Vielschichtige Klänge
Der nigerianische Soundkünstler Emeka Ogboh arbeitet in seinen Collagen und Installationen mit Tönen, Stimmen und Geräuschen. In seiner neuen Klanginstallation lässt er Archivaufnahmen von Haile Selassie aus alten Röhrenradios erklingen.
Emeka Ogboh: "Wir haben alle eine starke Verbindung zum Klang. Im Mutterleib entwickelt sich der Hörsinn als einer der ersten Sinne, und schon vor unserer Geburt werden wir durch Geräusche geprägt. Der Hörsinn gehört zu unseren Instinkten."
Emeka Ogboh, 1977 in Nigeria geboren, arbeitet in seinen Collagen und Installationen mit Tönen, Stimmen und Geräuschen. Der Klangkünstler lebt in der afrikanischen Megacity Lagos – und in Berlin, seit er vor einem Jahr als DAAD-Stipendiat in die Stadt kam.
"Berlin hat mich allerdings nie dazu inspiriert, Aufnahmen zu machen. Ich sage nicht, dass die Geräusche der Stadt langweilig sind. Aber wenn man aus einer Stadt wie Lagos kommt, mit diesen verschiedenartigen, vielschichtigen Klängen, dann erscheint einem Berlin sehr blass. Berlin aufzunehmen, das hat mich bisher noch nie interessiert."
Die Geräusche der Stadt sind Emeka Ogboh auch einfach zu leise. Stattdessen verwendet er, seit er in Deutschland ist, zunehmend Archivaufnahmen für seine Installationen, aus dem ethnologischen Museum in Berlin-Dahlem oder auch aus aktuellen Radiosendungen. Und er gestaltet eigene Klänge, indem er mit Sängerinnen und Sängern zusammenarbeitet, mit Sprechern oder auch mit Komponisten.
Haile Selassie im Röhrenradio
Jetzt ist in der Berliner ifa-Galerie eine neue Ausstellung des Künstlers zu sehen. Der Titel: "Playback". Die Kuratorin Christine Werner:
"Er hat lange Recherchen gemacht in verschiedenen Archiven, und wir haben letztendlich vom äthiopischen Radio, aus den Archiven des äthiopischen Radios, die Reden in den original Tonaufnahmen erhalten, wie sie 1963 bei der Gründungssitzung der 'Organisation for African Unity' gehalten wurden. So dass man jetzt die Stimme von Emperor Haile Selassie oder von Nasser hören kann."
Die historischen Reden des äthiopischen Kaisers Haile Selassie oder des ägyptischen Staatspräsidenten Nasser kommen aus alten Röhrenradios, die über- und nebeneinander an der Galeriewand befestigt wurden. Sie sind Teil einer Klanginstallation, die Emeka Ogboh für das neue Gebäude für Frieden und Sicherheit der Afrikanischen Union in Äthiopien konzipiert hat.
Christine Werner: "Emeka hat die Hymne der Afrikanischen Union übersetzen lassen in möglichst viele Landessprachen und die Komposition hier oben sind Fragmente, Zeile für Zeile in den verschiedenen Sprachen. Also es ergibt in der Diversität der verschiedenen Sprachen wieder die Hymne als eins, also 'unity in diversity' ist das Thema."
Noch bis Ende November ist Emeka Ogboh auch auf der Biennale in Venedig vertreten ist. In seinem Klangkunstwerk singen afrikanische Migranten, die alle in Berlin leben, die deutsche Nationalhymne in ihren unterschiedlichen afrikanischen Muttersprachen und lassen dadurch ein ganz neues Lied entstehen .
Wegen seiner Hautfarbe halten ihn viele für einen Flüchtling
Als politischen Künstler sieht sich Emeka Ogboh dennoch nicht.
"Seit ich in Berlin bin, geht es um Migration, um Zuwanderung, auch um Flüchtlinge. Das ist das große Thema in Deutschland, in Europa. Und es betrifft mich auf unterschiedliche Art und Weise. So sehen die Menschen hier meine dunkle Hautfarbe und halten mich für einen Flüchtling.
Dennoch bin ich in meiner Kunst völlig frei, niemand übt Druck auf mich aus. Doch natürlich beeinflusst mich mein Lebensumfeld und natürlich beeinflusst es auch meine Kunst."
Und die aktuelle Politik wird ihn auch weiterhin begleiten. Mit dem Gorki-Theater erarbeitet Emeka Ogboh derzeit eine Audio-Installation für den Berliner Herbstsalon, der Mitte November beginnt.
Das diesjährige Thema: Warum fliehen, flüchten Menschen nach Berlin? Welche sichtbaren und unsichtbaren Grenzen ziehen sich durch die deutsche Bevölkerung, durch Europa?