15 Jahre Elterngeld
Noch immer sind in Deutschland die Geschlechterstereotype stark verbreitet: Der Vater verdient Geld, die Mutter kümmert sich um die Kinder. © imago images / fStop Images / Malte Mueller
Väter fehlen in der Familienarbeit
07:30 Minuten
Eigentlich sollte das Elterngeld Fortschritte bei der Aufteilung der elterlichen Betreuungszeit bringen. Geändert hat sich aber nicht viel. Thomas Altgeld, Vorsitzender des Bundesforums Männer, sieht die Schuld da nicht alleinig bei den Vätern.
Seit 15 Jahren gibt es das Elterngeld. Uneingeschränkt begeistert gratulieren kann man anlässlich dieses Jubiläums aber nicht. Denn Fortschritte bei der Aufteilung der elterlichen Betreuungszeit hat es nur wenig gebracht. "Väter übernehmen kaum alleinige Verantwortung für die Kinderbetreuung", lautet ein Ergebnis einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB).
Trotz vieler Erfolge im Zuge der Einführung des Elterngeldes trügen Mütter nach wie vor den Hauptanteil bei der Familienarbeit. Nur etwa jeder zehnte Vater nehme mehr als zwei Monate Elternzeit in Anspruch.
Elterngeld – ein Rechenexempel
Thomas Altgeld, Vorsitzender des Bundesforums Männer, sieht die Daten sehr viel positiver: „Dass mehr als 40 Prozent der Väter zwei Monate Elternzeit nehmen, ist schon mal ein kleiner Erfolg in diesem Bereich“, sagt er.
Wie viel Elternzeit Väter in Anspruch nehmen, sei für viele Familien vor allem ein Rechenexempel. „Dann kriegen sie raus: Es rechnet sich für uns, wenn Vater weiter Arbeiten geht.“ Denn nach wie vor besteht in vielen Familien ein Lohngefälle, weil Frauen in Berufen arbeiten, die schlechter bezahlt sind. Insofern sei diese Entscheidung nicht alleinig den Vätern zuzuschreiben.
Geschlechterstereotype in vielen Branchen
Wer als Vater das Elterngeld länger in Anspruch nehmen wolle, müsse außerdem noch immer „gegen Geschlechterrollen und Geschlechterstereotype ankämpfen, die sehr weit verbreitet sind“.
Viele Paare seien „in diesen klassischen Geschlechterrollen gefangen. Ich erlebe das als Arbeitgeber selber“, so Altgeld. In Arbeitsbereichen wie beispielsweise der Baubranche sei es für Väter nicht einmal selbstverständlich, zwei Monate Elternzeit zu nehmen. „Wenn du da kommst mit zwei Monaten Väterzeit, dann bist du bei der Karriereleiter eben am unteren Ende, geschweige denn, dass du überhaupt noch irgendwie weiterkommst. Es gibt Branche, wo es karrieregefährdend ist, so etwas zu machen.“
Gesamtgesellschaftliche Akzeptanz fehlt
Die Entscheidung sei also nicht nur von den jeweiligen Paaren abhängig, sondern von einer gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz gegenüber einer aktiven Vaterrolle.
„Wir wollen vielleicht gar nicht, dass Väter das machen“, so Altgelds Vermutung. Denn auch großes politisches Interesse scheine an dem Thema nicht zu besteht. Schließlich sei das Elterngeld eine der wenigen staatlichen Leistungen, die in 15 Jahren nicht einmal erhöht wurden. „Wie wichtig ist dem Staat das überhaupt, dass da andere Anreize gesetzt werden?“
Für einen grundsätzlichen Wandel fordert Altgeld ein Umdenken, „ob Erwerbsarbeit uns als Gesellschaft so wichtig ist – oder ob Familien- und Carearbeit nicht einen wichtigen Stellenwert hat“.
(dpa / lkn)