Eliasson, Baselitz, Rauch

Warum Opernintendanten so gern mit Promi-Künstlern arbeiten

Auf dem Bild ist eine Person ganz in Schwarz zu sehen, aus dessen Händen grüne Laserstrahlen kommen.
Olafur Eliasson, Set, costume and light test for the 2018 production of Jean-Philippe Rameau’s Hippolyte et Aricie at Staatsoper Unter den Linden, Berlin; Photo: Michael Waldrep / Studio Olafur Eliasson © 2018 Olafur Eliasson
Von Uwe Friedrich |
Das Magazin "Opernwelt" wählte zum "Ärgernis des Jahres" bildende Künstler, die als Bühnenbildner arbeiten. Doch Operintendanten kann das Heft nicht umstimmen: Sie arbeiten weiter mit Künstlern wie Olafur Eliasson zusammen.
"In regelmäßigen Abständen da herausgefordert zu werden durch einen Maler oder Bildhauer, finde ich spannend."
Sagt Matthias Schulz, Intendant der Berliner Staatsoper Unter den Linden. An seinem Haus hat man jahrelange Erfahrung mit Malern, die Bühnenbilder entwerfen. Schon 2002 stattete Jörg Immendorf Schostakowitschs "Die Nase" aus, Markus Lüpertz lieferte das Bühnenbild zur Wiedereröffnung vor einem Jahr und Ende November wird Rameaus "Hyppolyte e Aricie" in einem Bühnenbild von Olafur Eliasson Premiere haben. Der hatte schon das Bühnenbild zur Uraufführung von Henzes "Phädra" entworfen. Gelernter Bühnenbildner ist aber auch er nicht, weiß Matthias Schulz.
"Es ist dann auch aus Sicht der Leitung immer sehr viel mehr Arbeit, wenn man jemanden hat, der nicht so erfahren ist. Aber einfach um diesen Opernbetrieb immer wieder zu erneuern, eben neue Ansätze zu suchen und zu finden und sich nicht nur im eigenen Saft zu bewegen, dazu ist es immer wieder notwendig, diese Tore aufzumachen."
Ob die Erneuerung ausgerechnet von Malerfürsten kommt, die auf ihre alten Tage nochmal eben in der Oper debütieren, darf jedoch bezweifelt werden. Georg Baselitz verriet den Kollegen vom Bayerischen Rundfunk vor seiner "Parsifal"-Premiere im vergangenen Sommer, was er von szenischer Innovation hält.
"Diese Aussage heute der Manipulation am Stoff, was man Regietheater nennt, ist etwas, was ich gar nicht mag. Ich verstehe es schon, aber ich möchte es nicht und ich mache es auf gar keinen Fall. So weit so gut. Wenn von einem Baum die Rede ist, dann kann man erwarten, dass bei mir ein Baum mindestens auftaucht. Und wenn von Gral die Rede ist, auch."

Publikum buhte Baselitz für sein Bühnenbild aus

Dafür wurde Georg Baselitz erst vom Münchner Premierenpublikum ausgebuht, dann von der Kritik einhellig zerfetzt. Auch bei seinen Kulissen zeigte sich das Problem der meisten Bühnenbilder aus Malerhand: Die Erfordernisse der Bühne sind ihnen einfach fremd. Wie sollte es auch anders sein? Viele Maler geben freimütig zu, dass sie kaum in die Oper oder ins Schauspiel gehen, von den technischen Abläufen auf einer Bühne keine Ahnung haben.
Dass Georg Baselitz oder Neo Rauch, der in diesem Bayreuther Festspielsommer die Kulissen für "Lohengrin" beisteuerte, jedoch geschäftstüchtig den Verkaufswert ihrer Entwürfe auf dem Kunstmarkt einkalkulieren, darf man wohl annehmen. Bayreuther Festspiele, Münchner Nationaltheater, Staatsoper Unter den Linden, das sind schließlich prestigeträchtige Adressen im kunstinteressierten Bürgertum.
Das Kalkül der Opernintendanten auf der anderen Seite ist schwerer einzuschätzen. Neues Publikum anlocken, das sonst eher ins Museum oder in Galerien geht? Das Marketing ankurbeln, damit auch opernferne Medien berichten, die Oper mal wieder in den Tagesthemen vorkommt? Der Berliner Staatsopernintendant Matthias Schulz weist diese Vermutung zurück.
"Das rein aus Marketinggesichtspunkten zu sehen, das würde ich überhaupt nicht sagen. Wenn man jetzt Programm macht, ich kann das nur für mich sagen, geht es darum einfach, auf der Suche nach neuen ästhetischen Räumen und nach neuen Herausforderungen, sich diesen Herausforderungen von Zeit zu Zeit zu stellen, darum geht es doch auch bei Oper."

Ungelernte Bühnenbilder scheitern an Akustik

Jedenfalls ist die Angelegenheit teuer für die Opernhäuser. Baselitz, Rauch, Eliasson arbeiten sicher nicht für den Ausstattungsetat eines kleinen Stadttheaters, zudem bekam beispielsweise auch Olafur Eliasson von der Berliner Staatsoper zusätzlich ein erfahrenes Team an die Seite gestellt, das seine Entwürfe theaterpraktisch adaptieren soll.
"Der macht das sehr prozesshaft und alle drei Wochen sieht er ein Team, das daran arbeitet. Er sagt dann, in die und die Richtung passt das, dort würde ich anders vorgehen. Das ist das eine. Dann experimentiert er auch viel. Und am Ende muss man sagen, dass bei dieser Rameau-Oper, die wir gemeinsam mit ihm verwirklichen, dass man sehr viel Olafur Eliasson auch sieht und entdeckt."
Das kann funktionieren, Henzes "Phädra" hat damals durch Eliassons Bühneninstallation unbedingt gewonnen. Viel öfter funktioniert es aber nicht, weil Bühnenbildner eben doch ein Beruf ist, den man lernen muss. Gerade in der Oper ist das wegen der akustischen Anforderungen wirklich keine leichte Aufgabe. Immerhin hat Georg Baselitz im Münchner Nationaltheater noch etwas über Wagner gelernt, wie er im Bayerischen Rundfunk verriet.
"Und Parsifal, das wissen wir alle, ist eigentlich das Schönste, was Wagner komponiert. Und da gibt es ja dieses lange Vorspiel von zwölf Minuten. Von mir aus könnte die Oper da zu Ende sein, aber dann geht sie noch weiter. Das ist wunderbar."
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