Emil Nikolaus von Reznicek: "Ritter Blaubart"

Verschlinger der Frauen

Illustration des bösen Ritters, der einer zarten Frau einen Schlüssel übergibt, von Gustave Dore.
Blaubart übergibt seiner neuen Frau den Schlüssel zur Kammer seiner Geheimnisse. © imago images / imagebroker
Moderation: Stefan Lang |
Die Geschichte um den grausamen Ritter Blaubart, der nach Enttäuschungen die Frauen hinwegmordet, um wieder zu heiraten, wird mit opulenter Orchesterbesetzung erzählt: Neben vielen Streichern werden enorm viele Bläser und ein gewaltiges Schlagwerk gefordert.
Emil Nikolaus von Reznicek. Vielen kennen von ihm ausschließlich die herrlich fetzige Ouvertüre zu seiner Donna Diana. Ansonsten liegt sein Werk im Dunkeln. Verdrängt ist seine Musik von den zeitgenössischen Größen, wie Hans Pfitzner, Franz Schreker und Alexander Zemlinsky. Den größten Schatten wirft vielleicht Richard Strauss, mit dem er über Jahre jinweg regelmäßig Skat in seiner Charlottenburger Wohnung in der Knesebeckstraße gespielt hat.
In diesen Tagen gibt es ein Doppeljubiläum: vor 160 Jahren wurde er in Wien geboren und vor fast genau 75 Jahren starb er in Berlin. Grund genug, sich seiner Musik, seiner Person zu nähern.

Märchenstoff als Operngrundlage

Rezniceks Frau machte ihren Mann etwa 1815 auf das Gruselstück von Herbert Eulenberg aufmerksam. Das Bühnenwerk war 1906 im Berliner Lessingtheater zur Premiere gekommen - ein Märchen als modernes Psychodrama voller seelischer Abgründe eines Wahnsinnigen und charakterlicher Entgleisungen als Leitmotiv.
Das Foto zeigt einen Mann, der auffällig kurze Haare und einen breiten Schnurrbart trägt.
Ein zeitgenössisches Porträt das Komponisten und Dirigenten Emil Nikolaus von Reznicek.© dpa Bilderdienste / Bifab
Die Oper, die daraus entstand, wurde 1920 in Darmstadt uraufgeführt - im Oktober zog Berlin, wie viele andere Bühnen inzwischen auch, nach. Das Stück wurde ein Erfolg, im Gegensatz zur Schauspielvorlage, die vom Publikum eher skeptisch notiert wurde. Offensichtlich fehlte hier die Macht und Kraft der Musik.

Happy End oder Tragödie?

Grundlage ist das alte Märchen von Charles Perault, das den unheimlichen Kerl mit dem dichten, blauschwarzen Bart in den Mittelpunkt rückt. Blaubart, der Widersprüche faszinierend vereint, der über eine prächtige Ausstrahlung verfügt, der schockiert und fasziniert, der einen in den Bann nimmt. Der Ritter, der in allen Projekten quer über die Jahrhunderte männliches Potential verdichtet und Frauen reihenweise verführt, verstört und schließlich umbringt.
Die Grundkonstellation der Geschichte bleibt erhalten: meine Frau, halte Wacht über das Schloss – hier sind die Schlüssel, gehe nicht durch die Tür ins Schattenreich – und sie geht doch, der entsprechende Schlüssel entgleitet ihr und fällt in das Blut der geschlachteten Frauen. Das Rot lässt sich mit keinem Mittel dieser Welt abwaschen.
Die Szene bleibt als Handlungsscharnier bestehen. In den überlieferten Versionen endet das Geschehen abwechselnd versöhnlich oder in der Katastrophe – der Stoff birgt wunderbare Spielräume. In diesem Fall endet Blaubart in einem Flammenmeer.
Aufzeichnung der Oper im März 2002 im Großen Sendesaal im Haus des Rundfunks Berlin
Emil Nikolaus von Reznicek
"Ritter Blaubart", Märchenstück in drei Aufzügen
Libretto: Herbert Eulenberg

Ritter Blaubart – David Pittman-Jennings, Bariton
Graf Nikolaus – Arutjun Kotchinian, Bass
Werner, sein Sohn – Robert Wörle, Tenor
Judith, Tochter des Grafen – Celina Lindsley, Sopran
Agnes, Tochter des Grafen – Andion Fernandez, Sopran
Josua, Diener Blaubarts – Victor Sawaley, Tenor
Pfarrer – Carsten Sabrowski, Bass
Hinz, Leichendieb – Johannes Schmidt, Bass
Ratte, Leichendieb – Peter Maus, Tenor

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Michail Jurowski

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