Eine spöttische Farce

Von Eberhard Spreng |
Sebastian Baumgarten inszeniert Georg Büchners Drama über die Französische Revolution ist als eine unordentliche Geschichte. Das Tun der entpersonalisierten Figuren aus dem "Danton"-Kollektiv folgt diffusen Hoffnungen.
Eine Horde zotteliger Gestalten gerät in ein gammeliges Kellerloch. Mechanisch puppenhafte Bewegungen sollen verdeutlichen, dass es sich um Gespenster aus einer längst vergangenen Geschichte handeln muss, die sich hier vor trashiger Fototapete wie die Punk-Version der Berliner Kommune einrichten. Legendre, Desmoulins, Philippeau und andere, sowie der titelgebende Protagonist selbst, sind als vierköpfiges "Danton"-Kollektiv entpersonalisiert.

Aus ihren wirren Verrichtungen werden die Mitglieder dieser Gruppe immer wieder unvermittelt zu kurzen Schulungen in die pädagogische Pflicht genommen: "Sexualität" heißen sie oder "Macht" oder "Arbeit": Dann etwa wird auf einem ausklappbaren Bierzelttisch Brotteig geknetet, aus dem man eine Baguette formt. Ansonsten gibt es viel Mühen mit Korkenziehern zu sehen, und Leute, die eine rote Flüssigkeit bechern. Danton, Frankreich und seine Revolution sind für Sebastian Baumgarten auf dem Theater keine historische Wegmarke mehr, sondern nur noch Anlass für eine spöttische Farce.

Der "bekennende Eklektizist" vertraut die Melancholie und das Dantonsche Sich-Treibenlassen im Mahlstrom der Geschichte, sein passives Gleiten zum Tod einem immerfort wimmernden Soundtrack an. Videobilder begleiten ihn. Bilder von Demos, den schon zur Banalität gewordenen vorbeiziehenden Leuchtziffern der Börsennotierungen und andere. Ein Studiolicht "en direct", also, "on air", oder "Auf Sendung" leuchtet in den Farben der Trikolore auf und dann verliest Anja Schneider vom "Radio Quartier Générale" gelangweilt Revolutionsnachrichten.

Nur einmal und dank Kathi Angerers darstellerischer Verve in der Rolle des Robespierre kommt in diesem distanzierten Theatergedöns eine Frage auf: Da sieht sich der Danton-Gegenspieler plötzlich einem aus einer projizierten Leuchtkontur gebildeten Gesicht gegenüber, einem ratlosen Kerlchen aus der Gegenwart, der Paris verlassen und in die Provinz gehen will, für irgendwelche Kulturaktionen, die auch Gewalt nicht unbedingt ausschließen würden. Robespierre, der blutbefleckte Tugendwächter, der die Unordnung des Lebendigen für die Reinheit der Konzepte hinschlachtet, wird in einer traumähnlichen Vision von der Wirklichkeit eingeholt: Die Geschichte ist unordentlich, das Tun folgt diffusen Hoffnungen. Robespierres Halluzination bleibt ein gelungener Einzelfall in einer im Ganzen beliebigen Inszenierung.

"Dantons Tod" am Maxim Gorki Theater