Eintauchen in eine andere Welt

Von Camilla Hildebrandt |
Der 23-jährige Schauspieler Kostja Ullmann kann bereits auf beachtliches Repertoire an TV- und Kinofilmen verweisen. Ausgezeichnet wurde er letztes Jahr mit dem Günter-Strack-Fernsehpreis für seine Darstellung in "Heimliche Liebe". Nun ist der junge Schauspieler in einem neuen Kinostreifen zu sehen: "Stellungswechsel" - eine Komödie von Maggie Peren.
"Mein Vater war Schauspieler und meine Mutter Ballerina an der Royal Ballett of London, da hat sie getanzt, unter anderem auch mit Rudolf Nurejew, falls das jemandem etwas sagt, und das ist schon so ein bisschen Künstlerfamilie, deswegen hatten meine Schwester, auch Schauspielerin, und ich keine großen Chancen etwas anderes zu machen, …"

Tänzer hätte er noch werden können, sagt der 23-jährige Hamburger, dessen große braune Augen unter einer schwarzen Seemannskappe hervorlugen. Fünf Jahre lang ging der zierliche junge Mann mit dem durchtrainierten Körper zum Ballettunterricht - aber mit elf erschien ihm das Tanzen irgendwie uncool, erzählt Ullmann lachend. Also hielt er sich lieber an seinen Vater.

"Mein Vater hatte auch eine Schauspielagentur, in der meine Schwester und ich gleich drin waren. Und dann fragte er mich irgendwann, ob ich nicht Lust hätte, mal einen Film zu machen, das heißt: mich selbst im Fernsehen zu sehen. Mit elf Jahren ist das natürlich tierisch aufregend, wie jetzt auch noch! Deswegen machte ich so ein Casting mit, wo ich einmal fröhlich gucken musste und einmal traurig, das war’s. Und so hab ich auch meine erste Rolle bekommen."

Nach dem Realschulabschluss nimmt Kostja Ullmann nur widerwillig den Ratschlag seiner großen Schwester an, sich bei der Hamburger Schauspielschule zu bewerben …

"... weil ich dachte: jetzt komme ich grad aus der Schule und soll gleich in die Nächste reingehen, das war doch nicht das, was ich wollte. Aber ich tat es trotzdem, hatte das große Glück bei der ersten Aufnahmeprüfung auch gleich angenommen zu werden …Das war auch toll, hat Spaß gemacht, aber dann kam 'Sommersturm', mein erster Kinofilm, den ich machen durfte, und ab dann war für mich klar, jetzt muss ich mich entscheiden, weil man im ersten Semester nicht beides machen kann."

Der damals 20-Jährige entscheidet sich für seine Rolle in "Sommersturm" und bricht die Ausbildung ab. "Sommersturm" erzählt von der Entdeckung der eigenen Sexualität und von Freundschaft. Kostja spielt "Achim", Robert Stadlober seinen besten Freund "Tobi", der sich in Achim verliebt. "Sommersturm" ist der Startschuss für Ullmanns Film- und TV-Karriere, es folgt eine Produktion nach der anderen; 2006 dann der Günter-Strack-Fernsehpreis, dieses Jahr der "New Faces Award" der Zeitschrift "Bunte". Was er im "Sommersturm" vor allem gelernt habe, das sei das "normale Sprechen", meint Ullmann grinsend. Vorher habe er - verdorben durch die viele Synchronarbeit - die Worte eher herausgedrückt, erzählt Ullmann:

"Also, ich durfte so Sachen wie 'Baywatch' mitsynchronisieren. Das war super aufregend, und dann guckte man immer die großen erfahren Synchronsprecher an, die David Hasselhof synchronisiert haben. Die haben dann immer so eine bestimmte Haltung vorm Synchronpult gehabt, strecken die Arme so nach unten durch, und das hab ich mir irgendwie abgeguckt, automatisch gepresst dabei, weil ich versuchte genau diese Tonart und Melodie zu treffen."

Der endgültige Durchbruch gelingt ihm mit "Verfolgt". Dieser Film - ausgezeichnet mit dem Goldenen Leoparden auf dem Filmfestival von Locarno - kam dieses Jahr in die deutschen Kinos. Ullmann spielt darin den 16-Jährigen Lars, der eine sadomasochistische Beziehung mit seiner Bewährungshelferin aufbaut.

"'Verfolgt' war ein sehr heftiges Projekt, allein zuzusagen war ein großer Akt, weil das schon sehr extrem war, wie man sich da seelisch entblößt."

"Man ist auch oft schockiert, weil man hört das 'Bitte' - dann ist man da in der Szene, wird geschlagen mit einem Lineal, und dann tut das irgendwie gut, weil man in der Rolle drinsteckt. Und dann heißt es 'Danke', und man ist schockiert, was man da gerade gemacht hat, man taucht wieder aus einer ganz anderen Welt auf."

Um sich besser in seine Rollen hineinzuleben, schreibt Kostja Ullmann Tagebuch, stellt sich die Familienverhältnisse seiner Charaktere vor, seine Beziehungen, Ängste oder Vorlieben. Und zur Ablenkung? Da sei das Fußballstadion in Hamburg - wo er lebt - das beste Mittel! Und seine Ziele? Wieder mit Kindern zusammenzuarbeiten, so wie vor ein paar Jahren während eines freiwilligen Praktikums im Kindergarten.

"Wenn ich später hoffentlich Filme mache, die auch ein wenig Geld bringen, einen internationalen Kindergarten zu gründen, das ist so ein Traum von mir!"

Und den wird er sicher auch wahrmachen! Aber zunächst steht seine Schauspiel-Karriere ganz oben auf der Agenda. Sein neustes Projekt: eine Komödie – in der er einem "außergewöhnlichen" Job nachgeht.