Der modernen Sklaverei auf der Spur
05:42 Minuten
Mehr als 40 Millionen Menschen leben laut Internationaler Arbeitsorganisation in moderner Sklaverei. So werden in Südasien Ziegelöfen auch mit Zwangsarbeitern betrieben. Satellitenbilder und Künstliche Intelligenz helfen, das aufzudecken.
Sie sehen aus wie eine Aschebahn in einem Leichtathletik-Stadion. Oval, 150 Meter lang und 50 Meter breit. Was Doreen Boyd beschreibt, sind Brennöfen für Ziegel.
"Das Entscheidende ist, dass sie einen Schornstein haben. Auf den besonders hochauflösenden Satellitenbildern kann man sogar sehen, wenn ein Ofen in Benutzung ist und Rauch aus dem Schornstein kommt."
Diese riesigen Brennöfen stehen im sogenannten Ziegelgürtel in Südasien. Hilfsorganisationen und Friedensforscher haben darauf hingewiesen, dass viele dieser Öfen mit Zwangsarbeitern betrieben werden. Etwa 80 Prozent der Arbeiter sollen als Sklaven dort den Lehm abbauen, die Ziegel formen und brennen. An der Universität von Nottingham arbeitet Doreen Boyd daran, diese Öfen auf Satelliten-Bildern ausfindig zu machen und potenziellen Sklavenhaltern auf die Spur zu kommen. Ein Drittel aller modernen Sklaverei, so schätzt die Wissenschaftlerin, lasse sich auf diese Weise entdecken.
"Bei mehr als 40 Millionen Sklaven heißt das, wir müssen pro Tag 9000 Menschen befreien. Das ist die Aufgabe, die vor uns liegt."
"Das Entscheidende ist, dass sie einen Schornstein haben. Auf den besonders hochauflösenden Satellitenbildern kann man sogar sehen, wenn ein Ofen in Benutzung ist und Rauch aus dem Schornstein kommt."
Diese riesigen Brennöfen stehen im sogenannten Ziegelgürtel in Südasien. Hilfsorganisationen und Friedensforscher haben darauf hingewiesen, dass viele dieser Öfen mit Zwangsarbeitern betrieben werden. Etwa 80 Prozent der Arbeiter sollen als Sklaven dort den Lehm abbauen, die Ziegel formen und brennen. An der Universität von Nottingham arbeitet Doreen Boyd daran, diese Öfen auf Satelliten-Bildern ausfindig zu machen und potenziellen Sklavenhaltern auf die Spur zu kommen. Ein Drittel aller modernen Sklaverei, so schätzt die Wissenschaftlerin, lasse sich auf diese Weise entdecken.
"Bei mehr als 40 Millionen Sklaven heißt das, wir müssen pro Tag 9000 Menschen befreien. Das ist die Aufgabe, die vor uns liegt."
Mit Künstlicher Intelligenz gegen Sklaverei
Im Rights Lab der Universität von Nottingham arbeiten rund 100 Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen zusammen: Geographen und Geographinnen wie Doreen Boyd, Informatiker, Historikerinnen, Psychologen. International gibt es ebenfalls Austausch. Zuletzt im Februar bei einer Konferenz bei den Vereinten Nationen in New York – speziell zu dem Thema, wie man Sklaverei mithilfe von Künstlicher Intelligenz beikommen kann. Etwa durch die Überwachung von Geldströmen. Vieles ist aber noch in der Theorie-Phase.
"Wir haben Daten, die uns helfen können, das Problem der Sklaverei besser zu verstehen."
Auf Satellitenbildern lassen sich illegale Rodungen oder Minen erkennen, die oft mit Zwangsarbeitern betrieben werden. Sklaverei-Experten erkannten 2015 auf Aufnahmen des Volta-Sees in Ghana eine große Menge Boote. Auf denen den Experten zufolge oft Kinder zur Arbeit als Fischer gezwungen werden.
