Ende des Krieges ohne Namen
Acht Jahre dauerte der algerische Unabhängigkeitskrieg, der "Krieg ohne Namen", wie es hieß. Eine Kriegserklärung gab es nicht, Algerien war französisches Territorium. Erst mit dem Abkommen zwischen der Provisorischen Algerischen Regierung und der französischen Regierung am 18. März 1962 wurde das Land unabhängig.
"Nachdem uns die Nachricht vom Waffenstillstand erreicht hatte, eilten wir ins Dorf, um die Botschaft vom Kriegsende zu verbreiten. Wir hätten gerne ein Fest im Dorf veranstaltet, aber der FLN gab Order, ruhig zu bleiben und nichts dergleichen zu tun, um jede Unruhe zu vermeiden. So zogen wir abends ohne Waffen hinaus aufs Land, um den heimkehrenden Bauern und Hirten zu sagen, dass es endlich zum Frieden gekommen war."
notierte ein desertierter französischer Soldat, der sich auf die Seite der algerischen Unabhängigkeitskämpfer gestellt hatte. Nach acht Kriegsjahren erlangte Algerien die Unabhängigkeit. Seit der Eroberung durch französische Truppen 1830 gehörte das nordafrikanische Land zu Frankreich. Der Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland verstärkte den Wunsch nach Unabhängigkeit. Bereits am 8. Mai 1945 forderten Zehntausende in der Region Sétif die Freiheit. Die französische Armee reagierte brutal: Zehntausende Algerier wurden getötet.
Im November 1954 veröffentlichte die Befreiungsbewegung FLN eine erste programmatische Erklärung der Unabhängigkeit. Daraufhin erließ die Pariser Zentralgewalt ein Gesetz, das, wie es hieß, "die Ordnung wiederherstellen" sollte. Der Historiker Benjamin Stora:
"Das Gesetz vom 3. April 1955 ist von außerordentlicher Bedeutung, weil es den eigentlichen Eintritt Frankreichs in die kriegerischen Auseinandersetzungen mit Algerien markiert. Mit diesem Gesetz wurde der Ausnahmezustand verhängt, wozu die Kontrolle der Presse gehörte, aber natürlich auch die Ausgangssperre gerechtfertigt wurde. Es erlaubte die sofortige Inhaftierung festgenommener Personen ohne richterlichen Beschluss, ohne Urteil."
Der in Algerien geborene Stora ist Autor mehrerer Standardwerke zur Geschichte eines Krieges, der die Nation gespalten hat. An der Algerienfrage war die Vierte Republik zerbrochen, sie prägte das politische Klima.
"Wir halten es für gerechtfertigt und respektieren die Haltung jener Franzosen, die es als ihre Aufgabe ansehen, Algeriern Hilfe und Schutz zu bieten, die im Namen des französischen Volkes unterdrückt werden. Die Sache des algerischen Volkes, das entschieden dazu beiträgt, das Kolonialsystem zu beseitigen, ist Sache aller freien Menschen."
heißt es in der Erklärung der 121, ein im September 1960 von 121 Intellektuellen, darunter Jean-Paul Sartre und Claude Lévi-Strauss, verfasstes Manifest, das einen Skandal auslöste. Die Autoren klagten die Armee an, die Folter und Konzentrationslager einsetzte. General de Gaulle, im Frühjahr 1958 erneut an die Macht gerufen, veranlasste im Januar 1961 ein Referendum: Drei Viertel der Franzosen votierten für die Unabhängigkeit. Dagegen stellten sich Teile der Armee; im Februar 1961 formierte sich die berüchtigte Geheimarmee OAS.
Ein Putschversuch in Algier im April 1961 scheiterte. De Gaulle blieb bei seiner Politik der Verhandlung: Am 20. Mai 1961 wurde die Konferenz in Évian am Genfer See eröffnet, wo die OAS wenige Wochen zuvor den Bürgermeister ermordet hatte.
O-Ton General De Gaulle
Staatspräsident De Gaulle forderte in einer Ansprache Ende März 1962 die Franzosen auf, der Unabhängigkeit Algeriens zuzustimmen. Am 18. März 1962 hatten Krim Belkacem, Vize-Präsident der Provisorischen Algerischen Regierung, und Louis Joxe, Verhandlungsführer der französischen Regierung in Évian, das Abkommen unterzeichnet, das den Krieg beendete und Frankreich verpflichtete, die Souveränität Algeriens anzuerkennen. Die zeitgleich inkraft getretene Amnestie verhinderte für Jahrzehnte eine Aufarbeitung.
