Einladung zur Meditation
Wie ungewöhnlich das neue Jesus-Buch von Eugen Drewermann ist, macht einschlägiges Werbematerial aus dem Versandbuchhandel deutlich. Angekündigt wird da nämlich ein Meditationsband "Jesus von Nazareth" mitsamt (s)einem fast selbstverständlich anmutenden Untertitel "Bilder des Menschen". Er legt die Metaphorik von Gemeinde und Kirche samt dem Volke Gottes nah und ist doch ganz und gar nicht korrekt.
"Wohl lautet das Gebot, man dürfe sich von Gott kein Bildnis machen – doch wenn uns Christus selber lehrt, uns jenseits aller Übermalungen, Verformungen und Schändungen als Gottes Bilder wieder zu erkennen? Dann hätte das begonnen, was sich mit der Person des Mannes aus Nazareth für alle Zeit verbindet: die Wiederherstellung des menschlichen Antlitzes, der Beginn der Wiedergeburt, der Anfang der Erlösung des Menschen in einem Mitempfinden, das selbst Gottes ist."
So heißt es gleich zu Anfang in "Jesus von Nazareth – Bild eines Menschen" . Unmissverständlich wird klargestellt, dass jedem Menschen das Gefühl geschenkt wird, aus Vertrauen und Geborgenheit heraus leben zu dürfen; ja auf der Welt total erwünscht zu sein wie ein "Wunsch-Kind". Eugen Drewermann bemüht dazu als Beleg das Gedicht Der Heiland von Hermann Hesse. Gerahmt von zwei Gotteskinder-Bildern – von Emil Nolde und aus der Rembrandt-Schule:
"Immer wieder wird er Mensch geboren,
Spricht zu frommen, spricht zu tauben Ohren,
Kommt uns nah und geht uns neu verloren.
…..
Immer wieder, auch in diesen Tagen,
Ist der Heiland unterwegs zu segnen,
Unsern Ängsten, Tränen, Fragen, Klagen
Mit dem stillen Blicke zu begegnen,
den wir doch nicht zu erwidern wagen,
weil nur Kinderaugen ihn ertragen."
So wie die Meditation von Anfang an den Wesensursprung des Menschen erinnert, nämlich im Widerspruch zwischen "Macht und Gnade", im Kontrast von "Angst und Vertrauen", in der Tragödie von "Sündenfall" und "Erlösung" zum Gespött der Leute zu werden, so erkennen und sagen die Emmaus-Jünger das kindliche Richtige zur rechten Zeit, indem sie ihren unbekannten Begleiter bitten …..
"… bei ihnen zu bleiben: Und als er das Brot nahm und die Preisungen sprach, erkannten sie ihn; doch er selber – unsichtbar ward er vor ihnen."
Was Rembrandt van Rijns Gemälde Das Mahl in Emmaus nicht zeigt, sondern:
"Jesus hat seine Augen an den beiden Jüngern vorbei zum Himmel erhoben – zu jenem unsichtbaren und für ihn doch so gegenwärtigen Gegenüber, das er seinen Vater nannte und dem er sterbend in Wahrheit sich überantwortete."
