EM-Tagebuch (4)

Italiens Oldie-Kader besiegt Belgiens Youngster

Graziano Pellè (L) feiert mit Torhüter Gianluigi Buffon, nachdem er bei der Fußball-EM im Stade de Lyon das 2:0 für Italien gegen Belgien erzielt hat.
Graziano Pellè (L) feiert mit Torhüter Gianluigi Buffon, nachdem er im Stade de Lyon das 2:0 gegen Belgien erzielt hat. © picture alliance / dpa / Uwe Anspach
Von Thomas Wheeler · 14.06.2016
Die Azzurri sind wieder da. Und wie! Trainer Antonio Conte hatte sein Team gegen Geheimfavorit Belgien taktisch hervorragend eingestellt. So schafften die Italiener zum Einstieg in die Fußball-EM ein überraschend klares 2:0.
Wunder- oder Knalltüte? Was hatten sie sich in Italien Gedanken gemacht ob des Leistungsstandes ihrer Nationalmannschaft. Durchaus verständlich, hatten die Tifosi doch zumindest bei den letzten zwei Weltmeisterschaften mächtig gelitten. Jeweils das Aus in der Vorrunde. Was für eine Blamage!
Dazwischen allerdings die starke EM vor vier Jahren, der nur die Vollendung fehlte, weil die Spanier im Finale übermächtig waren und müde Italiener 4:0 demontierten.
Jetzt sind sie wieder da. Und wie. Antonio Conte hatte seine Mannschaft gegen Geheimfavorit Belgien taktisch hervorragend eingestellt. Extrem stabil in der Abwehr mit dem Block von Juventus Turin. Im Tor der 38-jährige Gianluigi Buffon. Davor die eingespielte Dreierkette mit Giorgio Chiellini, Leonardo Bonucci und Andrea Barzagli.
Dieses Quartett strahlte Sicherheit auf den Rest des Teams aus, wobei sich Niemand zu schade war, die spielstarken Belgier sogar in Manndeckung zu nehmen. Und wenn du hinten sicher stehst, kannst du auch Angriffe starten, was der viermalige Weltmeister nach einer guten halben Stunde auch in die Tat umsetzte.
Herrlicher Pass von Bonucci, Toby Alderweireld verschätzte sich und Emanuele Giaccherini hatte freie Bahn – der belgische Torhüter Thibaut Courtois chancenlos – das 1:0 für die Azzurri. Antonio Candreva und Graziano Pellè, Italiens Bester an diesem Abend, hatten mehr auf dem Fuß, aber Courtois hielt die Roten Teufel im Spiel.
Zurück aus der Pause hatte Romelu Lukaku die große Ausgleichsmöglichkeit, verzog aber knapp. Im Gegenzug erneut Pellè, aber Courtois stand dem zweiten Tor der Südeuropäer wieder im Weg. Die Belgier nun zwar insgesamt offensiver, fanden aber keine Lücke. Bis auf den eingewechselten Divock Origi, dem bei seinem Kopfball in der 82. Minute nicht viel zum 1:1 fehlte. Der
ehemaliger Dortmunder Ciro Immobile, der erst kurz vor Schluss in die Partie kam, hätte dann alles klar machen können. Aber wiederum glänzte Courtois.
In der letzten Minute der Nachspielzeit dann noch die endgültige Entscheidung. Immobile auf Candreva, der mit der Übersicht auf Pellè, und mit einem sehenswerten Volleyschuss machte dieser nicht nur einen optimalen Start der ältesten Turniermannschaft perfekt, sondern krönte auch seine starke Leistung.
Machen die Italiener dort am Freitag gegen Schweden weiter, könnte sich der Oldie-Kader, dessen Start-Elf gegen Belgien einen Schnitt von 31 einhalb Jahren hatte, schon fürs Achtelfinale qualifizieren.

Schweden mit glücklichem Remis gegen Irland

Es gibt nur wenige Teilnehmer bei dieser Europameisterschaft, die so abhängig von einem Mann sind, wie die Skandinavier. Ist Zlatan Ibrahimovic gut, profitieren seine Kollegen davon. Erwischt er allerdings einen schwachen Tag, sind die anderen nur Alibispieler.
Zwar war es gegen die Iren nicht ganz so krass, aber die Boys in Green begannen entgegen ihrer gewöhnlichen Darbietungen sehr forsch und zwangen den schwedischen Torwart Andreas Isaksson gleich mehrfach zu einem Arbeitsnachweis. Dies wurde in der 48. Minute belohnt. Eine Coleman-Flanke verwertete Wesley Hoolahan zur Führung.
Die Schweden mussten nun mehr machen, aber nach einer kurzen Drangphase lief ihnen die Zeit davon. Bis der insgesamt blasse Ibrahimovic zum zweiten Mal in diesem Spiel etwas Gelungenes zu Werke brachte und eine Flanke in den irischen Strafraum beförderte. Diese köpfte Innenverteidiger Ciaran Clark zum Schreck seiner Landsleute allerdings ins eigene Tor. Das 1:1 – höchst schmeichelhaft für die Tre Kronor, und dabei blieb es auch bis zum Ende.
In dieser Form haben die Iren am nächsten Samstag auch eine Chance gegen Belgien.

Aufgefrischte Altmeister wollen es noch mal wissen

Mit immer noch fünf Spielern aus der Weltmeisterelf 2010 ist Vincente del Bosque das Turnierspiel eins nach dem WM-Debakel 2014 angegangen. Der Kandidat des Volkes für den Königs-Thron schickte gegen die Tschechische Republik eine Mannschaft aufs Feld, die wieder hungrig auf Erfolge war. Die Tschechen dagegen riskierten nicht viel und stellten den Roten Furien eine Betonmauer entgegen.
In dieser gab es aufgrund des Drucks der Spanier jedoch einige Löcher, und durch die schlüpfte immer wieder Álvaro Morata. Der Junior-Stürmer von Juventus Turin lieferte sich ein Privatduell mit dem tschechischen Schlussmann Petr Cech. Mit dem besseren Ende für Cech.
Spaniens Nummer eins war diesmal David de Gea, dem del Bosque trotz eines angeblichen Sex-Skandals den Vorzug gegenüber Routinier Iker Casillas gab. De Gea hatte in der ersten Hälfte kaum etwas zu tun, wenn es gefährlich wurde, war er jedoch aufmerksam. Das musste er auch sein, denn nach einem vielversprechenden Beginn des Titelverteidigers hatten die Tschechen zwei sehr gute Gelegenheiten.
Daraus wurde jedoch nichts, und so brachte Del Bosque mit der Einwechslung von Bayern-Profi Tiago und Europa League Torschützenkönig Aritz Aduriz nochmals frischen Wind. Aduriz fügte sich mit zwei Aktionen gleich gut ein, ein Tor fiel dabei jedoch nicht.
Als die Tschechen versuchten, das torlose Unentschieden über die Zeit zu bringen, kam der Moment von Gerard Piquè. Eine Flanke von Andres Iniesta nickte er zum Siegtor für den Europameister ein. Was dieser Sieg wert ist, wird sich am Freitag zeigen, wenn der Titelverteidiger gegen die Türkei spielt.
Mehr zum Thema