"Aber es gibt Daten, bei denen wir vielleicht noch gar nicht daran gedacht haben. Daten, die weitere Indikatoren für Sklaverei sein können."
"Wir haben Daten, die uns helfen können, das Problem der Sklaverei besser zu verstehen."
Auf Satellitenbildern lassen sich illegale Rodungen oder Minen erkennen, die oft mit Zwangsarbeitern betrieben werden. Sklaverei-Experten erkannten 2015 auf Aufnahmen des Volta-Sees in Ghana eine große Menge Boote. Auf denen den Experten zufolge oft Kinder zur Arbeit als Fischer gezwungen werden.
"Aber es gibt Daten, bei denen wir vielleicht noch gar nicht daran gedacht haben. Daten, die weitere Indikatoren für Sklaverei sein können."
Satelliten können winzige Höhenunterschiede messen
Aus dem All etwa kann beobachtet werden, wie schnell Baumwolle von einem Baumwollfeld verschwindet – daraus lässt sich ableiten, ob die Baumwolle von Maschinen oder per Hand gepflückt wurde. Satelliten, die mit Radar arbeiten, können winzige Höhenunterschiede messen – und so illegale Bergbautunnel aufdecken. Um die Ziegel-Brennöfen genauer erkennen zu können, hat Doreen Boyd jetzt eine Künstliche Intelligenz trainiert.
Innerhalb von zwei Tagen hat das Neuronale Netzwerk ein Gebiet von Pakistan über Indien und Nepal bis nach Bangladesch gescannt. 55.000 Öfen hat es gefunden. Wichtige Daten für Nichtregierungs-Organisationen, die bisher nur grobe Schätzungen hatten, wie viele Öfen es gibt und wie groß das Sklaverei-Problem ist. Jetzt können sie nicht nur ihre Ressourcen besser einteilen, sondern auch die Entwicklung der Öfen beobachten:
"Die Öfen sind sehr dynamisch. Sie sind saisonal und haben eine kurze Lebensdauer. Wenn eine NGO letztes Jahr einen Ofen entdeckt hat, dann ist der Ofen jetzt vielleicht schon nicht mehr in Betrieb und die Besitzer sind mit ihren Zwangsarbeitern weitergezogen."
"Die Öfen sind sehr dynamisch. Sie sind saisonal und haben eine kurze Lebensdauer. Wenn eine NGO letztes Jahr einen Ofen entdeckt hat, dann ist der Ofen jetzt vielleicht schon nicht mehr in Betrieb und die Besitzer sind mit ihren Zwangsarbeitern weitergezogen."
Hilfsorganisationen werden vor Ort aktiv
Dank täglich frischer Satellitenbilder könnte die Künstliche Intelligenz Updates über stillgelegte und neue Öfen liefern, sodass die Hilfsorganisationen vor Ort reagieren können. Dass bereits Sklaven aufgrund ihrer Arbeit befreit wurden, kann Doreen Boyd noch nicht sagen. Mit letzter Gewissheit ist Sklaverei dann doch nicht aus der Vogelperspektive zu erkennen. Schließlich gibt es auch legale Ziegel-Brennereien.
"Wir müssen uns der ethischen Implikationen bewusst sein und sehr sorgfältig arbeiten, weil es die Leben von Menschen betrifft. Wir müssen unseren Datenquellen absolut vertrauen können und auch den Abschätzungen, die die Künstliche Intelligenz auswirft."
Das bleibt eine der größten Herausforderungen der Forscherinnen und Forscher: Datenquellen zu finden, auf die sie ihre künstlichen Intelligenzen ansetzen können.
"Wir müssen uns der ethischen Implikationen bewusst sein und sehr sorgfältig arbeiten, weil es die Leben von Menschen betrifft. Wir müssen unseren Datenquellen absolut vertrauen können und auch den Abschätzungen, die die Künstliche Intelligenz auswirft."
Das bleibt eine der größten Herausforderungen der Forscherinnen und Forscher: Datenquellen zu finden, auf die sie ihre künstlichen Intelligenzen ansetzen können.