Einmal um die Welt für eine Doktorarbeit
Gut die Hälfte der weltweit etwa 6500 Sprachen verfügen weder über Schriftsprache noch Grammatik, gelten daher als bedroht. Mit ihnen stirbt auch Kulturerbe. Die Linguistin Kilu von Prince ist bis nach Ozeanien gereist, um zwei dieser Sprachen zu dokumentieren und so - vielleicht - zu retten.
"Also als Kind hatte ich schon einen gewissen Abenteuerdrang auf jeden Fall und auch ein gewisses Fernweh und hab, glaube ich, das schon als einen Traumberuf wahrgenommen, dass man einfach Dinge erfährt, die sonst niemand vorher erfahren hat und Dinge rausbekommt, die Welt kennen lernt und versteht, wie sie funktioniert."
Kilu von Prince hat sich ihren Kindheitstraum erfüllt. Für ihre Doktorarbeit am Berliner Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft hat die junge Linguistin exotische Sprachen erforscht und dokumentiert: Daakaka und Dalkalaen. Von gerade mal 2000 Menschen auf der kleinen Insel Ambrym im ozeanischen Inselstaat Vanuatu werden diese Sprachen heute noch gesprochen - und gelten deshalb als vom Aussterben bedroht. Mit Fördermitteln der VolkswagenStifung konnte sie ihr Forschungsprojekt realisieren. Die Menschen auf Ambrym haben sie mit großer Offenheit aufgenommen:
"Und es war dort auch glücklicherweise so, dass die Leute selbst ein sehr starkes Bewusstsein dafür haben, dass die Sprache bedroht ist. Und es gab, bevor wir dort waren, schon den starken Wunsch, was zu tun, um die Sprache zu erhalten und Wörterbücher und Geschichtenbücher herzustellen."
Zierlich, fast zerbrechlich wirkt die 30-Jährige. Ihre großen, dunklen Augen blicken lebhaft und energiegeladen. Seit 2009 hat sie ihren Institutsschreibtisch jedes Jahr für ein paar Monate gegen eine einfache Bambushütte auf Ambrym eingetauscht. Auch ihr Mann David ist zum Glück Wissenschaftler und hat deshalb Verständnis für ihren Forscherdrang, der sie immer wieder in die Ferne zieht. Ambrym liegt 1800 Kilometer nordöstlich von Australien. Die Reise dorthin dauert fünf Tage, die Lebens- und Arbeitsbedingungen sind schwierig:
"Es gibt auf Ambrym keine Kanalisation, kein fließend Wasser, keine Elektrizität, kein Internet natürlich, kein Fernsehen. Man muss dafür sorgen, dass man alle Softwareressourcen und so weiter direkt dabei hat auf dem Computer, die man braucht. Und man muss eben seine eigene Elektrizität generieren. Und man muss dafür sorgen, dass das Solarpanel immer funktioniert."
Daakaka und Dalkalaen existierten bislang nur in mündlicher Überlieferung. Silbe für Silbe, mit Unterstützung der Inselbewohner lernte Kilu von Prince die Sprachen. Und entwickelte anschließend eine Orthografie:
"Die Leute sind auch immer einfach unheimlich stolz drauf gewesen, jemanden zu haben, der ihre Sprache lernt. Ich bin dann immer rumgezeigt worden, wenn jemand zu Besuch da war, und musste Lieder singen und Geschichten erzählen und einfach zeigen, wie gut ich die Sprache kann."
Mit der Entwicklung einer Schriftsprache soll auch das Wissen über Traditionen und Bräuche bewahrt werden. Kilu von Prince hat unter anderem eine Grammatik und Lehrmaterialien für die Schulen verfasst - damit die Kinder neben der Amtssprache Bislana auch ihre Muttersprache lernen können:
"Besonders stolz ist sie auf ein Lesebuch, das aus Erzählungen und Tierfabeln der Inselbewohner entstanden ist. Eine der Geschichten inspirierte den deutschen Komponisten Thomas Lauck sogar zu einem Musikstück."
