Einsamkeit und Sehnsucht
Theater war 1983 ein Mittel für türkische Migranten in Berlin-Kreuzberg, ihre Geschichten zu erzählen. Heute ist "Diyalog" keine Gruppe mehr, sondern ein renommiertes Festival, das auch Gäste aus dem Ausland präsentiert.
Als eine "innere Reise auf der Suche nach Muße im Chaos des modernen Lebens" bezeichnet die Istanbuler Gruppe Yansimalar ihre moderne Sufi-Musik. Virtuos und zugleich schlicht klingt die Musik der fernsehberühmten Gruppe. Es ist kein Zufall, dass zum Programm des Diyalog Theaterfestes, das noch bis zum 7. Mai im Berliner Ballhaus Naunynstraße stattfindet, auch etliche Konzerte gehören. Denn Musik besitzt starke Dialog-Qualitäten. So stellten in einem weiteren Konzert junge Mitglieder des Kulturzentrums anatolischer Aleviten die Baglama vor, ein der Laute ähnelndes Saiteninstrument.
Es ist ein buntes Programm, das das Diyalog Theaterfest bietet. Festivalleiter Mürtüz Yolcu, der 1978 als 17-Jähriger aus der Türkei nach Berlin kam:
"Wir haben Cabaret, wir haben Kinderstücke, wir haben für Jugendliche Theaterproduktionen, wir haben Erwachsenenstücke, wir haben Konzerte, wir haben Diskussionen, wir haben Partys - deshalb heißt es auch Diyalog Theaterfest. Der Name sagt ja schon sehr viel."
Das interkulturelle Festival, das in diesem Jahr sein 15. Jubiläum feiert, entstand aus der 1983 gegründeten migrantischen Theatergruppe Diyalog:
"Wir haben damals, 1983, wo türkische Kultur nur mit Folklore und Bauchtanz vertreten war, Theater als ein Mittel genommen, um unsere Geschichten zu erzählen. Erst haben wir unsere Geschichten in türkischer Sprache erzählt und glaubten an die Geschichten, die wir von unseren Eltern gehört hatten: Dass wir irgendwann zurückgehen. Wir werden nicht zurückkehren und hierbleiben, und dementsprechend haben wir dann unser Konzept geändert. Wir haben danach unsere Stücke zweisprachig gemacht, türkisch-deutsch. Und inzwischen können wir sagen, dass wir eine ganz normale Berliner Theaterinstitution sind."
Mittlerweile besitzt das Diyalog Theaterfest ein internationales Programm, es ist kein rein türkisch-deutsches Festival geblieben. So reist aus Bukarest mit "Block Bach" ein Tanzstück des Odeon Theaters an, in dem alltägliche zwischenmenschliche Begegnungen in Hochhaussiedlungen zu Bachs "Matthäuspassion" erkundet werden, eine japanische Performance erzählt von Tanz und Liebe im Angesicht der Bombardierung von Nagasaki und Hiroshima, und man kann Gogols Monolog "Tagebuch eines Wahnsinnigen" in einer Inszenierung des russischen Regisseurs Oleg Myrzek mit dem türkischen Schauspieler Timur Isik erleben:
"Was hat das mit Türken zu tun? Sehr viel. Weil wir auch einsam sind. Und weil wir auch in so einer Stadt wie Berlin ausflippen und sehr viele Probleme mit uns haben, weil die Einsamkeit betrifft alle Menschen. Von daher finde ich es, also vom Stoff her, sehr interessant."
Es sind keine großformatigen Großkultur-Produktionen, die hier gezeigt werden. Es sind eher die kleineren, experimentelleren Arbeiten, denn das Theaterfest bietet eine Plattform, inter- und transkulturelle Arbeiten zu präsentieren und auszutauschen. Mürtüz Yolcu:
"Das Diyalog Theaterfest ist ein Kind, das hier im Ballhaus Naunynstraße geboren wurde. Es ist gleichzeitig auch ein Produkt von Kreuzberg. Wir haben vor 1983 das Berliner Familientheater gegründet. Wir waren Arbeiter und Studenten aus der Türkei, und inzwischen sind wir ein internationales Theaterfestival geworden. Wir holen Gruppen aus dem Ausland nach Berlin, und inzwischen bringen wir auch Gruppen hier aus Berlin nach Istanbul."
Eröffnet wurde das Theaterfest mit einem Gastspiel der "KimKimeDumDuma Kumpanya" aus Istanbul. Zwei Schauspieler, ein Stuhl und heftige Wortgefechte, mehr braucht Kerem Ayans Inszenierung von Sabahattin Kudret Aksals Stück "Herr Nichts" nicht.
Es ist ein Stück über Einsamkeit und Sehnsucht und über den Konflikt zwischen Phantasie und Realität. Ein einsamer Mann erscheint an der Tür einer Frau. Die beiden kennen sich nicht, doch er hat seit langer Zeit jeden Abend von seinem Fenster aus ihr erleuchtetes Fenster betrachtet. Was er nun hier will bei der Unbekannten, ist beiden nicht klar. Und die ebenfalls Einsame, die zwischen Angst und Hoffnung wechselt und dem Besucher dabei mancherlei Rollen zwischen Dieb und möglichem Ehemann zuweist, bleibt zum Schluss dieses komödiantisch tief gründelnden Stückes wieder allein. Kein Zufall, dass diese kleine Produktion aus der Istanbuler Off-Szene das Theaterfest eröffnete:
"Wir hatten am Anfang mehr Stars aus der Türkei, Populärkultur. Inzwischen holen wir mehr 0ff-Theaterszene aus Istanbul, weil wir denken, die sprechen bessere Themen an und die kommen besser an hier in Berlin. Und die zweite, dritte Generation in Berlin, die sind alle Europäer, mit denen kann man sich besser verständigen, und auch vom Stoff her passen die besser nach Berlin."
