Eltern bleiben trotz Trennung – Was ist das Beste für das Kind?
Darüber diskutiert Vladimir Balzer heute von 9.05 Uhr bis 11 Uhr mit der Familienrechts-Anwältin Eva Becker und dem Kinderpsychologen Stefan Rücker. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
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Was ist das Beste für das Kind?
93:01 Minuten
Wenn Paare sich trennen, bleibt nicht nur diese Beziehung auf der Strecke. Es betrifft jährlich auch bis zu 300.000 Kinder. Oft gibt es Streit um die weitere Betreuung. Wie kann eine gemeinsame Sorge trotz Trennung gelingen? Diskutieren Sie mit!
Statistisch gesehen wird jede dritte Ehe in Deutschland geschieden, hinzu kommen die Trennungen von unverheirateten Paaren. Oft kommt zum Rosenkrieg noch der Streit um die Kinder hinzu. Wie können getrennte Paare weiter gemeinsam Eltern bleiben?
Sorgerechtsdramen vor Gericht
"Es sind drei große Themen: Die elterliche Sorge, die Betreuungsfrage – und wer zahlt was?", sagt Eva Becker. Die Berliner Fachanwältin für Familienrecht kennt die Dramen, die sich abspielen, wenn es um das Sorge- und Umgangsrecht geht. Besonders, wenn Unverheiratete nicht das gemeinsame Sorgerecht vereinbart haben. "Bei Unterhalt und der Betreuung herrscht eigentlich ein Gleichstand – wenn beide die elterliche Sorge haben." Wenn nicht, drohe Stress: "Die Mutter ist Kraft Gesetz Elternteil. Der oder die andere ist es nicht." Und das sorge oft dafür, dass unverheiratete Väter nach einer Trennung um ihre Rechte kämpfen müssten.
Ihre Erfahrung: Die Verfahren zögen sich viel zu lang hin: "Man sollte Eltern nicht durch drei oder vier Mediationen schicken. Die Verfahren dauern unter Umständen zwei Jahre; dabei könnte man einen Konflikt auch durch eine flotte Gerichtsentscheidung sehr gut lösen. Aber das ist in unserer Denke nicht drin."
Seelische Folgen für die Kinder
"Eltern sind für Kinder wie eine Burg. Wenn sie sich trennen, reagieren die Kinder mit Ängsten, sie haben Stress", sagt Dr. Stefan Rücker, Leiter der Arbeitsgruppe Kindeswohl an der Universität Bremen. Der Kinderpsychologe und Paarberater leitet zudem die Forschungsgruppe PETRA, die sich mit seelischen Belastungen von Kindern beschäftigt. Seine Erfahrung: "Wenn Eltern es gut regeln – und das passiert in dem Großteil der Fälle – dann beruhigen sich die Kinder auch wieder. Aber wenn eine Konkurrenz zwischen den Eltern entsteht, haben Kinder das Gefühl, sie müssten sich entscheiden." Daran könnten Kinder dauerhaft Schaden nehmen.
Jährlich verlören zudem 40.000 bis 60.000 Kinder durch eine Trennung den Kontakt zu einem Elternteil. Mit zum Teil drastischen Folgen. "Eine Eltern-Kind-Entfremdung ist für mich nicht weniger als ein Verbrechen an der seelischen Entwicklung von Schutzbefohlenen. Die Folgen reichen von Traumatisierungen bis zu Störungen im Sozialverhalten, Depressionen, Angsterkrankungen", so der Psychologe.
Sein Appell: "Wir brauchen dringend ein Beratungsangebot für Eltern. Was vernünftig wäre, dass sich Eltern, wenn es auf der Paarebene kriselt, schon mal Hilfe holen: Wie gestalten wir das mit den Kindern aus? Sich präventiv beraten lassen und den Kindern signalisieren: Wir trennen uns, aber du bist nicht schuld daran."
(sus)