Magisch und phantastisch
Der französische Saxofonist Émile Parisien hat sich in den letzten Jahren zu einem der prägenden Jazzmusikern Frankreichs und darüber hinaus entwickelt. Heute agiert Parisien mit einer verblüffenden Souveränität und bespielt die großen Konzerthäuser.
"Marciac ist ein magischer Ort für mich – und zugleich wie ein zweites Zuhause. Ich war ja früher ein Schüler auf dem dortigen College, seit meinem elften Lebensjahr und seit 25 Jahren verbringe ich dort jeden Sommer. Das ganze Team des Festivals hat mich über die Jahre sehr unterstützt und ist wie eine Familie für mich. Es ist schon beeindruckend wie dieser kleine Ort so ein riesiges Festival auf die Beine stellt."
Ein Gipfeltreffen des internationalen Jazz
Émile Parisien und Marciac – ein Liebesgeschichte, die auf Gegenseitigkeit beruht. Marciac ist ein kleiner Ort mit gerade mal 1200 Einwohnern in der Gascogne im Südwesten Frankreichs, verwandelt sich Ende Juli aber stets zu einem Gipfeltreffen des internationalen Jazz. 180.000 Zuschauer kommen verteilt auf die zwei Wochen und das Festival wird vehement unterstützt von Freiwilligen – den benévole.
Rund 700 dieser freiwilligen Helfer sind Jahr für Jahr am Start – und auch Émile Parisien war lange Zeit einer von ihnen. Er habe zum Beispiel Programmhefte, Würstchen oder Erfrischungsgetränke verkauft, meint er. Und nebenbei natürlich auch die Konzerte der großen Vorbilder gehört. Als 1998 eine seiner wichtigsten Inspirationsquellen – der Saxofonist Guy Lafitte – unmittelbar vor dem Festival verstarb, sprang der damals gerade mal 17-Jährige ins kalte Wasser und gab sein erstes eigenes Konzert auf der großen Bühne – vor 7000 Zuschauern.
"Das war ein sehr bewegender Moment. Guy Lafitte war ja damals mein Lehrer auf dem College. Und als er dann kurz vor dem Festivalbeginn starb, hat mir der Bassist Pierre Boussaguet vorgeschlagen eine Hommage an Guy Lafitte zu machen. Für mich war es das erste Konzert auf so einer großen Bühne. Da lag dann eine Rose für ihn und wir haben drei seiner Stücke gespielt. Das war sehr bewegend."
Nach ganz oben gespielt
Seit diesem Auftritt war Émile Parisien – zumindest in Frankreich – bekannt. Es dauerte allerdings noch eine ganze Weile, bis sich der Saxofonist nach ganz oben gespielt hat. Dass sein Stern erst in den letzten fünf Jahren erst so richtig aufgegangen, war für den persönlichen Reifeprozess sicher kein Nachteil. Heute agiert Parisien mit einer verblüffenden Souveränität. Und wenn er nun zum Beispiel nach Marciac zurückgekehrt, ist er einer der Headliner. Letztes Jahr bekam er dort eine "Carte Blanche" und konnte neben seiner – ohnehin schon hochwertig besetzten Band – noch weitere Jazzhelden wie Michel Portal und vor allem den Trompeter Wynton Marsalis einladen, der ebenfalls sehr eng mit dem Festival verbunden ist und sogar als lebensgroße Skulptur in Maricac verewigt ist.
"Letztes Jahr hatte das Festival ja seinen 40.Geburtstag und daher hielt ich es für eine gute Idee, Wynton einzuladen, bei dem ich schon Unterricht in Marciac hatte, als ich noch ganz klein war. Wir hatten über die Jahre hier und da schon zusammen gespielt. In dieser Besetzung hielt ich es allerdings für unwahrscheinlich, dass er zusagt. Doch er hat eingewilligt und darüber war ich sehr glücklich. Für mich war das wie ein Geschenk zum Festivalgeburtstag. Das Konzert wurde glücklicherweise aufgenommen und es wurde zu einer tollen Erfahrung. Magisch, unglaublich, phantastisch."
"Letztes Jahr hatte das Festival ja seinen 40.Geburtstag und daher hielt ich es für eine gute Idee, Wynton einzuladen, bei dem ich schon Unterricht in Marciac hatte, als ich noch ganz klein war. Wir hatten über die Jahre hier und da schon zusammen gespielt. In dieser Besetzung hielt ich es allerdings für unwahrscheinlich, dass er zusagt. Doch er hat eingewilligt und darüber war ich sehr glücklich. Für mich war das wie ein Geschenk zum Festivalgeburtstag. Das Konzert wurde glücklicherweise aufgenommen und es wurde zu einer tollen Erfahrung. Magisch, unglaublich, phantastisch."
In der Tat war das Konzert vom 8. August 2017 ein besonderes. Nicht nur Émile Parisien und Wynton Marsalis präsentierten sich in Höchstform, auch das deutsche Piano-Urgestein Joachim Kühn taucht tief in Parisiens Kompositionen ein und gibt permanent entscheidende Impulse, um diese wunderbare Musik noch weiter auszuformulieren. Das gespielte Material basiert auf dem letzten Studio-Album von 2016 – aber man merkt auch hier wieder, wie gut es der Musik tut, wenn sie regelmäßig live gespielt wird und weitererzählt wird und welchen Zauber ohnehin Live-Konzerte im Jazz entwickeln. Meistens. Hier auf jeden Fall.
"Seit den Aufnahmen für das Studioalbum haben wir etliche Konzerte gegeben. Man kann sagen, die Studioaufnahme klingt sicher recht frisch und es entstand etwas Neues. Aber in den Konzerten danach haben wir diese Musik vertieft. Und sie hat sich auch weiter geöffnet. Zumal sich die Musiker noch besser kennen und schätzen gelernt haben."