Einheitslohn als Erfolgsrezept

Solidarisch durch die Krise

08:30 Minuten
Bunte Flaschen in einer Reihe.
Auch im Getränkehandel gibt es innovative Geschäftsmodelle. Dabei hat die Branche es in der Pandemie schwer. © picture alliance / Zoonar / monticello
Uwe Lübbermann im Gespräch mit Dieter Kassel |
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Der Getränkehändler Uwe Lübbermann macht seit Jahren positive Erfahrungen mit dem Einheitslohn in seinem Betrieb. Trotz großer Umsatzeinbußen kommt das Unternehmen bisher gut durch die Coronakrise.
Das Hamburger Getränkekollektiv von Uwe Lübbermann kennt keine Einkommensunterschiede bei den Beschäftigen. Stattdessen setzt das Unternehmen seit Jahren auf den Einheitslohn und hat damit gute Erfahrungen gemacht.
Jeder im Kollektiv verdiene als Einheitslohn 18 Euro brutto die Stunde, sagt Lübbermann. Das gelte auch für ihn als Chef. "Es gibt Zuschläge: für Menschen, die Kinder haben, pro Kind, für Menschen, die Angehörige pflegen, pro Angehörigem." Wer einen Arbeitsplatz im Homeoffice habe, bekomme noch 1,50 Euro dazu. Außerdem bekämen behinderte Mitarbeiter einen Zuschlag je nach Grad der Behinderung. Das sei vorher in der Belegschaft diskutiert worden.

Flexible Arbeitszeiten

Die Arbeitszeiten seinen individuell angepasst, erklärt Lübbermann. "Die Menschen bestimmen selbst, ob sie Vollzeit, Teilzeit oder nur ein paar Stunden arbeiten wollen", erzählt der Unternehmer. "Das darf sich auch mal verändern, je nach persönlicher Lebenslage." Es müsse nur mit den anderen Betroffen abgesprochen werden. "Wer Vollzeit arbeitet, bekommt ungefähr 3.500 Euro brutto am Ende raus", sagt der Unternehmer. "Damit kann man hervorragend leben, das ist ein ausreichender Lohn aus meiner Sicht."

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"Wir glauben erst mal an das Gute im Menschen", sagt Lübbermann und setzt auf Vertrauen. Wenn die abgerechneten Arbeitsstunden plausibel erschienen, werde das erstmal geglaubt. "Wenn das stark abweicht, dann fragen wir nach." Dass jemand versucht habe, den Betrieb auszunutzen, sei selten vorgekommen. In den 20 Jahren des Kollektivs habe es nur zwei Kündigungen gegeben.

Glück und Geld

"Ich halte es für ein Gerücht, dass Menschen pauschal immer an der eigenen finanziellen Gewinnmaximierung interessiert sind", sagt der Getränkehändler. Es gebe Studien, die zeigten, dass Geld zwar wichtig sei und glücklicher machen könne, wenn man davon zu wenig habe. "Aber wenn der Wohnraum bezahlt ist, die Ernährung gesichert ist, Versicherungen da sind, Rücklagen gebildet werden konnten, dann wird Geld irgendwann nicht mehr der glücklich machende Faktor." Dann werde anderes wichtiger.

Umverteilen als Lösung in der Krise

Während der Pandemie sei zeitweise 95 Prozent des Umsatzes weggefallen, so Lübbermann." Das war schon eine schwere Unternehmenskrise, die schwerste, die wir je hatten." Daraufhin habe man nach Absprache unter den Beschäftigten umverteilt und Kosten reduziert. Das habe sich als Lösung erwiesen: "Wir sind - Stand 'heute' - immer noch da, was eigentlich ein Wunder ist, und wir haben hoffentlich bewiesen, dass solidarische Modelle in Krisen resilienter, also stabiler sind als egoistische Modelle."
(gem)

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