"Am 22. März 1962 wurden Dekrete erlassen, um eine Amnestie zu erwirken, die in das Abkommen von Évian aufgenommen wurden: ''Alle vor dem März 1962 begangenen Rechtsbrüche im Rahmen der Operationen gegen den algerischen Aufstand, die Ordnung aufrecht zu erhalten, sind unter Straffreiheit zu stellen'."
schreibt Benjamin Stora in "La gangrène et l'oubli" - "Das Geschwür des Vergessens". Im sogenannten Krieg ohne Namen starben zwischen 1954 und 1962 mindestens eine Million Algerier und circa 30.000 französische Soldaten. Erst seit 1999 spricht das offizielle Frankreich vom Algerienkrieg.
notierte ein desertierter französischer Soldat, der sich auf die Seite der algerischen Unabhängigkeitskämpfer gestellt hatte. Nach acht Kriegsjahren erlangte Algerien die Unabhängigkeit. Seit der Eroberung durch französische Truppen 1830 gehörte das nordafrikanische Land zu Frankreich. Der Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland verstärkte den Wunsch nach Unabhängigkeit. Bereits am 8. Mai 1945 forderten Zehntausende in der Region Sétif die Freiheit. Die französische Armee reagierte brutal: Zehntausende Algerier wurden getötet.
Im November 1954 veröffentlichte die Befreiungsbewegung FLN eine erste programmatische Erklärung der Unabhängigkeit. Daraufhin erließ die Pariser Zentralgewalt ein Gesetz, das, wie es hieß, "die Ordnung wiederherstellen" sollte. Der Historiker Benjamin Stora:
"Das Gesetz vom 3. April 1955 ist von außerordentlicher Bedeutung, weil es den eigentlichen Eintritt Frankreichs in die kriegerischen Auseinandersetzungen mit Algerien markiert. Mit diesem Gesetz wurde der Ausnahmezustand verhängt, wozu die Kontrolle der Presse gehörte, aber natürlich auch die Ausgangssperre gerechtfertigt wurde. Es erlaubte die sofortige Inhaftierung festgenommener Personen ohne richterlichen Beschluss, ohne Urteil."
Der in Algerien geborene Stora ist Autor mehrerer Standardwerke zur Geschichte eines Krieges, der die Nation gespalten hat. An der Algerienfrage war die Vierte Republik zerbrochen, sie prägte das politische Klima.
"Wir halten es für gerechtfertigt und respektieren die Haltung jener Franzosen, die es als ihre Aufgabe ansehen, Algeriern Hilfe und Schutz zu bieten, die im Namen des französischen Volkes unterdrückt werden. Die Sache des algerischen Volkes, das entschieden dazu beiträgt, das Kolonialsystem zu beseitigen, ist Sache aller freien Menschen."
heißt es in der Erklärung der 121, ein im September 1960 von 121 Intellektuellen, darunter Jean-Paul Sartre und Claude Lévi-Strauss, verfasstes Manifest, das einen Skandal auslöste. Die Autoren klagten die Armee an, die Folter und Konzentrationslager einsetzte. General de Gaulle, im Frühjahr 1958 erneut an die Macht gerufen, veranlasste im Januar 1961 ein Referendum: Drei Viertel der Franzosen votierten für die Unabhängigkeit. Dagegen stellten sich Teile der Armee; im Februar 1961 formierte sich die berüchtigte Geheimarmee OAS.
Ein Putschversuch in Algier im April 1961 scheiterte. De Gaulle blieb bei seiner Politik der Verhandlung: Am 20. Mai 1961 wurde die Konferenz in Évian am Genfer See eröffnet, wo die OAS wenige Wochen zuvor den Bürgermeister ermordet hatte.
O-Ton General De Gaulle
Staatspräsident De Gaulle forderte in einer Ansprache Ende März 1962 die Franzosen auf, der Unabhängigkeit Algeriens zuzustimmen. Am 18. März 1962 hatten Krim Belkacem, Vize-Präsident der Provisorischen Algerischen Regierung, und Louis Joxe, Verhandlungsführer der französischen Regierung in Évian, das Abkommen unterzeichnet, das den Krieg beendete und Frankreich verpflichtete, die Souveränität Algeriens anzuerkennen. Die zeitgleich inkraft getretene Amnestie verhinderte für Jahrzehnte eine Aufarbeitung.
"Am 22. März 1962 wurden Dekrete erlassen, um eine Amnestie zu erwirken, die in das Abkommen von Évian aufgenommen wurden: ''Alle vor dem März 1962 begangenen Rechtsbrüche im Rahmen der Operationen gegen den algerischen Aufstand, die Ordnung aufrecht zu erhalten, sind unter Straffreiheit zu stellen'."
schreibt Benjamin Stora in "La gangrène et l'oubli" - "Das Geschwür des Vergessens". Im sogenannten Krieg ohne Namen starben zwischen 1954 und 1962 mindestens eine Million Algerier und circa 30.000 französische Soldaten. Erst seit 1999 spricht das offizielle Frankreich vom Algerienkrieg.