Pistolen-Emojis als Todesdrohung
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Herzen, Daumen hoch, lachende oder weinende Gesichter: Emojis sind ein wichtiger Teil der digitalen Kommunikation. Doch oft ist die Interpretation der kleinen Bilder Auslegungssache. In der Rechtsprechung führt das zu Komplikationen.
Etwa fünf Milliarden Emojis wurden laut Facebook im Jahr 2017 über deren Messenger versendet. Die kleinen farbigen Symbole ergänzen unsere Chats - und ersetzen teilweise die Sprache. Doch wo es Kommunikation gibt, gibt es auch Streit.
Kein Wunder also, dass die kleinen Bilder schon vor Gericht gelandet sind. Der Rechtswissenschaftler Matthias Pendl hat sich weltweit Fälle angeschaut, in denen Emojis eine Rolle spielten:
„Es werden Verträge mithilfe von Emojis geschlossen, Mieten erhöht, auf eBay-Kleinanzeigen werden Dinge verkauft. Aber es geschehen auch nicht so schöne Dinge mithilfe von Emojis: Drohungen und Hate Speech sind ein ganz großer Teil.“
Beleidigungen mit Tier-Emojis
Ein Beispiel aus Pendls Studie ist ein Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg. In einem öffentlich einsehbaren Kommentar auf Facebook hatte jemand in Anspielung auf einen Vorgesetzten ein Emoji eines Schweinekopfs gepostet, zusammen mit dem Begriff "fett". Das Gericht wertete das als grobe Beleidigung.
Aber auch im Strafrecht spielen Emojis eine Rolle. In den USA wurde ein Mann verurteilt, der seine ehemalige Lebensgefährtin körperlich misshandelt und ihr eine Textnachricht geschickt hatte, die unter anderem Bomben, Pistolen, Messer und Nadeln zeigte.
Emojis sind mehrdeutig
Die Schwierigkeit bei der Beurteilung von Emojis ist vor allem ihre Mehrdeutigkeit. Sie können unterschiedliche Bedeutungsebenen haben und auch unterschiedlich wahrgenommen werden. Zum Beispiel das Emoji mit den zwei aneinanderliegenden Handflächen: Sind das betende Hände oder ein High five?
„Das High five ist vielleicht eher eine Interpretation unter jüngeren Personen, während die sich bedankenden Hände vielleicht eher von älteren Personen benutzt werden. Da gibt es ganz viele Beispiele, wo ein und dasselbe Emoji anders verstanden wird“, sagt Pendl.
In einem österreichischen Fall beispielsweise ging es um Hetze gegen Ausländer. An die Hetze war das zwinkernde Emoticon angeschlossen. „Das Gericht hat das einbezogen in seiner Beurteilung und meinte, das sei eigentlich doch alles insgesamt eher scherzhaft zu beurteilen. Es gab dann keine Verurteilung. Das Opfer sah das bestimmt ganz anders“, erklärt der Rechtswissenschaftler. Gerade im Fall von Drohungen sei es oft so, „dass das Opfer, das eben wesentlich schlimmer wahrnimmt, als der, der das abgeschickt hat.“
Den Kontext beachten
Der Rechtswissenschaftler wünscht sich ein größeres Problembewusstsein der Juristen. Meistens würden die Bilder in Gerichtsentscheidungen nicht einmal abgebildet, sondern nur der Überbegriff „Emoji“ in eckigen Klammern aufgeschrieben. „Niemand weiß dann, wie die Nachricht wirklich ausgesehen hat. Emojis transportieren ja etwas, und das gehört zur Gesamtbotschaft. Und da ist es natürlich schade, wenn das einfach übergangen wird.“
Aus diesem Grund sollten Juristen sich intensiver mit dem Realphänomen Emojis auseinandersetzen, sagt Pendl: „Weil in den Gerichtsentscheidungen doch recht deutlich wird, dass Emojis nicht immer ganz ernst genommen werden und die Bedeutung möglicherweise auch manchmal verkannt wird.“