Venedig bittet zur Kasse
Ab diesem Jahr sollen Tagestouristen in Venedig Eintrittsgeld bezahlen. So will es die italienische Regierung. Der Journalist Nikolaus Bernau sieht darin auch ein strategisches Manöver im Haushaltkonflikt Italiens mit der EU.
Wohl keine Stadt der Welt versinkt so im Massentourismus wie Venedig. Längst ist aus einer der schönsten Städte Europas ein touristischer Albtraum geworden. 100.000 Gästen kommen pro Tag - bei knapp 50.000 Einwohnern, die Venedig noch hat, sagt der Journalist und Kulturwissenschaftler Nikolaus Bernau. "Ein Großteil dieser Touristen sind inzwischen Tagestouristen. Die kommen mit den Kreuzfahrtschiffen, werden auf den Kreuzfahrtschiffen verpflegt, die können dort inzwischen ihre Souvenirs kaufen." Insofern habe die Stadt eigentlich nichts von den Touristen außer Kosten: für den Nahverkehr, für die Stadtreinigung und das Aufrechterhalten der Infrastruktur.
Wenn die Regierung in ihrem Haushaltsplan jetzt beschlossen hat, von Tagestouristen gewissermaßen Eintrittsgeld nach Venedig zu verlangen, sei das eigentlich eher als Nutzungsgebühr zu verstehen, damit die Services, die die Stadt anbiete, auch in irgendeiner Form bezahlt würden, meint Bernau.
"Die bösen Europäer fordern das von uns"
Gleichwohl sieht der Journalist in dem Vorstoß auch ein strategisches Manöver der neuen italienischen Regierung in ihrem Haushaltskonflikt mit der EU:
"Wer ist schon dagegen, dass Venedig erhalten bleibt? Keiner! Das heißt, das können wir Europa hinwerfen und können gleichzeitig die Aggressionen, die zum Beispiel aus den Nachbargemeinden kommen werden, locker wieder auf Europa lenken - ja, die Europäer fordern das ja von uns - weil, die Nachbargemeinden von Venedig bis hoch nach Tirol leben nämlich ganz erheblich von diesem Tagestourismus", betont Bernau. "Die werben auch ganz direkt im Internet, überall damit: Von uns aus einen Tag nach Venedig, morgens fahren Sie hin, abends fahren Sie zurück, und Sie haben eine wunderschöne Stadt erlebt."
Man versuche also, "wieder ein kleines Fässchen aufzumachen, mit dem man im Zweifelsfall, wenn es Proteste geben sollte, sofort sagen kann: Die Bösen in Brüssel, die bösen Europäer, die bösen Deutschen haben das von uns gefordert."
(uko)