Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin, Kolumnistin und Moderatorin. Sie studierte Wirtschaftsgeschichte, Germanistik und Volkswirtschaft in Bonn und München und promovierte mit einer Arbeit über die Wirtschaftspolitik der Adenauer-Erhard-Ära.
Wie Social Media und Smartphones echte Beziehungen unterbinden
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Einsamkeit bei Jugendlichen wird derzeit vor allem auf die Pandemie geschoben. Untersuchungen legen jedoch nahe, dass Smartphone- und Social-Media-Konsum Vereinsamung fördern. Hier sei auch die Politik gefragt, sagt die Journalistin Ursula Weidenfeld.
Corona setzt Kindern und Jugendlichen sehr zu. Das verdeckt vielleicht den Blick auf andere Probleme, die nichts mit der Pandemie zu tun haben, aber dennoch dafür sorgen, dass viele unter Einsamkeit, gar Depressionen leiden.
Ein Artikel der New York Times legt den Finger auf diese Wunde: mehr Einsamkeit, mehr Selbstverletzungen, höhere Suizidraten bei US-Jugendlichen. Und das, so erläutern Psychologen in dem Artikel, habe nichts mit der Pandemie, sondern mit Smartphone-Nutzung zu tun.
Interessant findet unser Studiogast, die Journalistin Ursula Weidenfeld, dass offenbar erstmals ein Zusammenhang zwischen wachsender Einsamkeit und wachsendem Smartphone- und Social-Media-Konsum hergestellt wird. Speziell Mädchen scheinen davon betroffen zu sein.
Keine Alltagsgespräche mehr
Entsprechende Daten wurden in zwei Zeiträumen erhoben, die miteinander verglichen werden: Während sich zwischen 2000 und 2012 jeder fünfte Teenager einsam gefühlt habe, habe sich diese Zahl im Zeitraum 2012 bis 2018 verdoppelt. Demnach sind in den USA 40 Prozent der Jugendlichen von Einsamkeit betroffen, in Asien sogar die Hälfte, berichtet Weidenfeld.
"Ein Hauptproblem ist sicherlich, dass man im Grunde keine Alltagsgespräche mehr miteinander führt, dass sich Jugendliche in der Schule oder in der Mensa nicht mehr unterhalten, sondern jeder schaut auf sein Smartphone. Dass man morgens in der Bahn mit niemandem mehr redet."
Genau das führe dazu, dass man niemanden mehr kennenlerne – "und dass die Jugendlichen, die einsam sind, auch einsam bleiben".
Das Fehlen zufälliger Begegnungen
Für die Jugendlichen, die einen großen Freundeskreis hätten und nicht einsam seien, seien Smartphone und Social-Media-Kanäle ein gutes zusätzliches Mittel, um in Kontakt zu bleiben. Für einsame Teenager aber sei das Fehlen von zufälligen Begegnungen oder auch mal eines Lächelns sehr schwierig.
Die beiden Autoren des Artikels, die Psychologen Jonathan Haidt und Jean M. Twenge, empfehlen deshalb zum Beispiel, in der Schule Smartphones zu verbieten, damit die Jugendlichen zumindest einen Großteil des Tages ohne zubringen. Eine weitere Empfehlung: Die Social-Media-Plattformen müssen schärfer als bislang kontrollieren, dass das Mindestalter für eine Mitgliedschaft eingehalten werde.
Für Ursula Weidenfeld leitet sich daraus auch ein klarer Appell nicht nur an Eltern, sondern vor allem auch an die Politik ab, viel stärker die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in den Blick zu nehmen – und was dieses seelische Wohlergehen gefährden könnte.