Einzelhandel in der Coronakrise

Umsatzrekorde und drohende Pleitewelle

04:37 Minuten
Schilder in einem Schaufenster werben kurz vor Weihnachten 2020 während des Lockdowns wegen der Coronapandemie für den Schlussverkauf Sale in der Innenstadt von Köln.
Stationäre Einzelhändler müssen in der Coronakrise erfinderisch sein, um dennoch ihre Produkt an die Kunden zu bringen. © picture alliance / Goldmann / Goldmann
Birgit Marschall im Gespräch mit Anke Schaefer |
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Um 5,3 Prozent hat der Umsatz im deutschen Einzelhandel 2020 zugelegt. So viel wie seit 1994 nicht mehr, sagt Wirtschaftsjournalistin Birgit Marschall. Doch neben Gewinnern kennt die Krise auch viele Verlierer. Deren Zahl dürfte bald deutlich werden.
Widersprüchliche Botschaften vom deutschen Einzelhandel: Während viele Einzelhändler offenbar vor der Pleite stehen, meldet gleichzeitig das Statistische Bundesamt ein Rekordplus im Einzelhandel von 5,3 Prozent (preisbereinigt: 4,1 Prozent) zwischen Januar und November.
"Das war das größte Umsatzplus seit 1994", betont die Wirtschaftsjournalistin Birgit Marschall von der "Rheinischen Post".

Hinsichtlich der Lage des deutschen Einzelhandels ergebe sich ein "ganz gespaltenes Bild", so Marschall weiter. "Wir haben auf der einen Seite die großen Gewinner dieser Krise – das ist natürlich vor allen Dingen erstmal der Onlinehandel, weil die Menschen eben angefangen haben, sich das, was sie möchten, im Internet zu bestellen." Hier sei ein Plus von 32 Prozent gegenüber 2019 verzeichnet worden. Dies betreffe vor alle, die Großen wie Amazon oder Apple.
Aber auch Teile des stationären Einzelhandels seien ins Internet abgewandert oder hätten sich dort ein zweites Standbein aufgebaut.

"Da kommt noch einiges auf uns zu"

Gespalten ist das Bild auch hinsichtlich einzelner Bereiche des Einzelhandels. So sei etwa beim Handel mit Baubedarf, Haushaltsgeräten, Möbeln oder Lebensmitteln ein kräftiges Plus verzeichnet worden. Die großen Verlierer hingegen seien Mode- und Schuhhändler mit einem Umsatzrückgang von 20 Prozent. "Auch die Kaufhäuser haben Minus gemacht."
Und gerade bei kleineren Läden in den Innenstädten droht eine Pleitewelle. Diese sei bisher durch die coronabedingte Aussetzung der Insolvenzantragsfrist hinausgezögert worden. "Wenn diese Frist abläuft, dann befürchten doch viele, dass sehr, sehr viele Unternehmen Insolvenz anmelden müssen", sagt Marschall. "Da kommt also noch einiges auf uns zu."
(uko)

Die Journalistin Birgit Marschall arbeitet im Berliner Büro der "Rheinischen Post". Sie ist dort vor allem für Wirtschafts- und Finanzpolitik zuständig. Davor berichtete die Diplomvolkswirtin zehn Jahre lang für die Zeitung "Financial Times Deutschland" aus Berlin.

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Birgit Marschall" hier zum Nachhören:
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