Elke Bader: Che Guevara. Revolutionär, Guerillero und Medienikone
Gesprochen von Gert Heidenreich und Johannes Steck
Griot Hörbuchverlag, drei CDs, Spieldauer 166 Minuten
Tragische Ikone gescheiterter Utopien
Che Guevaras Foto hing lange Zeit in fast jedem Studentenzimmer. Er wurde zur Ikone selbsternannter Revolutionäre. Die Hörbuch-Biografie "Che Guevara" von Elke Bader räumt mit diesem Bild auf, beschreibt Che als Hardliner und narzisstischen Einzelgänger.
Seine Stimme erklingt in dieser Produktion nur einmal: 1964 wettert er vor der UN-Vollversammlung gegen den westlichen Imperialismus. In Kuba wird Che Guevara immer noch als Volksheld verehrt. Elke Bader, die Autorin des Hörbuches, sieht in ihm hingegen keine Lichtgestalt - und folgt damit Analysen, wie der des Historikers Gerd Koenen aus dem Jahr 2008.
Che Guevara, geboren 1928 in Argentinien, stammte aus gutem Hause. In seiner Kindheit litt er unter schwerem Asthma. Als 21-Jähriger unternahm er auf einem Fahrrad mit Hilfsmotor eine erste Erkundungstour in die Welt der Armen und Benachteiligten, sechs Wochen war er im Norden des Landes unterwegs.
"'Beladen mit Schreien der Entmutigung und des Glaubens komme ich zu euch, nördliche Brüder, verschlinge Kilometer im Ritus des Wanderns, mit meiner asthmatischen Materie, die ich trage wie ein Kreuz.' Mit solchen Versen veredelte er seine Plackerei, doch befremdet dieses überzeichnete Selbstbild zu einem vom Asthma geplagten Messias der Armen, denn angesichts der Menschen und ihres Leids, dem er ständig begegnete, lässt sich aus dieser aufgeladenen Selbstbebilderung auch ein auffälliger Hang zu einer narzisstischen Störung der Wahrnehmung herauslesen, wie Gerd Koenen in seinem Werk über Che Guevara feststellt."
Kritische Distanz - diese Grundhaltung zieht sich durch das gesamte Hörbuch. Und dass diese Distanz in all ihren Zwischentönen auch wirklich zu hören ist, liegt an Gert Heidenreich. Der Aufbau des Hörbuchs ist konventionell, weitgehend chronologisch, mit kurzen Musikeinspielungen.
"Ein absolut fatalistisches Sendungsbewusstsein"
Johannes Steck spricht als zweite Stimme Auszüge aus Briefen und anderen Quellen. Nach der erfolgreichen Revolution in Kuba war Che wieder auf Reisen, drei Monate. Seiner Mutter schrieb er aus Indien:
"Ich bin immer noch derselbe Einzelgänger wie früher. Ich habe keine Heimat, keine Frau, keine Kinder, keine Eltern, keine Geschwister. Und meine Freunde sind nur solange meine Freunde, wie sie meine politische Meinung teilen. Und doch bin ich zufrieden. Ich habe das Gefühl, etwas im Leben zu sein. Es ist nicht nur diese starke innere Kraft, die ich immer gespürt habe, sondern auch die Macht, andere mitzureißen, so wie ein absolut fatalistisches Sendungsbewusstsein, das mir alle Angst nimmt."
Kuba war für ihn nur der erste Schritt zu einer Revolution auf drei Kontinenten: Lateinamerika, Asien, Afrika.
"Christus mit der Knarre"
"Im Kongo glaubte er ihn auszumachen, jenen Rachedurst, der die Völker vor das letzte blutige Weltgericht treiben sollte."
Doch revolutionären Erfolge konnte er keine mehr erzielen. Weder im Kongo, noch in Bolivien, wo er im Oktober 1967 schließlich von Regierungstruppen gefasst und ohne Gerichtsverfahren hingerichtet wurde.
"Bald sollte Che Guevara weltweit zur tragischen Ikone der gescheiterten Utopie werden. 'Christus mit der Knarre' würde der deutsche Liedermacher Wolf Biermann aus ihm machen. 'Che lebt' sollte bald wie ein mit Kreide geschriebenes Menetekel an den Wänden der Unisäle auf der ganzen Welt auftauchen. Der Mythos war geboren."
Der Mythos: Warum Che Guevara, der hier vor allem als Hardliner und als narzisstischer, isolierter Einzelgänger beschrieben wird, so eine Strahlkraft hatte, weit über seinen Tod hinaus, darüber hätte man gerne noch mehr erfahren.