Ladehemmung am Straßenrand
Anfang des Jahres waren gerade mal 25.000 steckdosentaugliche Autos unterwegs. Die Gründe sind einfach: Es gibt immer noch kein gut ausgebautes Netz an Ladestationen, Elektroautos haben eine geringe Reichweite und sie sind etwas teurer in der Anschaffung.
Gleich mehrere stehen auf den Parkplätzen. Gelbe fingerdicke Kabel pendeln zwischen der Steckdose im Laternenpfahl und den E- Autos. Ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Fahrzeuge geladen werden.
Auch die E-Limousine von Reinhard Müller hängt am Kabel, während er selbst in einem der modernen Bürokomplexe, die rund um den Schöneberger Gasometer entstanden sind, seiner Arbeit als EUREF-Vorstandsvorsitzender nachgeht.
Reinhard Müller kämpft gegen Vorurteile, die den leise surrenden Elektroautos im Weg stehen. Hoher Preis, niedrige Reichweite, zu wenige Ladestationen, schlechtes Image, das alles lässt der begeisterte Autofahrer mit Rennfahrerlizenz nicht gelten.
"Einfach mal ausprobieren. Ich glaube, die Leute haben Vorurteile, einfach mal machen und dann wird man sehen, welche Möglichkeiten in solchen Autos stecken."
Der Manager im hellen Sommeranzug fährt einen schicken TESLA, das Premiumfahrzeug unter den E-Autos, und ist von seiner Wahl begeistert.
"Allein die Tatsache, dass ich ein Elektroauto wie den Tesla alle 500.000 Kilometer zur Inspektion bringen muss, dann wird erst der Motor gewartet. Wenn ich sehe, dass wir wesentlich weniger Bremsscheiben verbrauchen, weil halt eben der Motor bremst…"
Das allein sollte genügen, um jeden Autofahrer zu überzeugen, meint der autobegeisterte Manager.
Mehr oder weniger geräuschlos tüfteln drei Jungunternehmer, nur wenige Meter von seinem Büro entfernt, an einer bahnbrechenden Geschäftsidee. Als Startup Unternehmen mit dem Namen "Ubitricity" haben sie ein so genanntes intelligentes Stromkabel mit zwei Steckern und integriertem Stromzähler entwickelt.
Es soll teure Ladestationen überflüssig machen und die künftigen Käufer von Elektroautos überzeugen. Einfach, weil es so simpel ist. Nina Keim ist die Verkaufsmanagerin. Ihr fällt es nicht schwer, für das Produkt zu schwärmen. Für das Fahren von E-autos begeistert sie sich ohnehin. Man hört fast nichts…
"...wenn überhaupt ein leises Surren oder Summen und ich fahre…"
Ohne Smartphone keine Straßenlaterne
Bis zur nächsten Ladestation. Ohne Smartphone hätte sie die Straßenlaterne unter Alleebäumen mitten in einem Berliner Wohngebiet nicht gefunden. Da hängt kein Schild, nichts. Es ist eine Straßenlaterne wie jede andere. Die Verkaufsmanagerin parkt den Wagen. Sie holt das fingerdicke gelbe Kabel mit den zwei Steckern aus dem Kofferraum. In der Mitte des Kabels hängt ein rechteckiger Kasten, darin steckt die gesamte Elektronik inklusive Stromzähler. Sie steckt einen der Stecker in die Steckdose, die in den Laternenmast eingebaut ist. Fertig.
"Das ist wirklich kinderleicht. Sie brauchen nur ihr intelligentes Ladekabel und die Autorisierung erfolgt vollautomatisch, also von daher wirklich sehr einfach in der Handhabung. – Also es liegt gut in der Hand, es ist aus Plastik, wie eine Pistole, die stecke ich jetzt da rein, das ist nicht sehr schwierig, ein grünes Licht deutet an, dass der Ladevorgang aktiv ist, also das Auto wird geladen. – All die Technik, die zur Abrechnung nötig ist, ist einfach nur die logische Konsequenz, dass sie im Auto mitfährt und nicht überall vor Ort verbaut ist und unnötig Kosten verursacht."
Ubitricity erwartet den Durchbruch in diesem Herbst. Dann soll das intelligente Ladekabel den Markt erobern, nicht nur in Berlin. Auch in anderen Bundesländern stehen die Kommunen in den Startlöchern.
"Wir haben mit der Stadt Bensheim in Hessen oder auch mit der Stadt Bremen große Pilotprojekte, ähnlich wie hier in Berlin. Auch in der Bodenseeregion, gefördert durch das Land Baden-Württemberg haben wir eine große Feldtestregion, also wir sind jetzt schon mit einer dreistelligen Zahl an Systemsteckdosen schon im Feld, die quasi den Markt vorbereiten."
Einige hundert Euro soll so ein Kabel mit integriertem Stromzähler kosten. Alles andere ist so einfach wie der Vertag fürs Smartphone. Anbieter aussuchen und fertig. Bundesweit sind ein Prozent der zehn Millionen Laternen als Ladestation geeignet, rechnet Nina Keim vor. Das wären umgerechnet 100.000 Ladestationen, die man ohne großen Aufwand einrichten könnte.
"Mit einem mobilen Stromzähler wird Ladestruktur flächendeckend bezahlbar und deswegen wird das ein erheblicher Beitrag zur Elektromobilität sein."
Es könnte funktionieren. Nur: Derzeit kann man noch nicht einmal die bereits umgerüsteten Straßenlaternen, die es ja bereits gibt, im Straßenbild erkennen. Für entsprechende Hinweisschilder fehlt bisher die Genehmigung. Ein Missstand, der umgehend bereinigt werden müsste, meint EUREF-Campus Chef Reinhard Müller. Denn nur, wenn die Ladestationen im Straßenbild zu sehen sind, wird es künftig mehr Käufer für E-Autos geben.