Stefan Mesch empfiehlt aktuell folgende Newsletter und weist zugleich darauf hin, dass sich die Adressen im Netz der einzelnen Angebote auch ändern können. Dann hilft eine Suchmaschine.
"New Frohmanntic" von Christiane Frohmann
Die Berliner Verlegerin schaut auf Alltag und neue Gegenwartsphänomene und überlegt, wo sie umsehen lernte in letzter Zeit.
"Magda liest. Und liest. Und liest" von Magda Birkmann
Welche Bücher werden gerne übersehen? Eine Buchhändlerin sucht Klassiker und aktuelle Stimmen – oft von Autorinnen: feministisch und machtkritisch.
"Kultur und Kontroverse" von Johannes Franzen
Worüber wird gestritten, und wie lenkt das Feuilleton literarische Debatten? Denkfehler, Aufreger, Kalkül und Skandale – gut erklärt und oft hart kritisiert.
"Die neue Norm" von Raul Krauthausen
Texte und Nachrichten zu Inklusion und Behinderung. Wer Barrieren und Strukturen verstehen will, findet hier maßgebliche Stimmen.
"Saure Zeiten" von Sibel Schick
Schick und wechselnde Gastautorinnen und -autoren sprechen in Kolumnen, Dialogen, Texten und Podcasts über gesellschaftliche Machtverhältnisse und Marginalisierungen.
"Phoneurie" von Berit Glanz
Welche Videos, Ideen und Muster verbreiten sich online – was wird wie neu pointiert, verfremdet und vereinnahmt? Eine Kulturbeobachtung via Online-Trends und Memes.
"Schreibers Naturarium" von Jasmin Schreiber
Spannende Tiergeschichten, Neuigkeiten über Pflanzen, unser Ökosystem und überhaupt über die Welt der Wissenschaft.
"Fan Theory of Everything"von Jonas Lübkert
Comic-Tipps, Neuigkeiten und Basiswissen zu Superheld*innen, aktuellen Debatten und Erzähltraditionen bei u.a. Marvel und DC Comics.
"Cheers!" von Anvar Čukosk
Der Verlagsnewsletter (Aufbau/Blumenbar) ist weniger werblich als die meiste Konkurrenz – im Sommer 2022 auch v.a. durch wechselnde Gast-Kuratorinnen und -kuratoren.
"Dear Daniel" von Daniel Schreiber
Essayist und Autor Daniel Schreiber beantwortet Anfragen von Menschen, die Rat suchen – oft sehr persönlich und wie in einer US-Self-Help-Kolumne.
"Kultur neu Denken" vom Kulturzentrum Oyoun
Das Kulturzentrum in Neukölln stellt vor allem migrantisierte und postkoloniale Literatur und Kunst vor – in einem monatlichen Newsletter
"Maria-Christina Piwowarski"
Die Buchhändlerin, Moderatorin und Literaturvermittlerin ist vor allem auf Instagram und in Podcasts aktiv. Im Newsletter ist Platz für längere Gedanken und Gespräche.
Auf Substack gibt es vor allem englischsprachige Literatur-Newsletter. Beliebt und markant sind dort unter anderem die Newsletter von Roxane Gay "The Audacity", Austin Kleon und Saeed Jones.
Literatur und Newsletter
Sie haben eine neue E-Mail. Überlegungen zu Literatur und Leben kommen immer öfter per Mail direkt ins Postfach. Neue Plattformen machen das Erstellen und Abonnieren leicht. © Getty Images / iStockphoto / MissTuni
Für Bücherfans, direkt ins Postfach
09:58 Minuten
Immer mehr Menschen, die über Literatur schreiben, nutzen dazu Newsletter oder Newsletter-Plattformen. Insbesondere der US-Dienst Substack hat die Entwicklung befördert. Journalist Stefan Mesch gibt Empfehlungen, welche Newsletter sich lohnen.
Wer schreibt, verschickt oft gern kurze Rundmails an Fans und Bekannte: als Update, wo Lesungen stattfinden, wo Interviews und Rezensionen erschienen, welche Fundstücke, Themen oder Fotos gerade interessieren. Auch kurze oder längere Texte, die in öffentlichen Blogs stehen, werden in solchen Newslettern mitunter noch einmal gebündelt, verwertet oder verlinkt.
Seit dem Erfolg der US-Plattform Substack, deren Betreiberfirma 2017 gegründet wurde, haben sich Newsletter weiter professionalisiert. Manchmal kann man gratis lesen, manchmal muss man zahlen, bei manchen registriert man sich via E-Mail, manche Newsletter-Texte stehen auch offen im Netz und die Leser können sich durchklicken.
Unterstützung für die Autoren
Die Autorin Kathrin Passig hebt in einem Erklärtext in der Frankfurter Rundschau hervor: "Die Plattformen behalten zehn Prozent der Einnahmen. Das Bezahlen ist dabei in den meisten Fällen freiwillig, man kann die Newsletter auch gratis abonnieren und die Texte stehen offen im Netz."
Es gehe in diesen Fällen also um eine Partnerschaft und die Anerkennung der Mühe: "Wer bezahlt, tut das, um die Arbeit der Schreibenden zu unterstützen."
Substack oder die deutsche Plattform Steady hätten damit neue, bequeme Abo- und Unterstützungsmodelle hervorgebracht: Stimmen, die die Empfänger oft bereits auf Twitter, Instagram oder in Blogs als zuhörendes Publikum oder durch direkte Kommentare, durch Teilen und Empfehlen unterstützen, landen nun direkt in E-Mail-Postfächern.
Diese seien in den letzten Jahren durch gute Spamfilter und Konkurrenz wie WhatsApp oft wieder leerer geworden, erinnert Kathrin Passig. Acht Newsletter vorzufinden und bei Bedarf in Ruhe lesen zu können, sei noch "ein Vergnügen", sagt Passig, doch "achtzig wären Arbeit."
Kritik an den Plattformen
In der Kritik steht Substack, weil die Plattform viele prominente Stimmen bezahlt, um dort Inhalte zu teilen, doch nicht sagt, welche konkret. So werde Substack von einer Plattform zu einem redaktionellen Angebot, meint Mesch.
Wie viele transfeindliche, rassistische oder antidemokratische Stimmen, die sich mit Abo-Modellen mehr Geld und Sichtbarkeit abseits der etablierten Medien erkämpfen wollen, werden auf der Plattform größer? Das ist eine Frage der Kritiker.
Eine Recherche der "Financial Times" kam zu dem Schluss, dass Glenn Greenwald – der Journalist, der die Erkenntnisse von Edward Snowden über das gigantische Spionageprogramm der USA publik machte – mit seinem Newsletter 2021 rund 160.000 Dollar pro Monat auf Substack verdiene.
Greenwald sei heute vor allem eine Joe-Biden-kritische Stimme auf rechten Sendern wie Fox News, sagt Stefan Mesch. 2021 habe "The Daily Beast" etwa gefragt, ob er durch solche Auftritte "The New Master of Right-Wing Media" sei.