Schon als Kind war Kilu von Prince von fremden Kulturen und Sprachen fasziniert. Aufgewachsen ist sie mit zwei Geschwistern in einem kleinen Dorf in der Nähe von Coburg. Nach dem Abitur studierte sie zunächst Sinologie, später auch Lingusitk. Schon mit 13 brachte sie sich mit Lernkassetten selbst Chinesisch bei:
""Ich weiß noch genau, als ich damals den Kassettenknopf gedrückt habe und die Kassette losging, und ich gemerkt habe, uups, ich werde Monate brauchen bis ich überhaupt, also, einfach die Laute verarbeiten kann, die da produziert werden - geschweige denn, sie selber genauso produzieren,wie ich sie da höre."
In der oberfränkischen Provinz hat sie sich immer als Exotin gefühlt. Denn so ungewöhnlich wie ihr Name, der sich aus dem Swaheli ableitet, ist auch ihre Familiengeschichte:
"Also, mein Ur-Urgroßvater war Kolonialist, stammte auch schon ab von einem Briten, der mit der britischen Armee in Afrika unterwegs war. Und war dann selbst damals in Deutsch-Ostafrika unterwegs und hat kolonialisiert."
Bis zum zweiten Weltkrieg lebte Kilu von Prince' Familie im heutigen Tanzania:
"Und das ist in meiner Familie auch sehr präsent als Familienhintergrund und wird auch sehr häufig auf eine positive Art und Weise dargestellt und rezipiert. Ich fand das relativ problematisch, was meine Vorfahren in Afrika getan haben oder auch nicht getan haben und wollte aber eigentlich in erster Linie zunächst mal die längste Zeit gar nichts damit zu tun haben."
Auch Ambrym im Inselstaat Vanuatu stand lange Zeit unter britisch-französischer Kolonialherrschaft. Doch inzwischen kann Kilu von Prince entspannter mit dem Thema umgehen. Ihr Forschungsprojekt ist fast abgeschlossen. Der Abschied von der Insel fällt ihr nicht leicht, denn die Menschen sind ihr ans Herz gewachsen:
"Es gibt viel, was ich mir vorstellen könnte, dort noch zu machen. Ich bin mir aber fast sicher, dass sich dazu noch einmal eine Gelegenheit ergeben wird. Insofern schiebe ich die Trauer um den endgültigen Abschied auf jeden Fall noch auf."
Kilu von Prince hat sich ihren Kindheitstraum erfüllt. Für ihre Doktorarbeit am Berliner Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft hat die junge Linguistin exotische Sprachen erforscht und dokumentiert: Daakaka und Dalkalaen. Von gerade mal 2000 Menschen auf der kleinen Insel Ambrym im ozeanischen Inselstaat Vanuatu werden diese Sprachen heute noch gesprochen - und gelten deshalb als vom Aussterben bedroht. Mit Fördermitteln der VolkswagenStifung konnte sie ihr Forschungsprojekt realisieren. Die Menschen auf Ambrym haben sie mit großer Offenheit aufgenommen:
"Und es war dort auch glücklicherweise so, dass die Leute selbst ein sehr starkes Bewusstsein dafür haben, dass die Sprache bedroht ist. Und es gab, bevor wir dort waren, schon den starken Wunsch, was zu tun, um die Sprache zu erhalten und Wörterbücher und Geschichtenbücher herzustellen."
Zierlich, fast zerbrechlich wirkt die 30-Jährige. Ihre großen, dunklen Augen blicken lebhaft und energiegeladen. Seit 2009 hat sie ihren Institutsschreibtisch jedes Jahr für ein paar Monate gegen eine einfache Bambushütte auf Ambrym eingetauscht. Auch ihr Mann David ist zum Glück Wissenschaftler und hat deshalb Verständnis für ihren Forscherdrang, der sie immer wieder in die Ferne zieht. Ambrym liegt 1800 Kilometer nordöstlich von Australien. Die Reise dorthin dauert fünf Tage, die Lebens- und Arbeitsbedingungen sind schwierig:
"Es gibt auf Ambrym keine Kanalisation, kein fließend Wasser, keine Elektrizität, kein Internet natürlich, kein Fernsehen. Man muss dafür sorgen, dass man alle Softwareressourcen und so weiter direkt dabei hat auf dem Computer, die man braucht. Und man muss eben seine eigene Elektrizität generieren. Und man muss dafür sorgen, dass das Solarpanel immer funktioniert."
