Elektromobilität

Das neue Stadtauto mit Sonnenantrieb

Stau in der Innenstadt von Frankfurt
Stau in der Innenstadt von Frankfurt © imago stock&people
Von Christian Schiffer |
Was ist ein Auto? Diese ernst gemeinte Frage stellt sich nicht nur der Elektroautobauer Tesla. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile Pioniere, die das Auto neu denken wollen. Der 23 Jahre alte Laurin Hahn aus München hat in seinem Protypen Moos verbaut.
Es ist der Klassiker der Autowerbung: Ein Audi Quattro fährt problemlos eine schneebedeckte Skisprung-Schanze hoch und demonstriert so mit aufreizender Lässigkeit die Power seines Vierradantriebs. Der legendäre Spot aus dem Jahr 1986 zeigt, worauf es einmal ankam bei einem Auto: Auf Kraft, auf Dynamik, auf Pferdestärken, auf Vorsprung durch Technik. Laurin Hahn kennt den legendären Spot gar nicht - fairerweise muss man aber sagen, dass der 23-jährige Gründer des Auto-Start-Ups "Sono Motors" damals noch gar nicht geboren war.
"Also ich stelle mir eine Stadt zunehmend ohne Autos vor. (…) Und auch das Fahrrad mehr in den Vordergrund zu stellen, denn auch in der Kurzstrecke ist das Fahrrad das allerbeste Fahrzeug."
Laurin Hahn ist Autobauer, ein Autobauer allerdings, der Dinge sagt, die Autobauer sonst eher nicht sagen: Ja, zum Fahrrad, Ja zur autofreien Stadt. Sein Sion soll ein Fahrzeug sein für die mittlere Strecke, also für alles, was zu weit ist für das Fahrrad, aber auch zu kurz, um dafür in den Zug oder gar in den Flieger zu steigen. Der Sion ist ein Elektroauto mit Solarpanels auf dem Dach und auf einer schneebedeckten Sprungschanze würde man mit dem Kleinwagen wohl keine 20 Zentimeter weitkommen. Aber darum geht es hier auch nicht.
"Wir wollen eben dieses Fahrzeug produzieren, um wirklich etwas zu verändern. Also nicht, um uns zu bereichern oder so etwas, sondern um da draußen die Elektromobilität voranzubringen und alles, was damit zusammenhängt, also sei es von der Erdölproduktion über die Feinstaubwerte in den Städten, die ja gerade ein großes Thema sind, wollen wir einiges verändern und sehen da großes Potenzial."

Moos filtert Feinstaubpartikel

16.000 Euro soll so ein Sion kosten, bislang gibt es nur einen Prototypen, irgendwann aber soll das Öko-Auto in Serie gehen, helfen sollen dabei Partner aus der klassischen Autoindustrie. Denen muss Laurin Hahn dann auch immer wieder die Sache mit dem Moos erklären, das im Innenraum des Fahrzeugs verpflanzt wurde und das Feinstaubpartikel aus der Luft filtern soll.
"Es hat eine feinstaubfilternde Wirkung, aber es hat auch einen Designaspekt. Es sieht unserer Ansicht nach sehr schön aus und hat einen ganz neuen Look im Fahrzeuginnenraum, da es eben umlaufend ist wie eine Fahrzeugblende. Also jeder, der jetzt im Fahrzeug sitzt, kann sich vorstellen, dass seine Sichtlende oder Zierleiste durch eine Moosleiste ausgetuscht wird und dann auch noch mit einer Ambientbeleuchtung beleuchtet wird."

Ein Auto zum Teilen

Das Moos muss nicht gegossen werden oder dergleichen und Ähnliches gilt auch für das Auto an sich: Der Sion ist kein Fahrzeug, an dem man herumbastelt oder an das man neue, geile Alufelge schraubt. Der Sion ist ein Auto für eine Generation, für die das eigene Auto kein Sehnsuchtsgegenstand mehr ist. Für eine Generation, die lieber auf der Datenautobahn unterwegs ist, als über die A9 zu brettern, für eine Generation, die sich mit 18 vom hart erjobbten Geld lieber ein Smartphone kauft, als einen gebrauchten Golf GTI. Und für eine Generation, die einfach nur nutzen will, anstatt zu besitzen:
"Die Jugend von heute, wenn man das so sagen darf, wird in Zukunft kein eigenes Auto mehr besitzen. Deswegen integrieren wir ins Fahrzeug von Anfang an ein Carsharing, das heißt ich kann dieses Auto auch vermieten privat an andere Personen und kann dabei Geld verdienen. Das ist ein wichtiger Aspekt, den in Zukunft geht alles in Richtung 'ich leihe mir etwas', Sharing ist da das Zauberwort dafür."
Eine andere Autowerbung, diesmal BMW. Kurvige Landstraßen, offenes Kabriodach, von 0 auf 100 in unter vier Sekunden. Freunde am Fahren eben. Fahren wird mit dem Sion wird wohl nicht ansatzweise so viel Spaß machen, aber auch das ist irgendwie sehr egal.
"Bei uns geht es nicht um die Freude am Fahren, sondern Freunde an der Mobilität."
400.000 Euro haben Laurin Hahn und seine Mitstreiter schon eingenommen über Crowdfunding, damit können sie die Entwicklung an ihrem Auto weiterfinanzieren. Und wer weiß: Irgendwann vielleicht das Prinzip "Auto" revolutionieren. Nichts ist unmöglich.
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