En Ort des andachtsvollen Gedenkens
Die Grenzmauern wurden "nachgezeichnet", 20 Grenzhäuschen und vier Fluchttunnel: Zum Jubiläum des Mauerbaus wird die Gedenstätte an der Bernauer Straße in Berlin erweitert.
Die Neuigkeiten kamen zuerst. Vorgestellt wurde das erweiterte Ausstellungsgelände der Gedenkstätte Berliner Mauer, das am Samstag im Rahmen der Veranstaltung zum 50. Jahrestag des Mauerbaus vom Bundespräsidenten eröffnet werden soll. Fast anderthalb Kilometer lang ist jetzt die Fläche des früheren Grenzstreifens entlang der Bernauer Straße, auf der die früheren Grenzmauern "nachgezeichnet" werden, wie es heißt, ebenso der Signalzaun, 20 Grenzhäuschen, vier Fluchttunnel sowie ein Tunnel, den die Stasi benutzte. Auf rostig-braunen Stelen sind Texte dazu zu lesen.
Soweit die vermeldeten Neuigkeiten. Es folgten grundsätzlichere Ausführungen in eigentümlich festrednerischem Stil – dabei saßen nur Journalisten im Besuchersaal der Gedenkstätte Berliner Mauer. Kulturstaatsminister Neumann wies auf die 8,5 Millionen Euro hin, die der Bund für die erweiterte Gedenkstätte ausgegeben habe, die Erinnerung an die deutsche Teilung sei eine gesamtstaatliche Aufgabe, sie sei insbesondere nötig in Zeiten, in denen immer noch oder, wie er sagte, "sogar wieder mehr" Menschen das System in der DDR schönreden würden.
"Ich habe kein Verständnis für diejenigen, die sich weigern, die DDR als das zu bezeichnen, was sie war. Ohne Zweifel war sie ein Unrechtsstaat, der die fundamentalen Bürgerrechte wie Meinungs-, Presse-, Reise- und Versammlungsfreiheit und freie Wahlen versagte. Eine unabhängige Justiz gab es nicht, Andersdenkende wurden bespitzelt, verfolgt und inhaftiert und wie gesagt alle durch die Mauer und die unmenschliche Grenze eingesperrt. Wer dieses Unrecht verharmlost, relativiert zugleich auch den Mut derjenigen, die in der DDR nicht müde wurden, diese Zustände anzuprangern und schließlich halfen, sie zu überwinden."
Klare Worte aus Überzeugung. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sprach des längeren vom "Unrechtsstaat DDR".
"Es gibt überhaupt gar keinen Zweifel daran, welche Funktion diese Mauer hatte, sie war ein Teil eines diktatorischen Systems, und Herr Staatsminister Neumann hat völlig recht, die Debatten über Unrechtsstaat oder nicht Unrechtsstaat sind völlig neben der Materie, selbstverständlich war die DDR-Diktatur ein Unrechtsstaat, darüber dürfte es normalerweise keinen Zweifel mehr geben, aber wir wissen, diese Debatten werden auch aus unterschiedlichen Kreisen geführt. Hier ist ganz wichtig, deutlich zu machen, wir haben keinen Anlass, irgendetwas zu verharmlosen."
Mit Überzeugung vorgetragen auch dies, ja - und wohl auch mit dem Hintergedanken, sich dezent - ein Schelm, wer Wahlkampf-Böses dabei denkt - vom Koalitionspartner Linkspartei abzusetzen. Unübersehbar war Wowereits Schritt, den Opferverbänden die Hand zu reichen. Sie hatten seiner SPD-Regierung diese Koalition mit der Linken, vormals PDS, jahrelang sehr übelgenommen, hatten zum 40. Jahrestag des Mauerbaus gemeinsame Kranzniederlegungen verweigert, waren nicht müde geworden, die PDS bei allen Erwähnungen mit dem Zusatz "vormals SED" zu versehen.