Es gibt noch viel Istanbuler und Berliner Theater beim Diyalog-Theaterfest zu sehen. Einem Festival, dass sowohl den Austausch zwischen der Türkei und Deutschland befördert wie den zwischen Berliner Künstlern.
Homepage des 15. Diyalog Theaterfestes
Es ist ein buntes Programm, das das Diyalog Theaterfest bietet. Festivalleiter Mürtüz Yolcu, der 1978 als 17-Jähriger aus der Türkei nach Berlin kam:
"Wir haben Cabaret, wir haben Kinderstücke, wir haben für Jugendliche Theaterproduktionen, wir haben Erwachsenenstücke, wir haben Konzerte, wir haben Diskussionen, wir haben Partys - deshalb heißt es auch Diyalog Theaterfest. Der Name sagt ja schon sehr viel."
Das interkulturelle Festival, das in diesem Jahr sein 15. Jubiläum feiert, entstand aus der 1983 gegründeten migrantischen Theatergruppe Diyalog:
"Wir haben damals, 1983, wo türkische Kultur nur mit Folklore und Bauchtanz vertreten war, Theater als ein Mittel genommen, um unsere Geschichten zu erzählen. Erst haben wir unsere Geschichten in türkischer Sprache erzählt und glaubten an die Geschichten, die wir von unseren Eltern gehört hatten: Dass wir irgendwann zurückgehen. Wir werden nicht zurückkehren und hierbleiben, und dementsprechend haben wir dann unser Konzept geändert. Wir haben danach unsere Stücke zweisprachig gemacht, türkisch-deutsch. Und inzwischen können wir sagen, dass wir eine ganz normale Berliner Theaterinstitution sind."
Mittlerweile besitzt das Diyalog Theaterfest ein internationales Programm, es ist kein rein türkisch-deutsches Festival geblieben. So reist aus Bukarest mit "Block Bach" ein Tanzstück des Odeon Theaters an, in dem alltägliche zwischenmenschliche Begegnungen in Hochhaussiedlungen zu Bachs "Matthäuspassion" erkundet werden, eine japanische Performance erzählt von Tanz und Liebe im Angesicht der Bombardierung von Nagasaki und Hiroshima, und man kann Gogols Monolog "Tagebuch eines Wahnsinnigen" in einer Inszenierung des russischen Regisseurs Oleg Myrzek mit dem türkischen Schauspieler Timur Isik erleben:
"Was hat das mit Türken zu tun? Sehr viel. Weil wir auch einsam sind. Und weil wir auch in so einer Stadt wie Berlin ausflippen und sehr viele Probleme mit uns haben, weil die Einsamkeit betrifft alle Menschen. Von daher finde ich es, also vom Stoff her, sehr interessant."
Es sind keine großformatigen Großkultur-Produktionen, die hier gezeigt werden. Es sind eher die kleineren, experimentelleren Arbeiten, denn das Theaterfest bietet eine Plattform, inter- und transkulturelle Arbeiten zu präsentieren und auszutauschen. Mürtüz Yolcu:
"Das Diyalog Theaterfest ist ein Kind, das hier im Ballhaus Naunynstraße geboren wurde. Es ist gleichzeitig auch ein Produkt von Kreuzberg. Wir haben vor 1983 das Berliner Familientheater gegründet. Wir waren Arbeiter und Studenten aus der Türkei, und inzwischen sind wir ein internationales Theaterfestival geworden. Wir holen Gruppen aus dem Ausland nach Berlin, und inzwischen bringen wir auch Gruppen hier aus Berlin nach Istanbul."
Eröffnet wurde das Theaterfest mit einem Gastspiel der "KimKimeDumDuma Kumpanya" aus Istanbul. Zwei Schauspieler, ein Stuhl und heftige Wortgefechte, mehr braucht Kerem Ayans Inszenierung von Sabahattin Kudret Aksals Stück "Herr Nichts" nicht.
Es ist ein Stück über Einsamkeit und Sehnsucht und über den Konflikt zwischen Phantasie und Realität. Ein einsamer Mann erscheint an der Tür einer Frau. Die beiden kennen sich nicht, doch er hat seit langer Zeit jeden Abend von seinem Fenster aus ihr erleuchtetes Fenster betrachtet. Was er nun hier will bei der Unbekannten, ist beiden nicht klar. Und die ebenfalls Einsame, die zwischen Angst und Hoffnung wechselt und dem Besucher dabei mancherlei Rollen zwischen Dieb und möglichem Ehemann zuweist, bleibt zum Schluss dieses komödiantisch tief gründelnden Stückes wieder allein. Kein Zufall, dass diese kleine Produktion aus der Istanbuler Off-Szene das Theaterfest eröffnete:
"Wir hatten am Anfang mehr Stars aus der Türkei, Populärkultur. Inzwischen holen wir mehr 0ff-Theaterszene aus Istanbul, weil wir denken, die sprechen bessere Themen an und die kommen besser an hier in Berlin. Und die zweite, dritte Generation in Berlin, die sind alle Europäer, mit denen kann man sich besser verständigen, und auch vom Stoff her passen die besser nach Berlin."
Es gibt noch viel Istanbuler und Berliner Theater beim Diyalog-Theaterfest zu sehen. Einem Festival, dass sowohl den Austausch zwischen der Türkei und Deutschland befördert wie den zwischen Berliner Künstlern.
Homepage des 15. Diyalog Theaterfestes