfte: "Ich habe mich so schlimm gefühlt. Aber wenn ich nicht kämpfe, wer kämpft sonst?"