Einwortromane und hintersinnige Reime
Uwe Dick gehört zu den großen Unbekannten des deutschen Literaturbetriebs. Die Texte des Wortspielers sind gespickt mit Aphorismen. Zu seinem 70. Geburtstag ist mit "Spott bewahre!" jetzt eine Sammlung seiner Kürzest-Sentenzen erschienen, die den Sprachsinn schärfen.
"So unmissverständlich Deutsch reden, bis es ihnen fremd und gar nicht artig klingt", das will Uwe Dick schon immer. Auch in seinem Büchlein "Spott bewahre!", gleichsam das Kondensat seiner jahrzehntelangen Arbeit, ebenso sprach- wie schon dem Titel nach glaubenskritisch. "Theo log er", lautet eine seiner Kürzest-Sentenzen.
Wer Uwe Dick liest, schärft seinen Sprachsinn. Ein Mann des Eigen- wie des Gegensinns, zerlegt er Worte, auf das ihnen eine neue Bedeutung erwächst. Der bald 70-Jährige ist ein Wortspieler, der sich selten verzockt. Natürlich ist es eine maßlose Übertreibung, wenn er sagt, er mache sich mit einem Satz oft mehr Arbeit als andere Schriftsteller mit einem ganzen Buch. Und sogenannte "Einwortromane" wie "Germoney" oder "Euronuchen" sind Schöpfungen, die nicht allein ihm einfallen. Aber dann sind da halt Dicks hintersinnige Reime, ganz ohne "schwitzende Versfüß'": "Aufständisch Wort ist der Duckdeutschen Tort" oder auch:
"Ein vielgeübtes Trugverfahren:
Den Kopf verlieren, das Gesicht bewahren."
In aller gebotenen epigrammatischen Dichte sind dies die Quintessenzen, die Zellen von Dicks sprachlichen Kreationen - ob in seiner Prosa, Lyrik oder Dramatik. Akademien mögen mit derlei wenig anfangen können, aber "im Kreise der Außerordentlichen, der Allerwertesten" will einer wie Uwe Dick ohnehin nicht Platz nehmen:
"Akademien - wo sie auf Sitzungen versessen sind, sodass dort fast immer nur die gleichen vier Buchstaben glänzen."
"Auf Sitzungen versessen" - eine Zeile von Wladimir Majakowski. Mit kursiv gesetzten Anspielungen auf andere Autoren - unter ihnen E.E. Cummings, Clemens Brentano, Christian Morgenstern und immer wieder sein Hausgott Jean Paul - ist der Jean-Paul-Preisträger hier ganz der alte Fährtenleger. Auf also in sein "Einfallsreich", sein Gedankenreich! "Ein Anflug von Geist. Aber keine Landung."
Im Bayerischen Wald lebt Dick seiner Kunst, seiner Mundart, die sich immer wieder auch gern des bayerischen Dialekts bedient: "Mei Familie, hoda gsogt, is need sondalich gebildet gwen. Do wennsd Dante gesogt host, homs gfrogt: Welche?"
Dass derart komisch-erkenntnisreiche Wortausbrüche beim Publikum gut ankommen, versteht sich fast von selbst. Viele Jahre lang hat dieser "Freiherr zu Habenichts" mit Lesungen und kabarettistischen Auftritten sein Geld verdient. Er sagt:
"Ob jetzt die Leute 13 oder nur sieben Bücher von mir nicht lesen, das ist mir völlig schnuppe. Omnia mea mecum porto … zahlt Empfänger."
Man muss flink im Geiste sein, und klassische Bildung kann auch nie schaden, will man Dick folgen. Nicht nur an seine Leser, gerade auch an sich selbst stellt dieser Poet dabei hohe Ansprüche. Er will sich nicht wiederholen. Gern bemüht er Ludwig Marcuse: 'Friede seiner Masche'. Lesenswerte Maximen, Reflexionen und "Neinwürfe".
Besprochen von Knut Cordsen
Uwe Dick: Spott bewahre!
Residenz Verlag, München 2012
136 Seiten, 16.90 Euro
Wer Uwe Dick liest, schärft seinen Sprachsinn. Ein Mann des Eigen- wie des Gegensinns, zerlegt er Worte, auf das ihnen eine neue Bedeutung erwächst. Der bald 70-Jährige ist ein Wortspieler, der sich selten verzockt. Natürlich ist es eine maßlose Übertreibung, wenn er sagt, er mache sich mit einem Satz oft mehr Arbeit als andere Schriftsteller mit einem ganzen Buch. Und sogenannte "Einwortromane" wie "Germoney" oder "Euronuchen" sind Schöpfungen, die nicht allein ihm einfallen. Aber dann sind da halt Dicks hintersinnige Reime, ganz ohne "schwitzende Versfüß'": "Aufständisch Wort ist der Duckdeutschen Tort" oder auch:
"Ein vielgeübtes Trugverfahren:
Den Kopf verlieren, das Gesicht bewahren."
In aller gebotenen epigrammatischen Dichte sind dies die Quintessenzen, die Zellen von Dicks sprachlichen Kreationen - ob in seiner Prosa, Lyrik oder Dramatik. Akademien mögen mit derlei wenig anfangen können, aber "im Kreise der Außerordentlichen, der Allerwertesten" will einer wie Uwe Dick ohnehin nicht Platz nehmen:
"Akademien - wo sie auf Sitzungen versessen sind, sodass dort fast immer nur die gleichen vier Buchstaben glänzen."
"Auf Sitzungen versessen" - eine Zeile von Wladimir Majakowski. Mit kursiv gesetzten Anspielungen auf andere Autoren - unter ihnen E.E. Cummings, Clemens Brentano, Christian Morgenstern und immer wieder sein Hausgott Jean Paul - ist der Jean-Paul-Preisträger hier ganz der alte Fährtenleger. Auf also in sein "Einfallsreich", sein Gedankenreich! "Ein Anflug von Geist. Aber keine Landung."
Im Bayerischen Wald lebt Dick seiner Kunst, seiner Mundart, die sich immer wieder auch gern des bayerischen Dialekts bedient: "Mei Familie, hoda gsogt, is need sondalich gebildet gwen. Do wennsd Dante gesogt host, homs gfrogt: Welche?"
Dass derart komisch-erkenntnisreiche Wortausbrüche beim Publikum gut ankommen, versteht sich fast von selbst. Viele Jahre lang hat dieser "Freiherr zu Habenichts" mit Lesungen und kabarettistischen Auftritten sein Geld verdient. Er sagt:
"Ob jetzt die Leute 13 oder nur sieben Bücher von mir nicht lesen, das ist mir völlig schnuppe. Omnia mea mecum porto … zahlt Empfänger."
Man muss flink im Geiste sein, und klassische Bildung kann auch nie schaden, will man Dick folgen. Nicht nur an seine Leser, gerade auch an sich selbst stellt dieser Poet dabei hohe Ansprüche. Er will sich nicht wiederholen. Gern bemüht er Ludwig Marcuse: 'Friede seiner Masche'. Lesenswerte Maximen, Reflexionen und "Neinwürfe".
Besprochen von Knut Cordsen
Uwe Dick: Spott bewahre!
Residenz Verlag, München 2012
136 Seiten, 16.90 Euro