"Dies ist genau die Aufgabe, die wir erfüllen wollen: ein würdiges Gedenken den Opfern gegenüber zu gestalten, ihren Angehörigen – und ich bin auch dankbar, dass viele Opferverbände aktiv sich beteiligen an diesem Prozess. Wir wissen, Sie haben es auch selber nicht leicht. Sie werden oft nicht so gehört, wie Sie sich es vorstellen. Und Sie haben auch einen langen Kampf gehabt. Aber wir arbeiten hier zusammen, und bei allen Schwierigkeiten: diese Auseinandersetzung muss geführt werden und selbstverständlich: direkt Betroffene sind emotionalisierter als andere, die das nur vom Hörensagen gehört haben. Aber diese Zusammenarbeit muss sein."
Es sind nicht wenige in Berlin, die den damals relativ schnell erfolgten, nahezu vollständigen Abriss der Mauer noch heute kritisieren, die anstelle des "dezentralen Gedenkstättenkonzepts" lieber einen zentralen Erinnerungsort gesehen hätten, einen Ort, der die brutale Wucht der Mauer wirklich spürbar machen könnte.
"Wir haben uns auseinanderzusetzen mit dem Vorwurf: warum hat man die Mauer so flächendeckend abgerissen? Das ist ein Vorwurf, der gerade zu Jubiläen immer wieder erhoben wird. Ich darf darauf verweisen: wie war die Stimmung 1989/90? Wollten wir diese widernatürliche Schandmauer noch in unserer Stadt haben? War nicht das Gefühl richtig, zu sagen: weg damit? Aus heutiger Sicht kann man natürlich sagen, hätte man noch mehr exemplarisch erhalten sollen. Ja. Aber das Gefühl war damals ein anderes."
Die jetzt erweiterte Gedenkstätte an der Bernauer Straße, so ansprechend sie ist mit ihren "nachgezeichneten" Mauern und Fluchtwegen, vermittelt den Schrecken der Mauer nicht mehr, ist eher ein Ort des andachtsvollen Gedenkens geworden, nicht zuletzt auch, weil die "Kapelle der Versöhnung", im Jahr 2000 errichtet zur Erinnerung an die 1985 gesprengte "Versöhnungskirche", die mitten im Mauerstreifen gestanden hatte, weil für sie jetzt - wie viele Berliner sagen: endlich - ein würdiges Umfeld geschaffen wurde.
Für den 13. August, mittags 12 Uhr, rief Pfarrer Manfred Fischer vom Förderverein Berliner Mauer zu einer Schweigeminute auf, jeder im Land solle der Mauertoten, solle der deutschen Teilung gedenken – selbst die Berliner Verkehrsbetriebe werden Busse und Bahnen für eine Minute still stehen lassen.
Soweit die vermeldeten Neuigkeiten. Es folgten grundsätzlichere Ausführungen in eigentümlich festrednerischem Stil – dabei saßen nur Journalisten im Besuchersaal der Gedenkstätte Berliner Mauer. Kulturstaatsminister Neumann wies auf die 8,5 Millionen Euro hin, die der Bund für die erweiterte Gedenkstätte ausgegeben habe, die Erinnerung an die deutsche Teilung sei eine gesamtstaatliche Aufgabe, sie sei insbesondere nötig in Zeiten, in denen immer noch oder, wie er sagte, "sogar wieder mehr" Menschen das System in der DDR schönreden würden.
"Ich habe kein Verständnis für diejenigen, die sich weigern, die DDR als das zu bezeichnen, was sie war. Ohne Zweifel war sie ein Unrechtsstaat, der die fundamentalen Bürgerrechte wie Meinungs-, Presse-, Reise- und Versammlungsfreiheit und freie Wahlen versagte. Eine unabhängige Justiz gab es nicht, Andersdenkende wurden bespitzelt, verfolgt und inhaftiert und wie gesagt alle durch die Mauer und die unmenschliche Grenze eingesperrt. Wer dieses Unrecht verharmlost, relativiert zugleich auch den Mut derjenigen, die in der DDR nicht müde wurden, diese Zustände anzuprangern und schließlich halfen, sie zu überwinden."
Klare Worte aus Überzeugung. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sprach des längeren vom "Unrechtsstaat DDR".
