Elegant, furchtlos und kettenrauchend

Von Alexandra Wach |
Martha Gellhorn war eine begnadete Journalistin. Eine Pazifistin, spezialisiert auf Kriegsschauplätze. Seit dem Spanischen Bürgerkrieg, wo sie mit ihrem späteren Ehemann Hemingway konkurrierte, berichtete sie 60 Jahre lang scharfzüngig von den bewaffneten Konflikten des Jahrhunderts. Und auch als Schriftstellerin wird sie gerade wiederentdeckt.
Jetzt hat Hemingway endlich einmal eine wirklich schöne Frau erwischt und versucht es nicht wieder mit der Pygmalion-Nummer.

Kommentiert F. Scott Fitzgerald die Hochzeit seines Kollegen mit Martha Gellhorn. Die Ehe hält nicht lange. Vielleicht, weil sich die Kriegsreporterin und Schriftstellerin nicht mit der Statistenrolle an der Seite eines berühmten Mannes zufrieden geben will.

1937 zieht das glamouröse Paar gemeinsam in den Spanischen Bürgerkrieg. Gellhorn schreibt aufrüttelnde Reportagen für amerikanische Magazine wie "Collier´s Weekly" und "The New Yorker":

"Spanien war der Ort, an dem man sein musste, um gegen den Faschismus zu kämpfen. Für mich war es eine unglaubliche und ehrenhafte Erfahrung."

Hier trifft sie auf den Kriegsfotografen Robert Capa, der ihr den Rat gibt:

Im Krieg muss du jemanden hassen oder lieben. Du musst Stellung beziehen, sonst hältst du nicht aus, was um dich herum passiert.

Gellhorn entwickelt eine neue Art der Kriegsberichterstattung. In ihren Texten geht es weniger um Truppenbewegungen als um ihre persönliche Sicht auf die Leiden der Zivilbevölkerung. Mit über achtzig Jahren stellt sie rückblickend fest:

"Ich war nie eine Reporterin, musste nie von tagesaktuellen Ereignissen berichten wie im Nachrichtengeschäft. Ich konnte in jedem Land so lange bleiben, wie ich wollte. Das gab mir die Chance, viel von der Welt zu sehen, ein besseres Gespür für den Ort zu entwickeln. Ich denke sogar, dass ich als Journalistin so schrieb, wie ich es als Schriftstellerin tat. Weil ich immer versucht habe, im Journalismus die gleichen Dinge wie in meinen Novellen zu beschreiben: Geräusche, Gerüche, Aussehen und Empfindungen sollten immer zwischen den harten Fakten durchschimmern."

Keine Reporterin? Martha Gellhorn, am 8. November 1908 in St. Louis als Tochter eines Arztes mit deutsch-jüdischen Wurzeln und einer Frauenrechtlerin geboren, gilt heute als die erste Kriegsreporterin. Ihr Elternhaus war liberal, die Erziehung progressiv:

"Ich hatte drei Brüder. Wir wurden ohne Unterschiede aufgezogen. Und da man damals annahm, dass Männer alles tun können, was sie wollen, hatte ich für mich auch beansprucht, alles zu tun, was ich wollte."

Eine akademische Laufbahn gehörte nicht dazu. Gellhorn brach das Studium vorzeitig ab und zog nach Paris. Sie war elegant, furchtlos und kettenrauchend. Sie verdiente Geld mit Artikeln über die neueste Pariser Mode, wagte sich aber auch auf internationale Konferenzen vor.

Zurück in den USA schrieb sie Reportagen und einen Kurzgeschichtenband über die Auswirkungen der Großen Depression. Ihre anklagenden Schilderungen einer von Unterernährung gezeichneten Bevölkerung brachten ihr eine Einladung ins Weiße Haus ein:

"Ich mag Menschen nicht, die ganz oben sitzen und über uns alle entscheiden. Roosevelt war da eine Ausnahme. Aber damals wurden Präsidenten ohnehin nicht als so mächtig angesehen, wie sie es seitdem geworden sind. Der Vietnam-Krieg, Nicaragua und El Salvador waren Präsidentenkriege. Und er war auch verheiratet mit der ungewöhnlichsten Frau, die jäh in dieser einflussreichen Position war."

Eleanor Roosevelt wurde für Jahre Gellhorns Verbündete. In zahlreichen Briefen berichtete sie der Freundin von allen Fronten. 1944 war sie bei der Invasion der Alliierten in der Normandie dabei und bei der Befreiung von Dachau. Viele Male in Israel und 1966 in Vietnam.

Als sie mit knapp 90 Jahren, fast erblindet und krebskrank, nicht mehr schreiben und reisen konnte, beging sie im Februar 1998 Selbstmord. Ihr Ende inszenierte sie so elegant wie ihr Leben: Die Wohnung war tadellos sauber, neben ihrem Bett stand eine Vase mit weißen Tulpen.