Einsamkeit
Einsamkeit wird von Betroffenen oft als sehr schlimm empfunden. © picture alliance / dpa / Paul Zinken
Wege aus einem beklemmenden Gefühl
08:43 Minuten
Ein großes gesellschaftliches Problem ist Einsamkeit. Die Bundesregierung will nun eine Strategie dagegen entwickeln. Die Psychologin Susanne Bücker erläutert, wie diese aussehen könnte.
Die Bundesregierung will eine Strategie gegen Einsamkeit erarbeiten. Das hat Familienministerin Lisa Paus von den Grünen bei einer Konferenz in Berlin erklärt. Die Einsamkeitsforscherin Susanne Bücker begrüßt den Schritt. Das Problem könne aber nicht ausschließlich politisch bearbeitet werden, sagt sie.
Wer allein ist, ist nicht unbedingt einsam
Einsamkeit sei noch immer „ein sehr stigmatisiertes und auch tabuisiertes Thema“. Die große Mehrheit der für Studien Befragten gebe an, es falle schwer, anderen von Einsamkeitsgefühlen zu erzählen.
„Mit dem Thema Einsamkeit geht etwas Belastendes einher“, so Bücker. Die Politik sei in der Verantwortung, „stärker für das Thema Einsamkeit zu sensibilisieren und klarzumachen, dass Einsamkeitsgefühle eigentlich etwas sehr Normales sind, die wir alle irgendwann im Leben einmal erfahren“. Diese bedeuteten nicht automatisch, „dass man für immer einsam bleiben wird". Für die allermeisten Menschen gebe es auch wieder einen Weg raus aus der Einsamkeit.
Die promovierte Psychologin, die am Lehrstuhl für psychologische Methodenlehre an der Ruhr-Universität Bochum arbeitet, beschreibt Einsamkeit als eine "wahrgenommene Diskrepanz zwischen den gewünschten Beziehungen und den tatsächlich bestehenden sozialen Beziehungen“. Wenn man mit diesem Zustand unzufrieden sei, dann spreche man vom Gefühl der Einsamkeit.
Viele Ursachen für Einsamkeit
Wichtig sei, Einsamkeitsrisiken zu reduzieren. Dazu gehöre etwa der Ausbau von Schulsozialarbeit und Familienzentren. Aus der Forschung wisse man, „dass Menschen, die sich schon sehr früh in ihrem Leben einsam fühlen, ein erhöhtes Risiko haben, eine chronische Einsamkeitsbiografie zu zeigen“. Entscheidend sei zudem die Unterstützung von Alleinerziehenden. Dieser Gruppe falle es häufig schwerer, „ihre eigenen sozialen Beziehungen so zu gestalten, dass sie zufriedenstellend sind und vor Einsamkeitsgefühlen schützen“.
Aus der Forschung sind vielfältige Ursachen für Einsamkeit bekannt. Bücker verweist auf Lebensumbrüche, Todesfälle und Trennungen, aber auch auf den Umzug in eine neue Stadt oder die Geburt des ersten Kindes. Hierdurch veränderten sich die Rollen im sozialen Gefüge. Ausgrenzungserfahrungen durch Diskriminierung oder Mobbing seien ebenfalls Auslöser für Einsamkeitsgefühle.
Erste Hilfe am Telefon
Zugleich betont Bücker, dass es einen Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinsein gibt. Beide Gefühle seien subjektiv, und nicht jeder, der allein sei, empfinde sich auch als einsam. Klar sei aber auch, dass „das Alleinleben das Einsamkeitsrisiko statistisch gesehen zumindest erhöht“.
Ein erster Schritt aus der Einsamkeit könnten niedrigschwellige Angebote sein. Als Beispiel nennt Bücker das Silbernetz in Berlin, an das sich ältere Menschen mit einem Anruf wenden können. „Da rufen wirklich viele betroffene Menschen an, die keinen anderen Ansprechpartner mehr haben.“ Für diese könne „ein anonymes Telefonat einen ersten entlastenden Moment schaffen“.
(rzr)