Es kommen in Nicht-Corona-Zeiten bis zu drei Schulklassen pro Tag zu uns und können aus 18 Workshop-Angeboten wählen. Da geht es immer darum, direkt am Instrument sofort loszulegen, ohne Vorkenntnis gemeinsam zu musizieren. Wir haben ein riesengroßes Instrumentarium hier vor Ort. Von außereuropäischer Percussion zum symphonischen Orchesterinstrumentarium bis hin zu digitalen iPads, die wir benutzen können, um kreativ zu komponieren.
Ein Haus für alle
08:01 Minuten
Die "Elphi" sollte mehr sein als nur ein Juwel für Klassik-Fans. Hat das Haus sein Versprechen, nicht nur die Bildungsbürger zu erreichen, gehalten? Eine Bilanz.
Anke Fischer führt durch die weit verzweigten Gänge der Elbphilharmonie, sie ist auf dem Weg zur Instrumentensammlung. Angekommen in dem riesigen Regallager zeigt sie eine Geige, kleiner als üblich, hergestellt für Kinder, die besonders früh anfangen.
„Hier haben wir eine Viertelgeige, die man dann zupfen kann – wenn man keinen Bogen hat. Die aber schon ein professionelles Instrument ist, wenn man so will. Kein Spielzeug, sondern wirklich zum Lernen!“
Sofort zusammen musizieren
Anke Fischer leitet die Abteilung „Education“, also den Bereich der Musik-Bildung. 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich in ihrer Abteilung darum, dass möglichst viele Menschen mit Musik in Berührung kommen. Junge und Alte, Kita- und Schulkinder aus allen Stadtteilen.
Rund die Hälfte der so genannten „Education“-Projekte findet aber an den Hamburger Schulen statt. Zum Beispiel durch das „Klingende Mobil“. Der Kleintransporter fährt, vollgepackt mit Trompeten, Geigen oder Gitarren, mit Querflöten und Xylophonen, Schulen und Vorschulen oder Kitas an, lässt Kinder und Jugendliche Instrumente ausprobieren, die viele von ihnen zwar kennen, aber noch nie in der Hand hatten.
Für jeden soll etwas dabei sein
Und es gibt die Schulkonzerte, entweder in den Stadtteilen oder direkt in der Elbphilharmonie. Für jeden und jede, ob mit musikalischer Vorbildung oder nicht, soll etwas dabei sein, sagt Anke Fischer.
„Was übrigens auch nur funktioniert durch die enge Netzwerkarbeit zum Beispiel mit dem Dachverband 'Stadtkultur'. Ich sitze selber im Vorstand der LAG: Das ist die Landesarbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendkultur, wo wir einfach dicht dran sind an Fragen wie: Was ist Soziokultur, was braucht die Stadt, wie funktionieren die unterschiedlichen Stadtteile? Und es geht nur mit diesen Netzwerken. Ansonsten hätten wir gar nicht die Kontakte und die Möglichkeiten, auch gemeinsam Konzepte zu entwickeln.“
Anke Fischers Abteilung arbeitet auch mit der Musikhochschule und dem Hamburger Konservatorium zusammen. Zum Beispiel beim so genannten „Publikumsorchester“.
Der Dirigent trägt Turnschuhe
Gerade probt das Orchester. Hier spielen keine Profis, aber Menschen, die ihr Instrument beherrschen. Angeleitet werden sie an diesem Abend im Stadtteilzentrum „Kulturpalast Billstedt“ von Michael Petermann.
Der Dirigent gehört zum Direktoren-Duo des Hamburger Konservatoriums. Petermann steht auf einem schmucklosen Podest, trägt Turnschuhe, in der rechten Hand den Taktstock. Zusammen mit dem Ensemble feilt er noch an den Feinheiten eines Tschaikowsky-Stücks. In einer Stunde beginnt das Konzert.