Und doch steht da jenes Bilderverbot aus alttestamentlicher Zeit gleich in zwei Fassungen: Das Verbot, den Schöpfergott Israels abzubilden. Und das Verbot, sich an irgendwelchen Bilderkulten zu beteiligen. Wem also hat sich denn der sterbende Jesus "überantwortet"? Wenn wir dem Zeugnis des Alten Testamentes Glauben schenken wollen, dann an orts- und zeitlose, rein geistige Formen und Wesen. Sie haben einen Namen, nämlich Elohim – ER DER IST. Elohim gibt preis, dass er den Menschen schuf, auf dass er Ihm ähnlich sei. Die erste Beziehung, die Gott zum Menschen herstellt und die offenbar beide Seiten bestimmt und betrifft, ist die Abbild-Beziehung. Zusätzlich soll nach Willen Elohims das Lebewesen Mensch auch Gott selbst abbilden: "Ein Bild, das UNS gleich sei"; wie es in der Lutherbibel heißt. Der katholische Theologe, Philosoph und Schriftsteller Otto Kallscheuer treibt das meditative Spiel mit dem übergroßen Gott Drewermanns auf die Spitze:
"Wenn es überhaupt ein irgendwie treffendes Porträt des Allerhöchsten abgeben soll, dann muss SEin (sic!) Abbild, der Mensch, die Gottheit auch an/in sich haben: Gott muss sich im Menschen wieder erkennen können. Kurz, wenn Gott uns nach SEinem Ebenbilde schuf, dann sind wir (als) Menschen zugleich Schlüssel zu Gott. Der Mensch ist – am Ende der Schöpfung – Gottes Projektion."
Was kaum etwas zu ändern wusste am Bedürfnis des einfachen Volkes im spätantiken Kulturkreis, greifbare Vorbilder für Heiligenkulte und ähnliches zu entwickeln. Rund vom Jahre 300 an bis heute wogten konfessionelle Bilderstreite durch die jüdische, christliche und muslimische Welt – von der Überzeugung, das wahre Bild Gottes sei Gottes Bild im Herzen des Gläubigen, bis zur reformiert-pietistischen Grundüberzeugung, dass christliche "Unterweisung" nicht durch stumme Götzen, sondern durch lebendige Predigt geschehe. – Ein bisschen Sorge in dieser Beziehung teilt offenbar sogar Eugen Drewermann selbst. Zwar warnt er nicht vor neuzeitlichen stummen Götzen aber vor bloßem künstlerischem Ergötzen:
"Dieses Buch dient nicht dem ästhetischen Ergötzen. … Christliche Kunst ist notwendig Verkündigung; sie ist – mit Sören Kierkegaard gesprochen, "erbaulich" - oder sie ist gar nicht. Von daher dem erbaulichen Gehalt gewidmet, sind alle kunstgeschichtlichen Betrachtungen im Folgenden auf das zu tieferem Verständnis unbedingt Notwendige beschränkt; zu sehen gilt bei jedem Bild, was es uns religiös zu sagen hat."
Eugen Drewermann: "Jesus von Nazareth - Bild eines Menschen"
Patmos Verlag Düsseldorf 2008
190 Seiten, 55 meist farbige Abbildungen, 29,90 Euro
So heißt es gleich zu Anfang in "Jesus von Nazareth – Bild eines Menschen" . Unmissverständlich wird klargestellt, dass jedem Menschen das Gefühl geschenkt wird, aus Vertrauen und Geborgenheit heraus leben zu dürfen; ja auf der Welt total erwünscht zu sein wie ein "Wunsch-Kind". Eugen Drewermann bemüht dazu als Beleg das Gedicht Der Heiland von Hermann Hesse. Gerahmt von zwei Gotteskinder-Bildern – von Emil Nolde und aus der Rembrandt-Schule:
"Immer wieder wird er Mensch geboren,
Spricht zu frommen, spricht zu tauben Ohren,
Kommt uns nah und geht uns neu verloren.
…..
Immer wieder, auch in diesen Tagen,
Ist der Heiland unterwegs zu segnen,
Unsern Ängsten, Tränen, Fragen, Klagen
Mit dem stillen Blicke zu begegnen,
den wir doch nicht zu erwidern wagen,
weil nur Kinderaugen ihn ertragen."
So wie die Meditation von Anfang an den Wesensursprung des Menschen erinnert, nämlich im Widerspruch zwischen "Macht und Gnade", im Kontrast von "Angst und Vertrauen", in der Tragödie von "Sündenfall" und "Erlösung" zum Gespött der Leute zu werden, so erkennen und sagen die Emmaus-Jünger das kindliche Richtige zur rechten Zeit, indem sie ihren unbekannten Begleiter bitten …..