"Es gibt überhaupt gar keinen Zweifel daran, welche Funktion diese Mauer hatte, sie war ein Teil eines diktatorischen Systems, und Herr Staatsminister Neumann hat völlig recht, die Debatten über Unrechtsstaat oder nicht Unrechtsstaat sind völlig neben der Materie, selbstverständlich war die DDR-Diktatur ein Unrechtsstaat, darüber dürfte es normalerweise keinen Zweifel mehr geben, aber wir wissen, diese Debatten werden auch aus unterschiedlichen Kreisen geführt. Hier ist ganz wichtig, deutlich zu machen, wir haben keinen Anlass, irgendetwas zu verharmlosen."
Mit Überzeugung vorgetragen auch dies, ja - und wohl auch mit dem Hintergedanken, sich dezent - ein Schelm, wer Wahlkampf-Böses dabei denkt - vom Koalitionspartner Linkspartei abzusetzen. Unübersehbar war Wowereits Schritt, den Opferverbänden die Hand zu reichen. Sie hatten seiner SPD-Regierung diese Koalition mit der Linken, vormals PDS, jahrelang sehr übelgenommen, hatten zum 40. Jahrestag des Mauerbaus gemeinsame Kranzniederlegungen verweigert, waren nicht müde geworden, die PDS bei allen Erwähnungen mit dem Zusatz "vormals SED" zu versehen.
"Dies ist genau die Aufgabe, die wir erfüllen wollen: ein würdiges Gedenken den Opfern gegenüber zu gestalten, ihren Angehörigen – und ich bin auch dankbar, dass viele Opferverbände aktiv sich beteiligen an diesem Prozess. Wir wissen, Sie haben es auch selber nicht leicht. Sie werden oft nicht so gehört, wie Sie sich es vorstellen. Und Sie haben auch einen langen Kampf gehabt. Aber wir arbeiten hier zusammen, und bei allen Schwierigkeiten: diese Auseinandersetzung muss geführt werden und selbstverständlich: direkt Betroffene sind emotionalisierter als andere, die das nur vom Hörensagen gehört haben. Aber diese Zusammenarbeit muss sein."
Es sind nicht wenige in Berlin, die den damals relativ schnell erfolgten, nahezu vollständigen Abriss der Mauer noch heute kritisieren, die anstelle des "dezentralen Gedenkstättenkonzepts" lieber einen zentralen Erinnerungsort gesehen hätten, einen Ort, der die brutale Wucht der Mauer wirklich spürbar machen könnte.
"Wir haben uns auseinanderzusetzen mit dem Vorwurf: warum hat man die Mauer so flächendeckend abgerissen? Das ist ein Vorwurf, der gerade zu Jubiläen immer wieder erhoben wird. Ich darf darauf verweisen: wie war die Stimmung 1989/90? Wollten wir diese widernatürliche Schandmauer noch in unserer Stadt haben? War nicht das Gefühl richtig, zu sagen: weg damit? Aus heutiger Sicht kann man natürlich sagen, hätte man noch mehr exemplarisch erhalten sollen. Ja. Aber das Gefühl war damals ein anderes."
Die jetzt erweiterte Gedenkstätte an der Bernauer Straße, so ansprechend sie ist mit ihren "nachgezeichneten" Mauern und Fluchtwegen, vermittelt den Schrecken der Mauer nicht mehr, ist eher ein Ort des andachtsvollen Gedenkens geworden, nicht zuletzt auch, weil die "Kapelle der Versöhnung", im Jahr 2000 errichtet zur Erinnerung an die 1985 gesprengte "Versöhnungskirche", die mitten im Mauerstreifen gestanden hatte, weil für sie jetzt - wie viele Berliner sagen: endlich - ein würdiges Umfeld geschaffen wurde.
Für den 13. August, mittags 12 Uhr, rief Pfarrer Manfred Fischer vom Förderverein Berliner Mauer zu einer Schweigeminute auf, jeder im Land solle der Mauertoten, solle der deutschen Teilung gedenken – selbst die Berliner Verkehrsbetriebe werden Busse und Bahnen für eine Minute still stehen lassen.