Daakaka und Dalkalaen existierten bislang nur in mündlicher Überlieferung. Silbe für Silbe, mit Unterstützung der Inselbewohner lernte Kilu von Prince die Sprachen. Und entwickelte anschließend eine Orthografie:
"Die Leute sind auch immer einfach unheimlich stolz drauf gewesen, jemanden zu haben, der ihre Sprache lernt. Ich bin dann immer rumgezeigt worden, wenn jemand zu Besuch da war, und musste Lieder singen und Geschichten erzählen und einfach zeigen, wie gut ich die Sprache kann."
Mit der Entwicklung einer Schriftsprache soll auch das Wissen über Traditionen und Bräuche bewahrt werden. Kilu von Prince hat unter anderem eine Grammatik und Lehrmaterialien für die Schulen verfasst - damit die Kinder neben der Amtssprache Bislana auch ihre Muttersprache lernen können:
"Besonders stolz ist sie auf ein Lesebuch, das aus Erzählungen und Tierfabeln der Inselbewohner entstanden ist. Eine der Geschichten inspirierte den deutschen Komponisten Thomas Lauck sogar zu einem Musikstück."
Schon als Kind war Kilu von Prince von fremden Kulturen und Sprachen fasziniert. Aufgewachsen ist sie mit zwei Geschwistern in einem kleinen Dorf in der Nähe von Coburg. Nach dem Abitur studierte sie zunächst Sinologie, später auch Lingusitk. Schon mit 13 brachte sie sich mit Lernkassetten selbst Chinesisch bei:
""Ich weiß noch genau, als ich damals den Kassettenknopf gedrückt habe und die Kassette losging, und ich gemerkt habe, uups, ich werde Monate brauchen bis ich überhaupt, also, einfach die Laute verarbeiten kann, die da produziert werden - geschweige denn, sie selber genauso produzieren,wie ich sie da höre."
In der oberfränkischen Provinz hat sie sich immer als Exotin gefühlt. Denn so ungewöhnlich wie ihr Name, der sich aus dem Swaheli ableitet, ist auch ihre Familiengeschichte:
"Also, mein Ur-Urgroßvater war Kolonialist, stammte auch schon ab von einem Briten, der mit der britischen Armee in Afrika unterwegs war. Und war dann selbst damals in Deutsch-Ostafrika unterwegs und hat kolonialisiert."
Bis zum zweiten Weltkrieg lebte Kilu von Prince' Familie im heutigen Tanzania:
"Und das ist in meiner Familie auch sehr präsent als Familienhintergrund und wird auch sehr häufig auf eine positive Art und Weise dargestellt und rezipiert. Ich fand das relativ problematisch, was meine Vorfahren in Afrika getan haben oder auch nicht getan haben und wollte aber eigentlich in erster Linie zunächst mal die längste Zeit gar nichts damit zu tun haben."
Auch Ambrym im Inselstaat Vanuatu stand lange Zeit unter britisch-französischer Kolonialherrschaft. Doch inzwischen kann Kilu von Prince entspannter mit dem Thema umgehen. Ihr Forschungsprojekt ist fast abgeschlossen. Der Abschied von der Insel fällt ihr nicht leicht, denn die Menschen sind ihr ans Herz gewachsen:
"Es gibt viel, was ich mir vorstellen könnte, dort noch zu machen. Ich bin mir aber fast sicher, dass sich dazu noch einmal eine Gelegenheit ergeben wird. Insofern schiebe ich die Trauer um den endgültigen Abschied auf jeden Fall noch auf."