Dafür muss "sich die Bundesregierung schämen"
Das Armutsrisiko von Kindern in Deutschland steigt. Das geht aus dem Familienreport hervor, den das Familienministerium vorgestellt hat. Beschämend für das wirtschaftsstarke Deutschland findet Elisabeth Niejahr, Chefreporterin der "Wirtschaftswoche".
Fast drei Millionen Kinder und Jugendliche wachsen unter schwierigen Bedingungen auf. "Es ist was, wofür man sich schämen muss und sich die amtierende Bundesregierung schämen müsste" meint die Journalistin Elisabeth Niejahr. Angesichts dessen, "dass es uns wirtschaftlich gut geht könnte es möglich machen, entschiedener und großzügiger für arme Familien zu sorgen". Vor allem mit Blick auf Alleinerziehende hätte man längst Abhilfe schaffen können, meint Niejahr. So zahle jeder zweite Unterhaltspflichtige nicht, vor allem Väter. Da springe der Staat ein bis die Kinder im Teenager-Alter wären, dann gebe es kein Geld mehr. Hier könne man mit wenigen Mitteln viel erreichen.
Genau hier soll ein Gesetz greifen - die Reform zum Unterhaltsvorschussgesetz - das aber "immer noch nicht richtig in Kraft getreten ist". Für Niejahr ein Unding: "Im Moment arbeiten die Jugendämter noch die ganzen Anträge ab, also es wird Leute geben, die nachdem jahrelang darüber geredet worden ist, immer noch kein Geld haben."
Baukindergeld hilft nicht
Es würde nicht unbedingt zu wenig Geld für Kinder und Familien ausgegeben, aber viele Familienleistungen würden nicht bei den Bedürftigen ansetzen. Nach den Wahlprogrammen der Parteien solle das auch so weitergehen. So sei es doch fragwürdig, ein so genanntes Baukindergeld einzuführen "bei aller Wohnungsnot und allen Problemen, die Familien mit Kindern haben, die sich eine Immobilie leisten wollen, wäre es doch wichtiger sich auf die Leute zu konzentrieren, die sich noch nicht mal eine Wohnung oder ein Haus leisten können und die wirklich in Not sind." Vom Ehegattensplitting profitierten vor allem kinderlose und ältere Ehepaare, die außerhalb der Zielgruppe lägen.
Wichtigste Maßnahme
"In den Großstädten Berlin, München, Hamburg lebt jedes dritte bis fünfte Kind von Hartz IV. Alleinerziehend zu sein ist inzwischen das größte Armutsrisiko in Deutschland." Die allerwichtigste Maßnahme, um hier gegen zu wirken "ist die Qualität der Kinderbetreuung zu verbessern. Der Kitaausbau, der in den letzten Jahren passiert ist, ist oft zu Lasten der Qualität gegangen. Wir brauchen nicht nur eine Verwahrung von Kindern, sondern eine Betreuung, es gibt da so tolle Angebote." Die Ideen wären da, die Konzepte, man müsse nur bereit sein, da auch Geld zu investieren.
Familien ab drei Kindern stärker fördern
Mit Blick auf die Pläne von SPD und Grünen findet Niejahr besonders gut, dass "die sich eine Sache in Frankreich abgeguckt haben. Da werden Großfamilien stärker gefördert als Familien mit wenigen Kindern." Ab dem dritten, vierten Kind brauche man ein anderes Auto, eine andere Wohnung und da klappe es wirklich nicht mehr, dass beide Eltern berufstätig sind. Da spielten finanzielle Argumente bei der Entscheidung für ein weiteres Kind eine große Rolle. "Das französische Beispiel, gezielt das dritte und vierte Kind zu fördern, ändert wirklich am Demografie-Problem etwas, denn wir haben in Deutschland gar nicht so viele mehr Kinderlose als anderswo, sonders es gibt bei uns besonders wenige Mehr-Kind-Familien."