Vorn im Backstage-Bereich trifft Lutz Köller von der „Education“-Abteilung der Elbphilharmonie die letzten Vorbereitungen.
Es gibt insgesamt fünf Mitmach-Ensembles. Davon ist das Publikumsorchester eines. Und dann gibt es auch noch unser Familienorchester. Deswegen sind die Spielniveaus sehr unterschiedlich. Die, die etwas besser sind auf ihrem Instrument, können dann Originalstimmen spielen, und die anderen kriegen angepasste Stimmen, damit sie auch nach ihren Möglichkeiten mitspielen können.
Einmal die Woche übt das Publikumsorchester, es gibt Vorkonzerte in den Stadtteilen, diesmal in Billstedt, und danach zwei Auftritte im großen Saal der Elbphilharmonie.
Konzert im großen Saal
Das sei schon etwas ganz Besonderes, finden zwei der Musikerinnen, für die gleich die Generalprobe vor dem Billstedter Publikum losgeht. Erst nächste Woche stehen sie für das gleiche Konzert im prächtigen Saal der Elbphilharmonie.
„Als wir das erste Mal da waren, da haben wir von uns Fotos gemacht, jeder hat sich mal hingestellt und hat mal kurz alleine einen Ton gespielt und mal gehört. Es ist irre!“
„Ich war schon ganz oft im Großen Saal. Ich habe da mal gearbeitet eine Zeitlang, aber noch nie selbst gespielt. Und da freue ich mich schon ganz doll drauf!“
Genauso gespannt wartet auch das Billstedter Publikum auf den Start des Konzerts. Alle 200 zugelassenen Plätze sind belegt. Gleich in der zweiten Stuhlreihe sitzt ein gebürtiger Billstedter. Neben ihm seine Mutter, die Konzertkarten sind ein Weihnachtsgeschenk. „Wir sind total gespannt. Wir freuen uns“, sagt sie.
„Wir haben öfter schon mal auf N3 Berichte darüber gesehen. Und das ist schon interessant! Tolle Stadtteil-Sache! Und sonst ist Billstedt ja ein bisschen verrufen, aber das ist wirklich ein tolles Haus. Um den Stadtteil ein bisschen nach vorne zu bringen kulturell“, sagt der Sohn.
Keine leichte Kost, aber zur Not kostenlos
Um kurz nach acht sitzt das Ensemble auf seinen Plätzen. Vor jedem der vier Stücke führt Dirigent Michael Petermann kurz in ihre Entstehung ein, erzählt von Johann Sebastian Bach und Anton Webern, von Strawinsky, Varèse und Tschaikowsky. Er wünscht einen schönen Abend, dreht dem Publikum den Rücken zu, hebt den Taktstock.
Den Start machen Bach und Webern und ihre Fuge aus dem Musikalischen Opfer. Keine leichte Kost, genauso wenig wie Igor Strawinskys Konzert für Klavier und Bläser. Weniger sperrig wird es zum Ende, bei der Tschaikowsky-Serenade in C-Dur opus 48. Das Billstedter Publikum ist am Ende begeistert, spendet einen langen, warmen Applaus.
Wenn das Publikumsorchester am kommenden Montag im Großen Saal der Elbphilharmonie spielt, wird ein Ticket fünf Euro kosten. Bis auf wenige Ausnahmen werden für alle Konzerte in der Elbphilharmonie auch Tickets in dieser Preisklasse angeboten, sagt die Leiterin der „Education“-Abteilung Anke Fischer.
„Wenn das nicht möglich ist für wen auch immer, gibt es einen unbürokratischen Weg, das Ganze auf Null zu setzen. Wir brauchen eine Mail, wir brauchen eine kurze Begründung, und dann geht das auch kostenlos. Das ist einfach ein politisches Statement des Hauses, zu sagen: Es soll keine Barriere sein, dass die Kosten zu hoch sind für unsere Veranstaltungen."
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