"… bei ihnen zu bleiben: Und als er das Brot nahm und die Preisungen sprach, erkannten sie ihn; doch er selber – unsichtbar ward er vor ihnen."
Was Rembrandt van Rijns Gemälde Das Mahl in Emmaus nicht zeigt, sondern:
"Jesus hat seine Augen an den beiden Jüngern vorbei zum Himmel erhoben – zu jenem unsichtbaren und für ihn doch so gegenwärtigen Gegenüber, das er seinen Vater nannte und dem er sterbend in Wahrheit sich überantwortete."
Und doch steht da jenes Bilderverbot aus alttestamentlicher Zeit gleich in zwei Fassungen: Das Verbot, den Schöpfergott Israels abzubilden. Und das Verbot, sich an irgendwelchen Bilderkulten zu beteiligen. Wem also hat sich denn der sterbende Jesus "überantwortet"? Wenn wir dem Zeugnis des Alten Testamentes Glauben schenken wollen, dann an orts- und zeitlose, rein geistige Formen und Wesen. Sie haben einen Namen, nämlich Elohim – ER DER IST. Elohim gibt preis, dass er den Menschen schuf, auf dass er Ihm ähnlich sei. Die erste Beziehung, die Gott zum Menschen herstellt und die offenbar beide Seiten bestimmt und betrifft, ist die Abbild-Beziehung. Zusätzlich soll nach Willen Elohims das Lebewesen Mensch auch Gott selbst abbilden: "Ein Bild, das UNS gleich sei"; wie es in der Lutherbibel heißt. Der katholische Theologe, Philosoph und Schriftsteller Otto Kallscheuer treibt das meditative Spiel mit dem übergroßen Gott Drewermanns auf die Spitze:
"Wenn es überhaupt ein irgendwie treffendes Porträt des Allerhöchsten abgeben soll, dann muss SEin (sic!) Abbild, der Mensch, die Gottheit auch an/in sich haben: Gott muss sich im Menschen wieder erkennen können. Kurz, wenn Gott uns nach SEinem Ebenbilde schuf, dann sind wir (als) Menschen zugleich Schlüssel zu Gott. Der Mensch ist – am Ende der Schöpfung – Gottes Projektion."
Was kaum etwas zu ändern wusste am Bedürfnis des einfachen Volkes im spätantiken Kulturkreis, greifbare Vorbilder für Heiligenkulte und ähnliches zu entwickeln. Rund vom Jahre 300 an bis heute wogten konfessionelle Bilderstreite durch die jüdische, christliche und muslimische Welt – von der Überzeugung, das wahre Bild Gottes sei Gottes Bild im Herzen des Gläubigen, bis zur reformiert-pietistischen Grundüberzeugung, dass christliche "Unterweisung" nicht durch stumme Götzen, sondern durch lebendige Predigt geschehe. – Ein bisschen Sorge in dieser Beziehung teilt offenbar sogar Eugen Drewermann selbst. Zwar warnt er nicht vor neuzeitlichen stummen Götzen aber vor bloßem künstlerischem Ergötzen:
"Dieses Buch dient nicht dem ästhetischen Ergötzen. … Christliche Kunst ist notwendig Verkündigung; sie ist – mit Sören Kierkegaard gesprochen, "erbaulich" - oder sie ist gar nicht. Von daher dem erbaulichen Gehalt gewidmet, sind alle kunstgeschichtlichen Betrachtungen im Folgenden auf das zu tieferem Verständnis unbedingt Notwendige beschränkt; zu sehen gilt bei jedem Bild, was es uns religiös zu sagen hat."
Eugen Drewermann: "Jesus von Nazareth - Bild eines Menschen"
Patmos Verlag Düsseldorf 2008
190 Seiten, 55 meist farbige Abbildungen, 29,90 Euro